Lange bevor es Facebooks „Gefällt mir“ oder Googles „+1“ gab, drückte man seine Gefühlslage in E-Mails oder Foren mithilfe von Smilies aus. Dreimal die Taste gedrückt, und das Gegenüber konnte sehen, ob man glücklich :-) oder böse :-( oder gar Linkshänder (-: war. Und noch ein Stück weiter zurück liegt der Anfang der Geschichte des Smilies, als der Werbegrafiker Harvey Ball 1963 das gelbe Grinse-Gesicht für eine Versicherungsgesellschaft entwarf.
Immer wieder wird seither die Frage gestellt, ob man ein solches Smilie eigentlich einfach verwenden darf, oder ob es nicht vielleicht urheberrechtlich geschützt ist. Die Frage bezogen auf Textgrafiken dürfte einfach zu beantworten sein: Ein urheberrechtlicher Schutz kommt hier nicht in Frage, da die so genannte Schöpfungshöhe fehlt (dazu ausführlicher etwas weiter unten).
Die Frage bezogen auf grafisch gestaltete oder gar animierte Smilies wird möglicherweise demnächst gerichtlich geklärt werden. Denn aktuell gerät die Frogster Interactive Pictures AG aus Berlin, ein Publisher von Online-Computerspielen, in Beschuss: Wie gulli.com berichtet, setzt die Firma in mindestens einem ihrer spielbegleitenden Foren Smilies ein – die Grafiker, die diese entwickelt haben, sind jedoch wohl nicht um Erlaubnis gebeten worden. Nach Aussagen des Betreibers der Seite sakashi.net „hat ein anonymer Informant Strafanzeige bei der Berliner Polizei erstattet. Zum anderen lassen sich zumindest einige der „geschädigten“ Grafikdesigner von ihren Anwälten beraten, ob sie nun dagegen vorgehen sollen oder nicht.“
Ob die Erlaubnis hätte eingeholt werden müssen, hängt davon ab, ob die verwendete Grafik ein urheberrechtliches Werk, also eine persönliche geistige Schöpfung im Sinne des § 2 UrhG ist. Dabei kann nicht jeder Strich, den ein Mensch auf ein Blatt Papier zeichnet, für sich den Werkcharakter beanspruchen. Vielmehr muss die Grafik ein gewisses Maß an Individualität aufweisen, eine gewisse „Schöpfungshöhe“ bzw. „Gestaltungshöhe“ erreichen. Wird diese Grenze nur knapp erreicht und überschritten, spricht man von der so genannten „Kleinen Münze“ – ein Werk, das gerade noch das erforderliche Maß an individueller, schöpferischer und gestalterischer Ausdruckskraft erreicht.
Der einfache Smilie – Punkt, Punkt, Komma, Strich auf gelbem Untergrund – dürfte dieses Maß an Individualität nicht erreichen. Für Logos jedoch wurde der urheberrechtliche Schutz bereits anerkannt, solange es sich dabei nicht um bloß einfache, alltägliche, vorbekannte Darstellungen handeln, die keinerlei individuelle Züge tragen bzw. keine Aussagekraft besitzen (vgl. hierzu bei einfachsten, monochromen Handy-Logos „Kopulierende Häschen“, „Enten mit Herz“, „Eisbär und Panda“, „komm Kuscheln“, „Sorry“ etc.: OLG Hamburg, Urteil vom 25.02.2004, Az.: 5 U 137/03: kein urheberrechtlicher Schutz; bei einem gestalteten Buchstaben „Q“: OLG Naumburg, Urteil vom 07.04.2005, Az.: 10 U 7/04: urheberrechtlicher Schutz ist gegeben).
Schaut man sich die Smilies eines der wohl betroffenen Künstler ~Shicken05 an, so wird man zur Auffassung gelangen können, dass zumindest in einzelnen Ausprägungen seiner Arbeiten – durch Verwendung unterschiedlicher Farbverläufe, Animationen und der jeweiligen konkreten Ausgestaltung – durchaus die erforderliche Schöpfungshöhe erreicht sein könnte, wenn auch wohl nur im Umfang der so genannten „Kleinen Münze“.
Letztlich ist das natürlich eine Frage des Einzelfalls, die ein Gericht zu klären hätte. Wenn Sie jedoch solche Grafiken auch einfachster Art einsetzen: Denken Sie vor der Veröffentlichung zunächst kurz über mögliche Urheberrechte nach. Sollten Ihnen auch nur leise Zweifel kommen, verzichten Sie lieber auf den Einsatz dieser Bilder.
[box type=“info“ size=“medium“] Dieser Beitrag wurde von unserem Gastautor Sebastian Dosch verfasst. Er ist seit 1999 Rechtsanwalt und seit 2007 Fachanwalt für Informationstechnologierecht (IT-Recht). Berufserfahrung hat er nicht nur als Anwalt gesammelt, sondern auch in IT-Unternehmen, in der Softwareentwicklung, als Internet-Manager für einen Fachverlag und im Bereich Electronic Publishing. Dabei ist er darauf bedacht, sich nicht hinter juristischem Fachchinesisch zu verstecken, sondern Klartext zu reden. Hier hilft ihm seine jahrelange Erfahrung als freier Mitarbeiter einer Lokalzeitung und seine ausgesprochene Liebe gegenüber der deutschen Sprache. Folgerichtig nennt sich sein Blog auch “kLAWtext” [http://www.klawtext.de]. [/box]
„Wenn Sie jedoch solche Grafiken auch einfachster Art einsetzen: Denken Sie vor der Veröffentlichung zunächst kurz über mögliche Urheberrechte nach.“ Statt „einsetzen“ wäre „sich an Grafiken bedienen“ sinnvoller. Das würde jedem verständlich machen, dass das Internet eben doch kein Selbstbedienungsladen ist.
Da fragt man sich ja schon, warum manche „Nachwuchkünstler“ Emoticons am laufenden Band produzieren und sogra auf Deviantart bewerben, wenn sie niemand benuzten soll. Icons sind typische Gebrauchsgrafiken (wenn gar nicht „Wegwerfprodukte“). Ausnahmen bestätigen die Regel, aber wenn solchen Icons tatsächlich Schöpfungshöhe zugestanden wird, dürfte die entstehende Abmahnwelle gigantisch sein. Das nächste sind dann Bullet points, runde Ecken und Nadelstreifenhintergründe?
Nun ja, eine gewisse Schöpfungshöhe kann vermutlich angenommen werden, wenn solche Emoticons Teile eines Designsystems sind. Dann sind alle dazugehörigen Emojis passend zueinander gestaltet und es liegt ein visuelles Gesamtkonzept zugrunde, das normalerweise einen Grafiker berechtigt, daran Nutzungslizenzen auf Basis des Urheberrechts zu vergeben. Werden diese Emojis kommerziell verwendet, fällt ggf. eine Nutzungsvergütung an. Ein Urheber hat ja auch das Recht, genannt zu werden und auch möglicherweise eine Verwendung seiner Arbeit zu untersagen.