- Eine ungenehmigte Veröffentlichung einer Urlaubsfotografie, die mehrere Familienmitglieder in einer geschützten Eltern-Kind-Situation zeigt, verletzt diese in ihrem Persönlichkeitsrecht.
- Für die Erkennbarkeit einer Person genügt eine eindeutige Beschreibung des Bildes in unmittelbarer Nähe zum abgedruckten Foto.
LG Hamburg
Urteil
Aktenzeichen: 324 O 704/08
Verkündet am: 02.12.2008
Allgemeines Persönlichkeitsrecht: Beseitigung der Wiederholungsgefahr bei rechtswidriger Veröffentlichung der Abbildung mehrerer Personen
Tenor:
I. Die einstweilige Verfügung vom 18. August 2008 wird bestätigt.
II. Die Antragsgegnerin hat auch die weiteren Kosten des Verfahrens zu tragen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um den Bestand einer einstweiligen Verfügung vom 18. August 2008, mit der der Antragsgegnerin verboten wurde, ein Foto, das den Antragsteller mit seinen Eltern und seinen Brüdern zeigt, zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten.
In der von der Antragsgegnerin verlegten Zeitschrift „V F“ Nr. …/08 vom 10. Juli 2008 wurde ein „Paparazzi“-Foto veröffentlicht, das den Antragsteller, seine beiden Geschwister und seine Eltern in einer Urlaubssituation zeigt (Anlage K 1). Der Antragsteller verlangte die Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung (Anlage K 2). Die Antragsgegnerin gab gegenüber MB unter dem 23. Juli 2008 eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung ab (Anlage K 3). Darin heißt es:
„Mit Abgabe dieser Unterlassungsverpflichtungserklärung ist auch in Bezug auf J, E und L sowie in Bezug auf Frau S die Wiederholungsgefahr ausgeräumt, weshalb es der Abgabe einer weiteren Unterlassungsverpflichtungserklärung dem Grunde nach nicht bedarf und ein solcher Anspruch auch nicht besteht. Unsere Mandantin ist allerdings gleichwohl im Sinne der Streitvermeidung sowie als Zeichen ihres Entgegenkommens bereit, hiermit rechtsverbindlich, wenngleich erneut ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und ohne Präjudiz für die Sach- und Rechtslage, zu erklären, dass die oben abgegebene Unterlassungsverpflichtungserklärung auch zugunsten der weiteren Mitglieder der Familie MB wirken soll.“
Daraufhin hat der Antragsteller die einstweilige Verfügung der Kammer vom 18. August 2008erwirkt, gegen die sich der Widerspruch der Antragsgegnerin richtet.
Diesen begründet die Antragsgegnerin damit, dass der Antragsteller auf dem Foto nicht identifizierbar sei, worauf es aber gar nicht ankomme. Denn mit dem oben erwähnten Schreiben habe sie sich gegenüber sämtlichen Abmahnenden (allen fünf Familienmitgliedern, s. Anlagenkonvolut B 1) strafbewehrt zur Unterlassung verpflichtet. Dies ergebe sich aus der Betreffzeile und der oben wiedergegebenen Passage. Jedenfalls könne sich die Antragsgegnerin auf die Drittwirkung der zumindest gegenüber MB abgegebenen Unterlassungsverpflichtungserklärung berufen. Durch diese Drittunterwerfung sei die Wiederholungsgefahr auch gegenüber dem Antragsteller entfallen, zumal MB hier einheitlich gehandelt habe, einmal für sich selbst und einmal als Vertreter für seinen minderjährigen Sohn. Zumindest hätte es vor Beantragung der einstweiligen Verfügung einer Nachfrage bei der Antragsgegnerin bedurft. Für die Beschreitung des Gerichtswegs habe die Antragsgegnerin keinen Anlass gegeben.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die einstweilige Verfügung aufzuheben und den ihr zugrunde liegenden Antrag zurückzuweisen.
Der Antragsteller beantragt,
die einstweilige Verfügung zu bestätigen.
Der Antragsteller trägt vor, ein Entfall der Wiederholungsgefahr „erga omnes“ wie im Wettbewerbsrecht komme vorliegend angesichts der Verletzung eines höchstpersönlichen Rechtsgutes nicht in Betracht. Hier bestehe auch anders als im Wettbewerbsrecht kein Anlass für das „Schuldnerprivileg“, da für den Schuldner nicht das Risiko bestehe, wegen ein und desselben Verstoßes durch eine Fülle von Anspruchsberechtigten gerichtlich in Anspruch genommen zu werden.
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 28. November 2008 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Nach dem Ergebnis der Widerspruchsverhandlung ist die einstweilige Verfügung vom 18. August 2008 zu bestätigen. Der Antragsteller kann von der Antragsgegnerin gemäß §§ 823 Abs. 2, 1004 BGB (analog) i.V.m. §§ 22, 23 KUG, Artt. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG verlangen, dass diese es unterlässt, die beanstandete Fotografie erneut zu veröffentlichen. Die Verbreitung dieser Aufnahme verletzt den Antragsteller bei bestehender Wiederholungsgefahr in seinem Recht am eigenen Bild (§ 22 KUG).
1. Die ungenehmigte Veröffentlichung der Urlaubsfotografie, die den Antragsteller in einer geschützten Eltern-Kind-Situation zeigt, verletzt diesen in seinem Persönlichkeitsrecht, ohne dass ein Rechtfertigungsgrund im Sinne des § 23 KUG oder sonstige überwiegende Interessen ersichtlich wären. Der Antragsteller ist jedenfalls durch die Bildnebenschrift („… Freundin S. und seine Söhne halten MB fit …“) erkennbar.
2. Die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr besteht, da zu vermuten ist, dass ein einmal erfolgter rechtswidriger Eingriff wiederholt wird. Diese Vermutung hat die Antragsgegnerin nicht widerlegt, und zwar insbesondere nicht durch ihre gegenüber dem Vater des Antragstellers abgegebene Unterlassungsverpflichtungserklärung (Anlage K 3). Als besondere Erscheinungsform des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist das Recht am eigenen Bild ein höchstpersönliches Recht (von Strobl-Albeg in Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl. 2003, Kap. 7 Rz. 3f.). Schon aus diesem Grund hat jeder einzelne Abgebildete und nur dieser einen eigenen Anspruch auf Unterlassung einer rechtswidrigen Veröffentlichung seines Bildnisses. Dieser dem Einzelnen zustehende gesetzliche Anspruch kann durch Abgabe einer Unterlassungserklärung erlöschen, indem der Anspruchsteller die Erklärung annimmt und dadurch ein Vertrag zustande kommt (vgl. hierzu Burkhardt in Wenzel, a.a.O., Kap. 12 Rz. 21f.). Ein derartiger Vertrag ist zwischen den Parteien vorliegend nicht zustande gekommen. Unter Berücksichtigung des maßgeblichen Empfängerhorizonts kann das Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin vom 23. Juli 2008 (Anlage K 3) nicht als eine gegenüber dem Antragsteller abgegebene Willenserklärung zum Abschluss eines Unterlassungsvertrages ausgelegt werden. Aus der Betreffzeile dieses Schreibens ergibt sich lediglich, dass mit diesem Schreiben Bezug auf die Abmahnungen aller Familienmitglieder genommen wird. Die eigentliche Verpflichtungserklärung wird ausdrücklich nur gegenüber MB abgegeben. Die Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung gegenüber dem Antragsteller wird implizit abgelehnt, indem es heißt, es bedürfe ihrer nicht und es bestehe auch nicht ein solcher Anspruch. Auch die Erklärung, „dass die oben abgegebene Unterlassungsverpflichtungserklärung auch zugunsten der genannten weiteren Mitglieder der Familie MB wirken soll“, bringt zum Ausdruck, dass die Antragsgegnerin nur eine Unterlassungsverpflichtung – nämlich gegenüber MB – abgeben möchte und dieser lediglich bestimmte weitere Wirkungen beimessen möchte. Vor diesem Hintergrund kann die Erklärung auch nicht so ausgelegt werden, als sei sie zugleich gegenüber dem Vater des Antragstellers als dessen gesetzlichem Vertreter abgeben worden.
Zwar kann eine einmal begründete Wiederholungsgefahr unter Umständen auch anders ausgeräumt werden als durch die Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung (gegenüber dem Verletzten). Die vorliegenden Umstände sind hierfür jedoch nicht geeignet, da sie mit Unwägbarkeiten verbunden sind und dem Antragsteller nicht die erforderliche Sicherheit vor einer erneuten Rechtsverletzung bieten. Soweit durch das Schreiben vom 23. Juli 2009 Ansprüche des Antragstellers entstanden sein mögen, werden diese von dem Rechtsverhältnis zwischen MB und der Antragsgegnerin abhängig gemacht. Im möglichen Falle der Beendigung oder Veränderung dieses Rechtsverhältnisses wäre der Antragsteller schutzlos. Der Antragsteller hat keinen Einfluss auf das Schicksal des Unterlassungsvertrages zwischen MB und der Antragsgegnerin und könnte beispielsweise einen Verzicht MBs auf den Schutz aus der Unterlassungsverpflichtungserklärung nicht verhindern.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Es kann offen bleiben, ob die Antragsgegnerin Anlass für die Beschreitung des Gerichtswegs gegeben hat. Da sie den Verfügungsantrag nicht sofort anerkannt und auch sonst weder die verlangte noch eine in sonstiger Weise ausreichende Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben hat, besteht kein Raum für eine (unmittelbare oder entsprechende) Anwendung des § 93 ZPO.