Plagiatsvorwurf gegen Aufklärungskampagne „One Girl, One Cup“

The Female Company ist bekannt für kreative und provokante Werbung und konnte mit „The Tampon Book“ sogar die Debatte um den Mehrwertsteuersatz für Hygieneartikel für Frauen maßgeblich beeinflussen. Auch die neue Kampagne „One Girl, One Cup“ bot von Beginn an hohes Potenzial für einen viralen Hit: Auf der Porno-Plattform PornHub sind explizite Anleitungsvideos für die Nutzung von Menstruationstassen zu finden.

Aber schon kurz nach Erscheinen der Werbekampagne meldete sich Pavlina Vlachopoulou auf Instagram zu Wort: Die Idee stamme von ihr und sei im Rahmen ihrer Bewerbung bei der Agentur Scholz & Friends im Januar 2020 gepitched worden. Sowohl die Idee als auch ihre Bewerbung seien damals abgelehnt worden.

Ideen sind im Urheberrecht nicht schutzfähig

So schrecklich der Vorwurf des Plagiats und der Nutzung von Ideen der Bewerberin zunächst klingen, so nüchtern muss man auf der rechtlichen Seite zunächst feststellen: Das Urheberrecht kennt keinen Schutz für Ideen. Vielmehr knüpft es immer an das konkrete Werk, also gerade die Umsetzung der Idee, an. Dies gilt auch bei Werbeideen, Werbekonzeptionen und Werbekampagnen (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 21. Januar 1997, Az.: 20 U 13/96).

Nun ist der Vorschlag, eine Werbekampagne zu konzipieren, bei der Anleitungsvideos für Menstruationstassen auf PornHub und in Kooperation mit Pornostars gezeigt werden, zunächst einmal eine nicht schutzfähige Idee. Fraglich ist aber, inwiefern diese Idee möglicherweise schon konkretisiert und damit geschützt wurde, z.B. durch eine Art „Drehbuch“ für die Werbevideos, schutzwürdige Slogans oder ähnliches. Ob das in diesem Fall schon passiert war, ist fraglich und kann von außen auch nicht sicher beurteilt werden. Die Abgrenzung im Einzelfall ist dabei häufig ohnehin nur schwer möglich.

Doppelschöpfung im Urheberrecht: Zwei eigenständige und schutzfähige Werke

Auch The Femal Company und Scholz & Friends haben schon kurz nach Auftauchen der Plagiatsvorwürfe darauf reagiert. Dabei hat Sonja Petersmeier, Head of Corporate Communications bei Scholz & Friends, erklärt, dass es sich nur um einen unglücklichen Zufall und schlecht gelaufene Kommunikation handeln würde. Denn eine andere Bewerberin hätte die gleiche Idee schon eine gute Woche vorher an Scholz & Friends gepitched – und wäre auch eingestellt worden.

Ein solcher Fall wird im Urheberrecht als Doppelschöpfung bezeichnet. Wenn also zwei Schaffende unabhängig voneinander zu einem (nahezu) identischen Ergebnis kommen. Naturgemäß wird eine solche Doppelschöpfung nur relativ selten und insbesondere im Bereich der sog. „kleinen Münze“ auftreten. Aus diesem Grund muss derjenige, der behauptet eine Doppelschöpfung erschaffen zu haben, üblicherweise auch konkret darlegen, dass und warum er das ältere Werk nicht gekannt und (möglicherweise auch unbewusst) kopiert hat.

Problem bleibt: Schutz von Bewerbern als Ideengeber

In diesem Fall hat auch Pavlina Vlachopoulou sich erneut zu Wort gemeldet und Transparenz für die nun folgenden Gespräche angemahnt. Scholz & Friends hat angeboten, dass Pavlina Vlachopoulou „in die künftigen Credits der Kampagne“ aufgenommen würde.

Aber unabhängig von dem konkreten Fall bleibt das Problem bestehen: Wie gehen Arbeitgeber mit Ideen von Bewerbern um, die im Bewerbungsprozess gepitched wurden? Und wie wird dies ihren Kunden gegenüber kommuniziert? Bewerber haben hier ein großes Interesse daran, dass ihre Ideen nicht „einfach so“ übernommen werden können, ohne, dass sie zugleich dafür eine Gegenleistung erhalten.

(Foto: photocreo)

1 Gedanke zu „Plagiatsvorwurf gegen Aufklärungskampagne „One Girl, One Cup““

  1. Genau die Frage hat sich mir auch schon gestellt. Meine Idee war ein NDA mit dem potenziellen ArbeitGeber aufzusetzen. Und ihm die Idee nur zu präsentieren, wenn er den NDA unterschreibt. Problem: Was ist mit der theoretisch möglichen „Doppelschöpfung“? Der ArbGeb müsste quasi eine Blacklist der Ideen führen, die er wg. NDAs nicht verwenden darf.

    Und zum Artikel: Was für ein überaus glücklicher „Zufall“, dass 1 Woche vorher eine Bewerberin dieselbe Idee gehabt hat und eingestellt wurde… kann man ja medial mal raushauen und als schriftliche Lüge eh nicht strafbar… echt fies…

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