Pächter kann Verwertung von Gebäudefotografien untersagen

Das OLG Frankfurt führt in seinem Urteil (v. 11.02.2019 – 16 U 205/17) bisherige Rechtsprechung zu den Ansprüchen eines Eigentümers oder Hausrechtsinhabers fort. Auch ein Pächter habe nach Ansicht der Frankfurter Richter aufgrund des Hausrechts im Ergebnis die Möglichkeit, das Fotografieren und die Verwertung der entstandenen Bilder zu untersagen. 

Sachsubstanz nicht beeinträchtigt

Im Grunde ging es um die Veröffentlichung von Bildern im Internet, die aus dem Innenbereich eines Gebäudes entstanden sind. 

In einer kurzen Feststellung wurde vom OLG Frankfurt dazu angemerkt, dass selbst dem Grundstückseigentümer kein „Recht am eigenen Bild der Sache“ zuzuerkennen sei. Auch ließe das Fotografieren eines fremden Grundstücks, insbesondere eines darauf errichteten Gebäudes, wie auch die gewerbliche Verwertung von Fotografien dessen Sachsubstanz unberührt. 

BGH gesteht Eigentümer Unterlassungsanspruch zu

Der Bundesgerichtshof hat allerdings schon unlängst entschieden, dass die gewerbliche Verwertung von Fotografien eines im Privateigentum stehenden Gebäudes, wenn nicht von allgemein zugänglichen Stellen, sondern von dem Grundstück aus fotografiert worden ist, auf dem sich das Gebäude befindet. Die gewerbliche Verwertung solcher Fotografien bedarf selbst dann einer ausdrücklichen Erlaubnis des Grundstückseigentümers, wenn dieser das Betreten seines Grundstücks und die Anfertigung der Gebäudeaufnahmen dem Grunde nach gestattet hat (vgl. BGH, Urteil v. 17.12.2010 – V ZR 45/10). 

Hintergrund ist das Vorrecht des Eigentümers über den Nutzen, der aus seinem nur gegen seine Erlaubnis zugänglichen Eigentum gezogen werden kann, für sich zu beanspruchen. Wer danach Fotografien eines im Privateigentum stehenden Gebäudes, das nicht frei zugänglich ist, gewerblich herstellt und verwertet, macht sich dabei nach natürlicher Betrachtung einen fremden Vermögenswert nutzbar.

Pächter hat Unterlassungsansprüche aufgrund des Hausrechts

Der Pächter hat zwar keinen Unterlassungsanspruch aus §§ 1004 Abs. 1 Satz 2, 903 BGB, weil er durch den schuldrechtlichen Pachtvertrag keine dem Eigentümer gleichgestellte Position innehat. Allerdings steht ihm nach Ansicht des OLG Frankfurt das aus §§ 854 ff, 1004 BGB abzuleitenden Hausrecht zur Seite, welches einen Abwehranspruch nach 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog gewährt.

Das Hausrecht beruhe auf dem Grundstückseigentum oder -besitz und diene zunächst der Wahrung der äußeren Ordnung in dem Gebäude oder der Örtlichkeit, auf die es sich erstreckt, und insofern der Sicherstellung des von deren Eigentümer bzw. Besitzer vorgegebenen Benutzungszwecks. Das Hausrecht räume seinem Inhaber ferner die Entscheidungsbefugnis darüber ein, wem er den Zutritt zu der Örtlichkeit gestattet und wem er ihn verweigert. Das schließt das Recht ein, den Zutritt nur zu bestimmten Zwecken zu erlauben oder rechtwirksam von Bedingungen abhängig zu machen (vgl. BGH, Urteil v. 8.11.2005 – KZR 37/03 m.w.N.). 

Ähnlich auch im Wikimedia-Streit(BGH, Urteil v. 20.12.2018 – I ZR 104/17 – Museumsfotos), wobei dort auf einen privatrechtlichen Besichtigungsvertrag abgestellt wurde, der mit Betreten des Museums abgeschlossen worden sei. Das Fotografieren wurde also Vertragsverletzung angesehen.

Aus diesem Grund kann auch das aus dem Besitz abgeleitete Hausrecht eine Grundlage für die Verhinderung der Erstellung und Verwertung von Bildern gewähren.

 „Vervielfältigung“ ähnlich wie im UrhG 

Das Einstellen der Fotos auf der Webseite hat die Tathandlung des Vervielfältigens verwirklicht.

Hierfür wurde auf die Definition der Vervielfältigung aus dem UrhG zurückgegriffen. Im Urheberrecht ist es wohl auch völlig unstreitig, dass das Speichern von Fotos auf einer Website eine Vervielfältigungshandlung ist.

Foto: © FSEID – Fotolia.com

1 Gedanke zu „Pächter kann Verwertung von Gebäudefotografien untersagen“

  1. Das Urteil des OLG Frankfurt aM stützt sich wieder einmal auf die Rechtsprechung „Preußische Gärten und Parkanlagen I “ aus dem Jahr 2010, die in der gesamten, nicht nur deutschsprachigen Literatur förmlich zerrissen wird (siehe z. B. Dreier, JIPITEC 2011, 152, 154 f. („hardly ever has a judgment of the German Federal Supreme Court been so heavily criticized …“), aus „Sachfotografie und Hausrecht – Rechtliche Grenzen der Propertisierung“ von Mina Kianfar, Fußnote 468). Die 220-seitige Doktorarbeit von Mina Kianfar kommt zu dem Ergebnis, dass eine Propertisierung über das Hausrecht abzulehnen ist. Auch in der ebenfalls 220-seitigen Dissertation von Theresa Uhlenhut „Panoramafreiheit und Eigentumsrecht“ wird dargelegt, warum die Sanssouci-Rechtsprechung des BGH nicht aufrechterhalten werden kann. Die Grenzen des Eigentumsrechts werden aufgezeigt und es wird nachgewiesen, warum dem Sacheigentümer kein Immaterialgüterrecht an seinen Eigentumsgegenständen zusteht. Lt. Uhlenhut ist die BGH-Rechtsprechung der Entscheidungen „Preußische Schlösser und Gärten“ und deren Vorläuferin „Schloss Tegel“ sogar verfassungswidrig.

    Nicht vergessen werden sollte in diesen Zusammenhang auch eine „Klarstellung“ des BGH in dem neueren Urteil „Preußische Gärten und Parkanlagen II“ aus dem Jahr 2013, bei dem es noch um die Klärung einer Eigentumsfrage ging:

    BGH – Preußische Gärten und Parkanlagen II vom 1. März 2013, Az. V ZR 14/12, Rn 32 „… Grundlage des Anspruchs ist nämlich nicht das Hausrecht der Klägerin (Lit.-Hinweis), sondern das Eigentum an dem Grundstück. Das Hausrecht könnte zwar auch auf den Besitz an dem Grundstück gestützt werden, gibt dem Besitzer aber nur das Recht, in der Regel frei darüber zu entscheiden, wem er den Zutritt gestattet und wem er ihn verwehrt (Lit.-Hinweise). Darum geht es hier nicht. Die Klägerin verwehrt der Beklagten nicht das Betreten ihrer Anwesen, sondern die ungenehmigte Verwertung von Fotografien ihrer Grundstücke, die von diesen aus angefertigt wurden. Dieser Anspruch folgt nicht aus dem Hausrecht, sondern aus dem Eigentum am Grundstück, das deshalb auch festgestellt werden muss.“

    Und das OLG Frankfurt lehnt jetzt die Revision ab, „da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert. Der Senat hat nur bestehende höchstrichterliche Rechtsprechung auf den Einzelfall angewendet.“

    Kaum zu glauben.

    PS: Noch ein Hinweis zu Punkt 6 am Schluss in der Begründung des OLG Frankfurt nach der „das Einstellen der Fotos auf der Webseite der Beklagten auch die Tathandlung des Vervielfältigens verwirklicht“: In der Stellungnahme des Generalanwalts anlässlich der Cordoba-Entscheidung des EuGH heißt es, dass die Vervielfältigung vor dem Upload keine selbständige Bedeutung hatte, und „daher ihre Zulässigkeit in die Gesamtbewertung mit einzubeziehen sei“ (siehe Ohly GRUR 10/2018).

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