Fotografieren und Veröffentlichen von Autokennzeichen – was ist erlaubt?

Darf man ein Bild, auf welchem ein Autokennzeichen zu sehen ist im Internet verbreiten, ohne das Kennzeichen zu retuschieren? In der Regel ja, es sei denn durch die Veröffentlichung werden die Persönlichkeitsrechte des Fahrzeughalters verletzt.

Verletzung des Persönlichkeitsrechts

Grundsätzlich unterliegen persönliche Daten – zu denen aufgrund der Zuordnungsfunktion zum Fahrzeughalter auch das Autokennzeichen gehört – dem Persönlichkeitsrecht des Einzelnen.

Um eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts gemäß der §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB anzunehmen, reicht es in der Regel nicht aus, wenn auf dem Bild lediglich das Auto mit erkennbarem Kennzeichen zu sehen ist, da es gewöhnlich einer Privatperson nicht möglich ist, anhand des Kennzeichens auch den entsprechenden Halter zu ermitteln. Vielmehr müssen weitere Umstände hinzutreten, die eine Persönlichkeitsrechtsverletzung begründen. Ob jedoch bei einer Veröffentlichung des Kennzeichens im Internet auch eine Persönlichkeitsrechtsverletzung vorliegt, muss aufgrund der Abwägung beiderseitiger Interessen immer im Einzelfall entschieden werden. Der Einzelne hat nämlich keine uneigeschränkte Herrschaft über „seine“ Daten (so der BGH, vgl. BGH NJW 1991, 1532; NJW 2004 762). Es geht daher um die Frage, ob durch die Veröffentlichung des Kennzeichens das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Fahrzeughalters rechtswidrig verletzt wird.

Veröffentlichung kann zulässig sein

Das Landgericht Kassel (Beschluss v. 10.05.2007 – Az.: 1 T 75/07) verneinte beispielsweise eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts eines Rechtsanwaltes, dessen Auto fotografiert wurde und anschließend mit einem Kommentar über das Vergessen seiner Akten ins Internet gestellt wurde. Als Argument gegen eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Rechtsanwaltes sah das Gericht demnach die Tatsache, dass der Antragsteller selber persönliche Daten wie die Adresse seines Kanzleisitzes und seinen Lebenslauf im Internet veröffentlicht hat. Da die Veröffentlichung des Bildes auch keinen Aufruf zur Schädigung des Antragstellers beinhalte, liege auch kein rechtwidriger Eingriff vor. Als Begründung wurde ausgeführt:

„Unter Berücksichtigung des Vorstehenden begründet die Veröffentlichung des Autokennzeichens des Antragstellers in dem konkreten Beitrag des Antragsgegners in dem Internetforum keinen rechtswidrigen Eingriff in das Recht des Antragstellers, selbst über die Veröffentlichung persönlicher Daten zu entscheiden. Es handelt sich bei einem Kraftfahrzeugkennzeichen um keine sogenannte sensible Information, deren Geheimhaltung vor der Öffentlichkeit zum Schutze des Kraftfahrzeughalters generell geboten ist.

Dies ergibt sich bereits daraus, dass das Kraftfahrzeugkennzeichen eines Kraftfahrzeughalters zwar nicht für jedermann aus allgemein zugänglichen Quellen zu entnehmen ist, dass aber bei Kenntnis der Person und deren Anschrift die sichtbaren Daten des von dieser Person benutzten Kraftfahrzeuges unschwer ermittelt werden können.

Dies gilt im vorliegenden Fall umso mehr, als die persönlichen Daten des Antragstellers wie zum Beispiel vollständige Adresse seines Kanzleisitzes, Lebenslauf des Antragstellers und ähnliches ausgeprägt u. a. vom Antragsteller selbst im Internet für jedermann zugänglich veröffentlicht sind. Hinzu kommt, dass das vom Antragsteller gefahrene Kraftfahrzeug, jedenfalls wenn es in der Straße seines Kanzleisitzes abgestellt ist, ihm unschwer zugeordnet werden kann.

Liegen demnach die Merkmale, unter anderen das Kraftfahrzeugkennzeichen, die die Zuordnung eines individuellen Kraftfahrzeuges zum Antragsteller ermöglichen, praktisch offen zu Tage, hat der Antragsgegner durch seinen Beitrag im Internet nicht rechtswidrig in das Recht des Antragstellers auf informationelle Selbstbestimmung eingegriffen.

Etwas anderes könnte dann gelten, wenn die Veröffentlichung gerade des Kfz-Kennzeichens erkennbar darauf abzielte, dem Antragssteller hierdurch zu schädigen, oder wenn ein Informationsinteresse der Teilnehmer an dem Internetforum von vornherein gänzlich ausscheiden würden. Dies lässt sich jedoch nicht feststellen. In dem Internetforum wurde die Frage behandelt, ob der Antragsteller als Rechtsanwalt unter anderem Akten im Innenraum seines Kraftfahrzeuges liegen lasse.“

Automatisierte Erfassung von Autokennzeichen

Die Sache sieht jedoch anders aus, wenn die Polizeibehörde Kennzeichen automatisiert erfasst und speichert. Hier nahm das BVerfG eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts an (BVerfG, MMR 2008, 308). Die Entscheidung ist jedoch darauf zurück zu führen, dass hier die Polizeibehörde gehandelt hat, die im Gegensatz zur Privatperson anhand des Kennzeichens den Halter unproblematisch ermitteln kann und ihn somit ausspähen könnte. Die Leitsätze zu dieser lesenswerten Entscheidung lauten:

„1. Eine automatisierte Erfassung von Kfz-Kennzeichen zwecks Abgleichs mit dem Fahndungsbestand greift dann, wenn der Abgleich nicht unverzüglich erfolgt und das Kennzeichennicht ohne weitere Auswertung sofort und spurenlos gelöscht wird, in den Schutzbereich des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) ein.

2. Die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Ermächtigungsgrundlage richten sich nach dem Gewicht der Beeinträchtigung, das insb. von der Art der erfassten Informationen, dem Anlass und den Umständen ihrer Erhebung, dem betroffenen Personenkreis und der Art der Verwertung der Daten beeinflusst wird.

3. Die bloße Benennung des Zwecks, das Kfz-Kennzeichen mit einem gesetzlich nicht näher definierten Fahndungsbestand abzugleichen, genügt den Anforderungen an die Normenbestimmtheit nicht.

4. Die automatisierte Erfassung von Kfz-Kennzeichen darf nicht anlasslos erfolgen oder flächendeckend durchgeführt werden. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit i.e.S. ist i.Ü. nicht gewahrt, wenn die gesetzliche Ermächtigung die automatisierte Erfassung und Auswertung von Kfz-Kennzeichen ermöglicht, ohne dass konkrete Gefahrenlagen oder allgemein gesteigerte Risiken von Rechtsgutgefährdungen oder -verletzungen einen Anlass zur Einrichtung der Kennzeichenerfassung geben. Die stichprobenhafte Durchführung einer solchen Maßnahme kann ggf. zu Eingriffen von lediglich geringerer Intensität zulässig sein.“

Es kommt darauf an…

Zur Beantwortung der Frage, ob man Bilder mit erkennbarem Autokennzeichen veröffentlichen und verbreiten darf, ist eine Entscheidung im Einzelfall unumgänglich und sollte im Zweifel von einem Rechtsanwalt beantwortet werden.

Aspekte, die eine Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung begründen können (aber nicht in jedem Fall müssen):

  • Im Hintergrund des Bildes ist auch die Hausnummer und der Name des Halters zu erkennen.
  • Mit der Veröffentlichung geht ein Aufruf zur Schädigung einher.
  • Die Erfassung und Speicherung der Kennzeichen erfolgt automatisiert z. B. durch die Polizei.

(Bild: © by-studio – Fotolia.com)

81 Gedanken zu „Fotografieren und Veröffentlichen von Autokennzeichen – was ist erlaubt?“

  1. Guten Tag,

    wir haben vor kurzem einen Kurzfilm gedreht, der nun auf Filmfestivals ausgewertet werden soll. In einer Szene läuft ein Darsteller durch eine Straße und links sind vor dem Haus sowohl Hausnummer als auch das davorstehende Auto mit Nummernschild erkennbar. Stellt das ein Problem dar? Kann man im Nachhinein dafür bestraft werden, wenn es bereits öffentlich gezeigt wurde?

    Liebe Grüße,
    Jannik

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  2. Hallo Jannik,

    um hier „bestraft“ zu werden, müsste erst einmal eine Rechtsverletzung vorliegen. Wie in unserem Beitrag geht nicht mit jeder Veröffentlichung von Bildern / Filmen mit erkennabren Kennzeichen eine solche Rechtsverletzung einher. Um eine rechtliche Begutachtung machen zu können, müssten wir uns das jedoch genauer anschauen. Für weitere Fragen kann sich gerne bei uns in der Kanzlei gemeldet werden: info@tww.law // 0228 387 560 200.

    Herzliche Grüße
    Florian Wagenknecht

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  3. Sehr geehrte Frau Schlettler, durch eine Freundin habe ich erfahren das mein Kennzeichen im Internet ( Facebook ) Spotted Kennzeichen für jede Stadt einsehbar verbreitetet wurde. Der Herr oder die Dame hat das anonym gepostet mit der Bitte doch den Halter des Wagens zu ermitteln, ist dieses nicht strafbar oder zieht sogar Vandalismus oder Körperverletzung mit sich ? Die vor Ort gefragte Polizei meinte ich sollte mir keine Gedanken darüber machen vielleicht ist es ja so das man mich kennenlernen möchte, wir sind vor einem Jahr an einer Ampel mit einer Waffe bedroht worden. Die Anzeige wurde eingestellt obwohl wir der Polizei die Daten mitteilen konnten, hieß es nur Verdacht auf Körperverletzung. Sicher fühle ich mich jetzt natürlich nicht mehr, ich werde mein Kennzeichen wohl ändern.
    Mit freundlichen Grüßen
    Outside

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  4. Hallo Herr Wagenknecht

    ich plane eine Content Internetseite zu erstellen, welche das Thema LKW Abbiegeassistenten behandelt.

    Dort möchte ich:
    a) über dies Thema informieren
    b) interessierte Betriebe an einen Hersteller dieser Systeme vermitteln.
    Es handelt sich also um eine kommerzielle Seite.

    Nun möchte ich dort Themen bezogene Bilder von entsprechenden LKW Fahrzeugen darstellen und publizieren.

    Ich plane dazu entweder selber fotografierte Bilder zu verwenden,
    oder von anderweitigen Personen oder Fotografen, welche mir die Zustimmung geben Ihre Bilder dazu verwenden zu dürfen.

    Welche Einschränkungen gäbe es nun für mich die geplanten Bilder dort so einzusetzen ?

    Treffen folgende meiner Recherchen so zu, bzw. sind alle diese folgenden immer so zu erfüllen:

    1. Nur Bilder die von öffentlichen Grund gemacht wurden,
    oder halt mit dem Einverständnis des Eigentümers von einem Privat-
    bzw. Firmengelände.
    Oder muss der Fahrzeugbesitzer grundsätzlich zustimmen ?

    2. Die Fahrzeuge nicht voll darstellen sondern nur Ausschnitte des Fahrzeuges.

    3. Keine Personen, Kennzeichen oder Markennamen der Fahrzeuge zeigen

    Vielen Dank

    Stephan

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    • Hallo Stephan,

      Ich bitte hier um Verständnis, dass die Anfrage bzw. die Antwort den Umfang der Kommentarfunktion erheblich sprengt und daher hier nicht beantwortet wird.

      Für konkrete Fragen im Einzelfall stehen wir jederzeit gerne anwaltlich zur Seite. Für unverbindliche Kontaktaufnahmen kann man uns unter 0228 387 560 200 in unserer Kanzlei (tww.law) erreichen.

      Beste Grüße
      Florian Wagenknecht

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  5. Hallo Florian,

    ich stelle meine wichtigste Frage daher hier nun einmal ganz einfach:

    Muss ein Fahrzeughalter zustimmen, wenn man sein Fahrzeug auf öffentlichen Strassen fotografiert,
    und ich einen Ausschnitt des Bildes, ohne Kennzeichen dann auf einer kommerziellen Internetseite veröffentliche ?

    Danke

    VG Stephan

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  6. Liebe Frau Schletter,
    vielen Dank für den sehr lehrreiches Artikel. Der Leiter der Werkstatt, in dem ich bis jetzt mein Oldtimer überprüfen und reparieren lassen habe, hat das Bild meines Autos mit sehr gut lesbarem Kennzeichen ohne meinen Erlaubnis als Werbemittel in der Zeitung, in einer Anzeige, die wie einen Artikel aussieht, aber eine Anzeige ist, verwendet. Ich wohne in einem kleinen Dorf und bin die Einzige weit und breit mit so einem Auto. Noch dazu habe ich einige Tage davor entdeckt, dass ein neues Teil gebastelt wurde, was dazu geführt hat, dass der Motor jetzt ein Totalschaden hat. ich hätte ihm NIE die Erlaubnis gegeben, wenn er gefragt hätte. Kann ich da was tun?
    Danke im Voraus! Mit freundlichen Grüßen
    Ilse Arnauld des Lions

    Antworten
    • Liebe Frau des Lions,

      hier kommen diverse rechtliche Probleme zusammen. Bitte haben Sie Verständnis, dass es den Rahmen der Kommentarfunktion hier sprengt. Bei rechtlichen Fragen zu konkreten Sachverhalten können Sie sich jederzeit gerne bei uns zunächst einmal unverbindlich in der Kanzlei melden: info@tww.law // 0228 387 560 200.

      Herzliche Grüße
      Florian Wagenknecht

      Antworten
  7. Hallo,

    als angehender Fotojournalist habe ich eine örtliche Demonstration mit mehreren 10000 Teilnehmern im öffentlichen Raum gefilmt und einen kurzen Beitrag dazu geschnitten, um ihn auf youtube zu veröffentlichen.
    Dabei sind Kennzeichen von Mannschaftswagen der Polizei zu erkennen. Muss ich diese unkenntlich machen?

    Polizisten sind stets in Ausübung ihres Dienstes im Panorama dieses zeitgeschichtlichen Ereignisses oder im Anschnitt (ohne Identifikationsmerkmale wie Gesicht, Nummern, Namen, etc.) zu sehen.

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  8. Sehr geehrte Frau Schletter,
    muss oder sollte auf einem zur Veröffentlichung in einem kommerziellen Bildkalender bestimmten Foto von 1975 ein dort eindeutig lesbares Autokennzeichen verpixelt werden ?

    Vielen Dank

    Peter

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  9. Der Hausmeister einer Schule verlässt das Schulgelände und fotografiert Kennzeichen von Pkw deren Besitzer Ihre Kinder vor der Schule aus dem Auto steigennlassen -teilweise sind die Kinder mit auf dem Bild ,und übersendet sie der Gemeinde – hier ist wohl Halteverbot.
    Nun folgt ein Strafzettel der Gemeinde .
    Ist das erlaubt ?

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    • Sehr geehrter Herr Krüger,

      hinsichtlich der Abbildung der Kinder erscheint das Verhalten rechtlich fragwürdig. Das „Anschwärzen“ müsste man sich im Detail anschauen; es kann nicht ausgeschlossen werden, dass dies unter Umständen zulässig sein kann.

      Bei rechtlichen Fragen zu konkreten Sachverhalten können Sie sich jederzeit gerne bei uns zunächst einmal unverbindlich in der Kanzlei melden: info@tww.law // 0228 387 560 200.

      Mit freundlichen Grüßen
      Dennis Tölle

      Antworten
  10. Lieber Herr Krüger,
    es ist interessant, wie Sie einen Nebenschauplatz aufmachen, um vom eigentlichen Problem ablenken zu können. Wohl mag das Abbilden von (unbeteiligten) Kindern im herkömmlichen juristischen Sinne zweifelhaft sein. Aber das wäre lediglich ein unbedeutender Kollateralschaden, denn zum einen lassen sich auf dem Bild die Kinder auch im Nachhinein unkenntlich machen, und zum anderen entsteht für die betroffenen Kinder durch die Fotos weder Lebens- noch Verletzungsgefahr. Ganz im Gegensatz zu dem unverantwortlichen Gehabe der „Hubschraubermütter“. Ja ja, die meinen es nur gut. Aber seit Brecht wissen wir, gut gemeint ist das Gegenteil von gut.

    Was mich an Ihrer Schilderung entsetzt, ist, dass es für die betroffenen Eltern lediglich einen Strafzettel der Gemeinde gibt. Notwendig wäre doch hingegen mindestens der Entzug der Fahrerlaubnis auf Lebenszeit oder wahlweise die Zurschaustellung der Schuldigen auf dem Marktplatz für wenigstens eine Woche.

    Lieber Herr RA Tölle,
    ich würde mich sehr freuen, wenn Sie die – höflich ausgedrückt – peinlichen Interessen des Herrn Krüger vertreten und mittels des Streisand-Effekts möglichst weit in die Öffentlichkeit tragen. Eventuell können Sie in der Beratung zum Klagen bis zu EuGH raten?! Danke.

    Und so lassen Sie mich wissen, wie es in diesem Fall weitergeht, damit ich mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln den heldenhaften Hausmeister unterstützen kann.

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