Pixelio-Urteil des LG Köln: Kritik und Handlungsmöglichkeiten

Das Urteil des Landgerichts Köln (Urt. v. 30.01.2014, Az.: 14 O 427/13) hat bereits eine große Empörungswelle hervorgerufen, seitdem Kollege Plutte darüber berichtet hat. Doch bevor man jetzt in Panik gerät, sollte man sich einmal in Ruhe anschauen, worum es eigentlich ging:

Weswegen die Aufregung

Die Kernfrage ist, ob ein Bild unter seiner direkten Webadresse (= Bild-URL) eine Kennzeichnung des Urhebers benötigt. Ja, meint das LG Köln. Denn sobald man das Bild per Direktlink aufrufe, sehe man Urheberkennzeichnungen an anderen Orten nicht mehr. Diese sei wegen § 13 UrhG jedoch notwendig.

Wie sich die Richter das vorstellen zeigt eine Bildänderung auf der Homepage des LG Köln. Der Urhebernachweis habe im Bild selbst zu erfolgen – aber: Liebes LG Köln was ist denn das bitte?!

Einzelfall zu den Pixelio AGB

Um dem ganzen Theater direkt einmal ein wenig den Wind aus den Segeln zu nehmen sei gesagt, dass sich das Urteil auf den Einzelfall bezieht. Der Gerichtssprecher Christian Hoppe betont gegenüber heise.de, dass das Gericht nicht allgemeine Anforderungen an die Bilderverwendung aufgestellt habe: „Es ist eine Einzelfallentscheidung, die sich auf die AGB von Pixelio bezieht.“

„Verwendungen“ im Sinne der Pixelio-Lizenzbedingungen

Die AGB wurden in dem Urteil (leider nicht ausreichend) ausgeschlachtet.

Das Gericht geht von einer unterschiedlichen „Verwendung“ im Sinne von Ziff. IV. der Lizenzbedingungen von Pixelio aus. Wird ein Bild z.B. auf www……de genutzt, sei die Nutzung auf www……de/typo3temp/pics/470e6ad6d1.jpg eine weitere „Verwendung“.

Kann das wirklich gemeint sein? Wohl kaum. Schon dem Wortlaut nach soll die Nennung „am Bild selbst oder am Seitenende“ erfolgen. Von „im“ oder „auf“ dem Bild wird da nichts gesagt. Und wie man der weiteren Pflicht, nämlich „der Hinweis auf Pixelio in Form eines Links zu www.pixelio.de“ nachkommen soll, haben die Richter auch nicht beachtet. Pixelio selbst findet die Auslegung ihrer AGB durch das Gericht daher zu recht unverständlich.

„Verwendungen“ muss auch urheberrechtlich betrachtet werden

Der Kollege Lampmann führt zudem vor Augen, dass es hier um das Urheberrecht geht. Die „Verwendungs“-handlungen müssen auch dem Urheberrechtsgesetz entsprechend ausgelegt und verstanden werden. Hier geht es nämlich um ein Bereithalten eines Werkes zum Abruf im Internet, also „öffentliches Zugänglichmachen“ nach § 19a UrhG (vgl. BGH Urt. v. 22.4.2009, Az.:  I ZR 216/06 = ZUM-RD 2009, 369 – Internet-Videorecorder). Diese Abrufmöglichkeit über eine URL entsteht unvermeidbar bereits mit Speichern des Bildes auf dem Webspace. Vertretbar ist nun einerseits, dass man mit Speicherung des Bildes die urheberrechtlich relevante Handlung für beendet ansieht. Eine Nutzung / „Einbindung“ in einem Artikel wäre dann nur ein erleichterter Zugang zu dem Bild mittels HMTL-Befehl.

Andererseits kann man auch sagen, dass diese Speicherung eine (notwendige) Begleiterscheinung ist. Denn unter  „Verwendungen“ ist nichts anderes zu verstehen als die eingeräumten Nutzungsrechte gem. §§ 31ff. UrhG (vgl. OLG Karlsruhe, Urt. v. 12.09.2012, Az.: 6 U 58/11). Daher muss das Verständnis eines “objektiven Dritten” (§ 31 Abs. 5 UrhG i.V.m. §§ 133, 157 BGB) maßgebend sein, wie auch Kollege Schwenke anspricht. Bei der Auslegung würde man daher auch auf den Vertragszweck, den bestimmungsgemäßen Gebrauch der Bilder abstellen. Die Nennung hat demnach nur bei der „Verwendung“ des Bildes bei der Illustration zu erfolgen und die Speicherung auf dem Webspace ist denknotwendig ein reiner Zwischenakt.

BGH-Rechtsprechung wird nicht beachtet

Das LG Köln führt selbst noch auf es möge zutreffen,

dass in einer großen Zahl von Fällen bei im Internet veröffentlichten Bildern unter einem URL, über den nur die „nackte“ Bilddatei angezeigt wird, gegenwärtig tatsächlich keine Urheberbenennung erfolgt.

Das scheint also durchaus üblich zu sein. Die rechtlichen Folgen wurden aber entweder gar nicht gesehen oder schlichtweg missachtet. Konkret geht es um die Entscheidung des BGH zur Google-Bildersuche (Urt. v. 29.04.2010, Az.: I ZR 69/08). Folgt man dieser Rechtsprechung kann sogar von einer Einwilligung des Urhebers in die Nutzung ohne Urhebernennung auf/in dem Bild ausgegangen werden.

Durch das Urteil des BGH werden dem Rechtsinhaber Pflichten zum Schutz vor unerwünschter Nutzung seiner Werke auferlegt. Wer Bilder im Internet ohne solche Schutzmaßnahmen frei zugänglich macht, muss mit den nach den Umständen üblichen Nutzungshandlungen rechnen.

Das Verhalten des Fotografen, das Bild zur Verfügung zu stellen, ohne selbst von der – vom Fotografen selbst vorgetragenen – einfachen Möglichkeit einer Nennung auf/in dem Bild gebrauch zu machen, kann aus der Sicht des Bildnutzers objektiv als Einverständnis damit verstanden werden, dass das Bild im üblichen Umfang genutzt werden darf. Danach hat sich der Fotograf mit dem Einstellen der Bilder zum Verkauf im Internet, ohne diese mit einer Urhebernennung auf/in dem Bild zu versehen, mit der Wiedergabe ohne Urhebernennung auf/in dem Bild einverstanden erklärt.

Treuwidriges Verhalten des Fotografen

Ebenso steht treuwidriges Verhalten des Fotografen im Raum, wie Kollege Stadler anmerkt. Wer seine Fotos auf einer Verkaufsplattform wie Pixelio einstellt, kann selbst bereits die gewünschte Urhebernennung vornehmen. Sei es nun per Nennung auf/im Bild selbst oder auch per Urhebervermerk in den Bildeigenschaften. Wird dies nicht getan und fehlt auch ein Hinweis dahingehend, muss der Fotograf mit fehlerhafter Nennung rechnen und damit leben. Insbesondere wenn man weiß, dass bei Direkt-Aufrufen von Bildern die Nennung nur auf/in dem Bild den eigenen Wünschen entspricht. Andernfalls drängt sich der Verdacht auf, dass der Fotograf, der seine Bilder selbst und angeblich „kostenfrei“ ins Netz stellt, versucht auf dem Abmahnweg Kasse zu machen.

Urhebernennung im Bild als (rechtswidrige) Bearbeitung

Teilweise wird noch angemerkt, dass eine Veränderung des Bildes eine rechtswidrige Bearbeitung darstellen kann. Die Nutzungsbedingungen von Pixelio übertragen nämlich nur ein „eingeschränktes Bearbeitungsrecht“, welches explizit nur Änderung von Bildgröße, Farbinformationen und der Farb-, Kontrast- und Helligkeitswerte erlaubt.

Dem sei jedoch entgegen gehalten, dass nach § 39 Abs. 2 UrhG Änderungen eines Bildes, zu denen der Urheber seine Einwilligung nach Treu und Glauben nicht versagen kann, zulässig sind. Da man auf sein Recht auf Urhebernennung nicht verzichten kann – in der Regal ja gerade gewollt ist – ist das Anbringen einer solchen Nennung wohl auch nicht rechtswidrig.

Handlungsmöglichkeiten

Das Urteil ist in unseren Augen nicht haltbar. Nun ist es jedoch erst einmal in der Welt und für den Internetnutzer stellt sich die Frage: was tun? Hier daher einige Vorschläge, welche Möglichkeiten man hat. Ob diese einer gerichtlichen Überprüfung standhalten, können wir angesichts solch haarsträubender Urteile kaum vorhersehen. Einem übereifrigen Abmahner kann man aber durchaus entgegenwirken:

1. Unterbinden des Direktaufrufs eines Bildes

Vorab: Die technische Umsetzung zur Verhinderung des Aufrufs einer Bilddatei direkt über die URL ist in unserem WordPress-basierten System noch nicht erfolgt, so dass wir hierzu auch keine funktionierende Anleitung geben können. Die technische Herausforderung die sich stellt, ist die Unterscheidung zwischen Aufrufen per direkter URL und dem Aufruf eines Bilder per Einbindung über einen <img>-Tag. Für den Server stellen beide Varianten nämlich zunächst das Gleiche dar.

Ein vereinfachtes Beispiel dafür, wie eine technische Umsetzung allerdings erfolgen kann, basiert auf den folgenden Gedanken:

Der Zugriff über das http(s)-Protokoll auf den Ordner, der die Bilder enthält, wird über eine entsprechend angepasste .htaccess-Datei komplett gesperrt. Dies hat zur Folge, dass über das http(s)-Protokoll (also über den Browser) nicht mehr auf diese Dateien zugegriffen werden kann. Damit ist jedoch auch eine normale Einbindung in die Website über einen <img>-Tag nicht mehr möglich, bzw. führt nicht mehr zur Anzeige der Bilder. Das muss also behoben werden.

Das Dateiverzeichnis unseres Beispiels sieht wie folgt aus. Im Stammverzeichnis des Systems liegt eine Datei ‚index.html’, eine Datei ‚show_img.php’ und ein Ordner ‚img’. In diesem Ordner liegt das Bild ‚test.jpg‘ und eine Datei ‚.htaccess‘. Die Dateien können auch hier als ZIP-Archiv heruntergeladen werden.

Den Anfang macht die .htaccess mit folgenden Inhalt:

Order Deny,Allow Deny from all

Damit ist der Zugriff auf den Ordner der die Bilder enthält über das http(s)-Protokoll komplett gesperrt.

Anschließend wird die Datei show_img.php mit folgen Inhalt erstellt:

<?php if ( $_GET[ "file" ] && getimagesize( $_GET[ "file" ] ) 
&& stristr( $_SERVER[ "HTTP_REFERER" ] , 
$_SERVER[ "SERVER_NAME" ] ) ) { $img_info = getimagesize
( $_GET[ "file" ] );  header( "Content-
type: " . $img_info[ "mime" ] );  
readfile( $_GET[ "file" ] );  exit;
}
exit;
?>

Nun wird in der Datei, in der Bilder eingebunden werden (in unserem Beispiel die index.html), der Zugriff auf das einzubindende Bild direkt über das serverseitige Dateisystem eingebaut. Dies geschieht über folgenden Befehl:

<img src="show_img.php?file=img/test.jpg" />

Die gesamte index.html hat in unserem Beispiel folgenden Inhalt:

<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.0 Transitional//EN" 
"http://www.w3.org/TR/xhtml1/DTD/xhtml1-transitional.dtd"> 
<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml">
<head>
<meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; 
charset=UTF-8" />
<title>Deeplinks auf Bilder unterbinden</title>
</head>
<body>

<img src="show_img.php?file=img/test.jpg" /><br />

Dieses Bild ist mit einem img-Tag in die HTML-Datei eingebunden. 
Der einzige Unterschied ist, dass nicht direkt auf das Bild 
verwiesen wird, sondern die Ausgabe des Bildes über eine 
PHP-Datei umgeleitet wird.
Dies sieht im Quelltext so aus:<br />

<code>&lt;img src=&quot;show_img.php?file=img/test.jpg&quot; 
/&gt; </code><br /><br />
Das Verzeichnis img/ ist mit einer .htaccess so geschützt, dass 
niemand über das HTTP-Protokoll darauf zugreifen kann. Daher ist 
ein Aufruf des Bildes direkt über die Adresszeile nicht möglich.
<br />

<a href="img/test.jpg">Direkter Link zum Bild</a>

</body>
</html>

Damit geschieht also der Zugriff auf die Bilddatei nicht über das http(s)-Protokoll, sondern über die „Umleitung“ über das Skript show_img.php und damit über das serverseitige Dateisystem.

Das Ganze hat zur Folge, dass die Datei index.html aufgerufen werden kann und das gewünschte Bild angezeigt wird. Der direkte Aufruf der Bild-URL (https://www.rechtambild.de/bilanzeige/img/test.jpg) führt jedoch nicht zu einer Anzeige des Bildes.

Zum Ausprobieren einfach hier (https://www.rechtambild.de/bildanzeige/) klicken.

Gegenprobe bei direkter Eingabe des verlinkten Bildes: https://www.rechtambild.de/bildanzeige/img/test.jpg

Vorsicht: Alle Bilder die nun noch direkt, also ohne eine Umleitung über das PHP-Script, in einem <img>-Tag eingebunden sind, werden nicht mehr angezeigt. Eine Einbindung ist nur noch über den Befehl <img src=show_img.php?file=DATEINAME> möglich.

Es sei noch einmal erwähnt, dass wir dieses vereinfachte Beispiel noch nicht auf unser System angewandt haben! Dies sollte auch niemand ohne entsprechende Kenntnisse oder professionelle Hilfe tun. Wir können keinerlei Support für eine Einbindung basierend auf dem obigen Beispiel geben. Ebenfalls übernehmen wir keine Haftung für die korrekte (oder eben nicht korrekte) Funktionsweise im Einzelfall.

2. Unterbinden des Rechtsklicks

Sollte man die Blockade des Direktaufrufs bei sich nicht durchführen können oder wollen, bleibt noch die Möglichkeit den Rechtsklick auf der Webseite z. B. per JavaScript zu deaktivieren. Damit ist zumindest der einfachste Weg, die URL eines Bildes herauszufinden, beschränkt. Folgender JavaScript-Code ermöglicht dies:

<script type="text/javascript">
function click (e) {
  if (!e)
    e = window.event;
  if ((e.type && e.type == "contextmenu") || 
(e.button && e.button == 2) || (e.which && e.which == 3)) {
    if (window.opera)
      window.alert("Sorry: Diese Funktion ist deaktiviert.");
    return false;
  }
}
if (document.layers)
  document.captureEvents(Event.MOUSEDOWN);
document.onmousedown = click;
document.oncontextmenu = click;
</script>

Für WordPress Installationen übernimmt diese Arbeit z. B. auch das Plugin No Right Click Images Plugin.

Bei der Sperrung des Rechtsklicks ist jedoch zu berücksichtigen, dass diese nicht in jedem Browser funktioniert und durch den versierten Nutzer umgangen werden kann.

3. Nennung des Urhebers in den Bildeigenschaften

So ziemlich jede Bilddatei kann man derart bearbeiten, als dass sich die Bildinformationen aufrufen und verändern lassen. Hierfür gibt es diverse Programme, wie z.B. IrfanView, mit denen man in den Metadaten des Bildes herumspielen kann.

4. Klärung durch den Bildverkäufer bzw. dem Urheber verlangen

5. Notfalls Stockbilder entfernen

Keine Panik sondern in Ruhe abwägen

Man kann das Urteil im Ergebnis zumindest teilweise für richtig halten, à la „You get what you pay for“. Es ist jedenfalls noch längst nicht alles in Stein gemeißelt. Bisher hat nur das LG Köln entschieden. Ein OLG oder der BGH haben sich dazu noch nicht geäußert und andere Gerichte haben wohl (hoffentlich) andere Vorstellungen von der Rechtslage.

Jedenfalls gilt es, nicht in Panik zu verfallen. Pixelio-Nutzer die ganz sicher gehen wollen, sollten die betroffenen Bilder löschen. Für alle anderen gilt, sich die abgeschlossenen Nutzungsverträge einmal in Ruhe anzuschauen. So hält z.B. Fotolia.de die Urhebernennung im Impressum für vollkommen ausreichend. Möchte man versuchen, einer Abmahnung vorbeugen, kann man sich den oben genannten Möglichkeiten widmen.

Pixelio hat übigens eine Klarstellung in den AGB angekündigt. Die Berufung ist auch in Arbeit. Daher ist noch nicht das letzte Wort gesprochen.

(Bild: © rvlsoft – Fotolia.com)

12 Gedanken zu „Pixelio-Urteil des LG Köln: Kritik und Handlungsmöglichkeiten“

  1. „Da man auf sein Recht auf Urhebernennung nicht verzichten kann – in der Regal ja gerade gewollt ist – ist das Anbringen einer solchen Nennung wohl auch nicht rechtswidrig.“
     
    Komisch, ich hatte in einem anderen Artikel von Euch einmal konkret nach diesem Aspekt gefragt (kann ein Urheber auf sein Recht auf Namensnennung verzichten). Da wurde mir von Euch (dem Autor des Artikels) geantwortet, dass dies durchaus möglich ist.
     
    Ja, was denn nun?

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  2. Ja und Nein. Das Nennungsrecht ist ein Urheberpersönlichkeitsrecht (siehe hier). 

    Auf Urheberpersönlichkeitsrechte kann man rechtlich nicht „verzichten“. Das ist relevant für den Artikel hier. Rein tatsächlich kann der Laie aber dennoch „verzichten“. Rechtlich wird das allerdings nicht als Verzicht auf das Nennungsrecht ausgelegt, sondern als Verzicht dahingehend, die Ansprüche geltend zu machen, die aus der fehlenden Nennung resultieren würden. 

    Etwas kompliziert, aber ich hoffe es wird etwas verständlicher. 

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