Bundesgerichtshof: „Klingel-Cam“ zulässig

Der Fall

Zwei Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) hatten im Rahmen einer Eigentümerversammlung beantragt, eine Videokamera im Klingeltableau anbringen zu dürfen. Dieser Antrag wurde durch die Versammlung abgelehnt. Die im weiteren Verlauf beklagten Eigentümer hatten diesbezüglich sowohl persönlichkeits- sowie datenschutzrechtliche Bedenken. Der Einbau einer Kamera führe zu einem über das unvermeidliche Maß hinausgehenden Nachteil. Gegen diesen Beschluss gingen die Antragsteller zunächst vor. Das Amtsgericht Berlin-Schöneberg gab der Klage statt und erklärte den Beschluss für ungültig (AG Berlin-Schöneberg, Urteil vom 18.03.2009, Az. 77 C 233/08 WEG). Auf die Berufung der Beklagten änderte das Landgericht das Urteil des Amtsgerichts ab und wies die Klage ab. Mit der Revision wollte die Klägerin eine Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erreichen.

Die Entscheidung

Der BGH hob das Urteil des Landgerichts auf und verwies die Streitigkeit zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurück zum Amtsgericht (BGH,Urteil v. 8. April 2011, Az:. V ZR 210/10). Dem Einbau einer Videokamera im Klingeltableau in seiner konkret geplanten Form stünden keine persönlichkeitsrechtlichen Bedenken der anderen Wohnungseigentümer entgegen.

Die Kamera solle die Möglichkeit verschaffen, durch eine zeitlich begrenzte Bildübertragung den bei ihr klingelnden Besucher zu identifizieren und über dessen Einlass in das Haus zu entscheiden. Weder würde eine dauerhafte Videoübertragung stattfinden noch würden sämtliche Benutzer des Hauseingangsbereichs abgebildet. Nur wer klingelt werde von der Kamera erfasst – oder wer zufällig daneben steht. Dies stelle jedoch keinen maßgeblichen Nachteil dar.

Auf das subjektive Empfinden der Wohnungseigentümer komme es nicht an, so der BGH. Eventuell psychologische Wirkungen seien unerheblich. Ein am Klingeltableau eines Wohnanwesens angebrachtes Videoauge sei nicht geeignet, den Eindruck einer ununterbrochenen Videoüberwachung des Eingangsbereichs zu erwecken. Jeder wisse, dass die Kamera nicht dauerhaft Bilder übertrage.

Keine datenschutzrechtlichen Bedenken

Mit Hilfe der Videoklingelanlage sollen die Leute im Hauseingangsbeeich identifiziert werden. Die Haustür soll nur dem geöffnet werden, dem man sie auch öffnen will. Dies stelle einen legitimen Zweck im Sinne einer Einlasskontrolle dar, der nicht gegen § 6b Abs. 1 Nr. 2 BDSG verstoße.

Fazit

Wer in einer Hausgemeinschaft plant, eine Videokamera zur Identifizierung von klingelnden Gästen zu installieren, dem darf dies nicht durch die Gemeinschaft untersagt werden. Ausschlaggebend ist allerdings, dass keine Aufzeichnung der Bilder stattfindet, die Kamera tatsächlich nur zum Zeitpunkt des Klingelns aktiv wird und kurz sich danach auch wieder ausschaltet. Werden dabei zufällig auch andere Hausbewohner gefilmt, so ist dies von ihnen hinzunehmen und stellt keine relevante Beeinträchtigung ihres Persönlichkeitsrechts dar.

(Bild: © fottoo – Fotolia.com)

9 Gedanken zu „Bundesgerichtshof: „Klingel-Cam“ zulässig“

  1. Vielen Dank für den Artikel. Das sind ja gute Neuigkeiten für alle, die ihre Sprechanlagen mit Kameras erweitern möchten. In vielen Gegenden ist das aus Sicherheitsgründen ja durchaus empfehlenswert.

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  2. Wie verhält es sich wenn auch der öffentliche Gehweg und das Gebäude gegenüber im Bild erfasst wird? Hat man da nicht den Nachbarn ständig im „Blick“?

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  3. Habe vor ein paar Tagen eine Mietswohnung bezogen wo jeder Mieter ein hauseigenes Tablett zur Verfügung steht. u.a eine App Videoüberwachung.
    Hier werden Bilder nach bedienen der Klingelcam an der Haus oder Wohnungstür gespeichert. Danach geht die Kamera wieder in einer 24 live Übertragung über ohne Speicherung
    Keine Hinweisschilder vorhanden.
    Bereiche wie der komplette Hausflur oder Straße Gehweg sind live zu sehen.
    Mir wurde vor Einzug keine Informationen gegeben
    Bin erstmal sprachlos.

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    • Sehr geehrter Herr Herrmann,

      das hängt tatsächlich vom Einzelfall ab, wobei eine derartige Überwachung idR unzulässig sein dürfte – aus mehreren Gründen.
      Konkrete Einzelfälle können wir hier im Blog allerdings leider nicht beantworten. Sie können sich für eine rechtliche Einschätzung gerne an unsere Kanzlei wenden: 0228 387 56200 // info@tww.law

      Mit besten Grüßen
      Florian Wagenknecht

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