LG Köln, Urteil vom 8. Mai 2013, Az.: 28 O 349/12

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- Euro, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, die in Anlage K1 wiedergegebenen Fotos des Klägers zu verbreiten, wenn dies geschieht wie im Rahmen des in der Zeitung „BILD am Sonntag“ vom 10.4.2011 veröffentlichten Artikels „Die Ls auf Prozess-Urlaub in Kanada“.

2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den Kosten der vorprozessualen Vertretung in Höhe von 596,30 Euro freizustellen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, hinsichtlich des Tenors zu 1. jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,- Euro. Die Beklagte kann die Vollstreckung im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Der Kläger ist ein bekannter Moderator, Journalist und Unternehmer. Er produzierte und moderierte unter anderem die Sendung „Y“.

Am 20.3.2010 wurde der Kläger wegen des Verdachts der Vergewaltigung verhaftet und in die JVA N verbracht, wo er bis zum 29.7.2010 in Untersuchungshaft saß. Der Haftbefehl gegen den Kläger wurde an diesem Tag durch das OLG Karlsruhe mangels dringenden Tatverdachts aufgehoben. Der Kläger wurde von dem Vorwurf durch Urteil des Landgerichts N am 31.5.2011 rechtskräftig freigesprochen.

Am 10.4.2011 veröffentlichte die Beklagte im Rahmen des Artikels „Die Ls auf Prozess-Urlaub in Kanada“ zwei Fotos, auf denen der Kläger und seine Ehefrau am Flughafen der kanadischen Provinzhauptstadt Kamloops zu sehen sind.

Hinsichtlich der Bildnisse und des Artikels wird auf Anlage K2, Bl. 7 f. d.A. Bezug genommen. Der Kläger flog nach Kanada, um dort insbesondere seine beiden Kinder zu besuchen.

Mit Telefax vom 11.4.2010 wurde die Beklagte abgemahnt und erfolglos aufgefordert, eine Unterlassungserklärung abzugeben und die vorprozessualen Kosten zu ersetzen.

Der Kläger hat am 13.4.2011 eine einstweilige Verfügung gegen die Beklagte beantragt, die von der Kammer am 18.4.2011 antragsgemäß erlassen worden ist.

Der Kläger ist der Auffassung, dass ein privater Besuch bei seinen Kindern in Kanada auch unter Berücksichtigung legitimer Informationsinteressen der Allgemeinheit kein Ereignis mit zeitgeschichtlicher Bedeutung darstelle. Diese private Reise nach Kanada sei für das strafrechtliche Verfahren gegen den Kläger ohne jegliche Bedeutung gewesen. Die von der Beklagten veröffentlichten Bildnisse könnten auch nicht der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen, da sie den Kläger in einer erkennbar privaten Situationen zeigten und ihn somit in seiner Privatsphäre verletzten.

Die Rechtmäßigkeit der Verbreitung der Fotos ergebe sich vorliegend auch nicht aus dem Kontext der dazugehörigen Wortberichterstattung. Zwar bemühte sich die Beklagte einen solchen Kontext herzustellen, indem sie darauf hinweise, der Verteidiger des Klägers habe eine Prozesspause durchgesetzt, damit dieser seine Kinder in Kanada besuchen könne und der Kläger habe bei seiner Festnahme ein ähnliches Outfit getragen wie auf den streitgegenständlichen Fotos. All dies seien jedoch keine Informationen von öffentlichem Interesse. Denn die Kleidung, die der Kläger bei seiner Festnahme getragen habe, sei für den Inhalt des gegen ihn geführten Strafverfahrens ebenso irrelevant wie die Frage, aus welchem Grund eine Prozesspause angeordnet würde und wie der Kläger diese privat nutze. Zudem weise der Artikel, bis auf die Mitteilung der Prozessunterbrechung in einem Halbsatz, keine neuen Aspekte im Hinblick auf das Strafverfahren auf. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei auch der Grund für die Prozessunterbrechung nicht von Bedeutung für die Berichterstattung über das Strafverfahren, zumal weitere, vertiefende Ausführungen oder eine Diskussion über eine Bevorzugung des Klägers nicht im Artikel vorkämen. Außerdem sei der Grund der Prozessunterbrechung nicht öffentlich mitgeteilt worden, sondern im Rahmen des Prozesses.

Der Kläger ist der Meinung, die „Hauptgeschichte“ über Frau T werde lediglich dazu benutzt, die Fotos des Klägers darzustellen.

Ferner behauptet der Kläger, dass er lediglich als Unternehmer, nicht jedoch als Privatperson in die Öffentlichkeit getreten sei. Er sei heimlich, wahrscheinlich aus großer Entfernung sowie unter Verwendung eines Teleobjektivs und in einem Moment, in dem er nicht damit gerechnet habe, fotografiert worden. Auf den Fotos sei erkennbar, dass der Kläger sich nicht in Richtung des Fotografen drehe. Bei den abgebildeten Momenten handele es sich um die klassische Situation des privaten Urlaubs-(Alltags) des Klägers und seiner Ehefrau. Es zeige den Kläger in einem Moment der Entspannung und des Sich-Gehen-Lassens außerhalb der Einbindung in den Alltag. Er habe in diesem Moment die berechtigte Erwartung gehabt, nicht in den Massenmedien abgebildet zu werden. Zudem liege ein Fall einer beharrlichen Nachstellung vor, da ihm fernab von Deutschland auf einem kanadischen Provinzflughafen aufgelauert worden sei.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- Euro, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, die in Anlage K1 wiedergegebenen Fotos des Klägers zu verbreiten, wenn dies geschieht wie im Rahmen des in der Zeitung „BILD am Sonntag“ vom 10.4.2011 veröffentlichten Artikels „Die Ls auf Prozess-Urlaub in Kanada“.

2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von den Kosten der vorprozessualen Vertretung in Höhe von 689,90 Euro freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Klage bereits unzulässig sei, da eine ordnungsgemäße Klageerhebung nicht vorliege. Denn die durch den Kläger angegebene Anschrift sei nicht seine Wohnanschrift. Unter dieser Anschrift könnten keine Zustellungen an den Kläger bewirkt werden.

Sie ist ferner der Meinung, dass die streitgegenständlichen Fotografien den Kläger in der Öffentlichkeit und nicht in einem gegen die Einblicke gesondert geschützten Raum zeigten. Sie zeigten den Kläger nicht in einer erkennbar privaten Situation bzw. bei der Verrichtung erkennbar privater Lebensvorgänge, sondern im öffentlichen Verkehrsraum.

Der Artikel befasse sich ausschließlich mit Sachverhalten, die unmittelbar mit dem gegen den Kläger geführten Strafverfahren in Zusammenhang gestanden hätten. Es handele sich einerseits um Ausführungen zu dem Verfahren selbst und zu dessen Unterbrechung auf Antrag der Verteidigung, um dem Kläger die Reise nach Kanada und den Umgang mit seinen Kindern aus angeblich zwingenden rechtlichen Gründen zu ermöglichen. Andererseits befasse sich der Artikel mit den öffentlichen Auseinandersetzungen des Klägers mit seiner ehemaligen Geliebten.

Hinsichtlich des Komplexes des Artikels, der sich mit dem Urlaub des Klägers befasse, handele es sich durchweg um wahrheitsgemäße Angaben über öffentlich mitgeteilte Sachverhalte zum Stand eines aufsehenerregenden Strafverfahrens.

Sowohl der Prozessurlaub des Klägers und die damit verbundenen Erklärungen seiner Verteidigung in der Hauptverhandlung als auch die Auseinandersetzung des Klägers und seiner Verteidiger mit der Zeugin T seien Gegenstand umfassender medialer Berichterstattung und Erörterung in der Öffentlichkeit gewesen. Auch der Kläger habe hierzu ausführlich öffentlich Stellung genommen.

Der Umstand der Unterbrechung der Hauptverhandlung aufgrund der Reise des Klägers nach Kanada im April 2011 sei keineswegs eine private, von der Öffentlichkeit unbeachtete Angelegenheit gewesen, sondern sie sei Teil des Strafverfahrens gegen den Kläger und der Berichterstattung der Medien über dieses Strafverfahren gewesen.

Bei dem Kläger handele sich aufgrund seiner Medienpräsenz um eine Person der Zeitgeschichte bzw. prominente Person. Als prominente Person habe der Kläger grundsätzlich die identifizierende Berichterstattung über seine Person zu dulden, wenn sie der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen kann, erst recht jedoch, wenn es sich hierbei um skandalöse, sittlich oder rechtlich zu beanstandende Verhaltensweisen handele.

Der Artikel vom 10.4.2011 befasse sich mit Vorgängen, die einerseits unmittelbar dem Prozessgeschehen in einer öffentlichen Sitzung des Landgerichts N unter Beteiligung des Klägers als Angeklagten zuzurechnen gewesen seien. Denn der Beitrag berichte über den Umstand der Gewährung von Prozessurlaub, also der Zubilligung einer Unterbrechung der Hauptverhandlung aus Rücksicht auf familiäre Belange des Angeklagten und hätte zudem die Grundlage der öffentlichen Meinungsbildung zu der Frage dienen können, ob dem Kläger durch das Gericht eine Sonderbehandlung gewährt werde. Andererseits befasse sich der Beitrag mit dem Vorgehen des Klägers gegen die Zeugin T. Auch diese Auseinandersetzung habe die Öffentlichkeit nachhaltig beschäftigt.

Die streitgegenständlichen Fotografien zeigten den bekannten Kläger in einem unmittelbaren Zusammenhang zu dem gegen ihn gerichteten Strafverfahren. Die Bildunterschrift stelle den Zusammenhang zu dem gegen den Kläger gerichteten Strafverfahren unmissverständlich her, wenn es dort heißt: „Endlich Ferien vom Richter“. Bereits die streitgegenständlichen Fotografien seien für sich als Berichterstattung über das Zeitgeschehen anzusehen. Denn sie lieferten den Beleg dafür, dass der Kläger die auf seinen Antrag beschlossene Unterbrechung der Hauptverhandlung, die Gegenstand der Berichterstattung gewesen sei, tatsächlich zu jenem Zweck nutzte, den er bei seinem Antrag als rechtlich zwingend angegeben hatte: er müsse, so die Begründung des Antrags, nach Kanada reisen und seine dort lebenden Kinder besuchen, da er sonst das Umgangsrecht verlieren würde.

Im Rahmen der Berichterstattung über das Strafverfahren habe die Presse auch Bildnisse des Klägers verbreiten dürfen. Diese Bildnisse müssten nicht das zeitgeschichtliche Ereignis des Strafverfahrens abbilden, um Bildnisse aus der Zeitgeschichte zu sein, es genüge vielmehr, dass die Fotografien einen Bezug zu dem Gegenstand der Berichterstattung hätten. Ob das Bildnis dazu diene, die Authentizität der Wortberichterstattung zu unterstreichen oder aber die Aufmerksamkeit des Betrachters des Bildnisses auf den Wortbericht über diese Umstände zu lenken, sei gleichgültig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

I.

Die Klage ist zulässig.

Denn mit der Nennung der ladungsfähigen Adresse in dem Schriftsatz vom 13.3.2013 hat der Kläger den Anforderungen an eine ordnungsgemäß Klage i.S.d. § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO Genüge getan.

II.

Die Klage ist weit überwiegend begründet.

1.

Der Antrag zu 1) ist begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung der streitgegenständlichen Bildberichterstattung gemäß den §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB, 22, 23 KUG.

Die Zulässigkeit der Bildveröffentlichung beurteilt sich nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG (vgl. BGH, GRUR 2009, 150; NJW 2012, 762). Bildnisse einer Person dürfen grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden (§ 22 S. 1 KUG). Das Recht am eigenen Bild ist eine besondere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Daraus ergibt sich, dass grundsätzlich allein dem Abgebildeten die Befugnis zusteht, darüber zu befinden, ob und in welcher Weise er der Öffentlichkeit im Bild vorgestellt wird (st. Rspr.; vgl. BGH, a.a.O.).

Der Kläger hat unstreitig nicht gemäß § 22 S. 1 KUG in die Veröffentlichung der Aufnahmen eingewilligt.

Bei den von der Beklagten abgedruckten Fotos handelt es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG.

Bei der Beurteilung, ob Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG vorliegen, ist eine Abwägung zwischen den Rechten des Abgebildeten aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 EMRK und den Rechten der Presse aus Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK vorzunehmen, weil § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG nach Sinn und Zweck der Regelung und nach der Intention des Gesetzgebers in Ausnahme von dem Einwilligungserfordernis des § 22 KUG Rücksicht auf das Informationsinteresse der Öffentlichkeit und auf die Rechte der Presse nimmt. Dabei ist der Beurteilung ein normativer Maßstab zu Grunde zu legen, welcher der Pressefreiheit und zugleich dem Schutz der Persönlichkeit und ihrer Privatsphäre ausreichend Rechnung trägt (vgl. BGH, a.a.O.).

Der Kläger ist auf Grund seiner langjährigen Tätigkeit als Moderator und aufgrund des gegen ihn gerichteten Strafverfahrens als Person des öffentlichen Interesses anzusehen.

Diese Einstufung hat nach der Rechtsprechung des BVerfG und des EGMR zur Folge, dass über eine solche Person in größerem Umfang berichtet werden darf als über andere Personen, wenn die Information einen hinreichenden Nachrichtenwert mit Orientierungsfunktion im Hinblick auf eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte hat und die Abwägung keine schwerwiegenden Interessen des Betroffenen ergibt, die einer Veröffentlichung entgegenstehen (vgl. BVerfG, GRUR 2008, 539 – Caroline von Hannover; EGMR, Urt. v. 11. 1. 2005, Beschwerde Nr. 50774/99 §§ 27ff. – Sciacca/Italien, und v. 17. 10. 2006, Beschwerde Nr. 71678/01 § 57 – Gourguenidze/Georgien).

Maßgebend für die Frage, ob es sich bei den veröffentlichten Fotos um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG handelt, ist das Zeitgeschehen. Dieses ist vom Informationsinteresse der Öffentlichkeit her zu bestimmen und umfasst nicht nur Vorgänge von historischpolitischer Bedeutung oder spektakuläre und ungewöhnliche Vorkommnisse, sondern ganz allgemein alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Auch durch unterhaltende Beiträge kann Meinungsbildung stattfinden; solche Beiträge können die Meinungsbildung unter Umständen sogar nachhaltiger anregen und beeinflussen als sachbezogene Informationen. Selbst die Normalität des Alltagslebens prominenter Personen darf der Öffentlichkeit vor Augen geführt werden, wenn dies der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen kann (vgl. BGH, a.a.O.).

Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit besteht jedoch nicht schrankenlos. Der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten wird durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt, so dass eine Berichterstattung keineswegs immer zulässig ist. Nicht alles, wofür sich die Menschen aus Langeweile, Neugier und Sensationslust interessieren, rechtfertigt dessen visuelle Darstellung in der breiten Medienöffentlichkeit. Wo konkret die Grenze für das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der aktuellen Berichterstattung zu ziehen ist, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls entscheiden (vgl. BGH, a.a.O.).

Dabei gehört es zum Kern der Pressefreiheit, dass die Presse innerhalb der gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt, in dem sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was öffentliches Interesse beansprucht. Dazu zählt auch die Entscheidung, ob und wie ein Presseerzeugnis bebildert wird. Bildaussagen nehmen an dem verfassungsrechtlichen Schutz des Berichts teil, dessen Bebilderung sie dienen. Eine solche Personalisierung bildet ein wichtiges publizistisches Mittel zur Erregung von Aufmerksamkeit. Sie weckt vielfach erst das Interesse an Problemen und begründet den Wunsch nach Sachinformationen. Prominente Personen stehen überdies für bestimmte Wertvorstellungen und Lebenshaltungen. Sie werden zu Kristallisationspunkten für Zustimmung oder Ablehnung und erfüllen Leitbild- oder Kontrastfunktion. Darin hat das öffentliche Interesse an den verschiedensten Lebensbezügen solcher Personen seinen Grund (vgl. BGH, a.a.O.).

Die Presse- und Informationsfreiheit ist mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht desjenigen abzuwägen, in dessen Privatsphäre die Presse unter namentlicher Nennung und Abbildung eingreift. Durch Abwägung der betroffenen Rechtsgüter ist zu ermitteln, ob das Informationsinteresse der Öffentlichkeit den Eingriff in die Privatsphäre nach Art und Reichweite gestattet und ob dieser in angemessenem Verhältnis zur Bedeutung der Berichterstattung steht. Das Selbstbestimmungsrecht der Presse umfasst nicht auch die Entscheidung, wie das Informationsinteresse zu gewichten ist; diese Gewichtung zum Zweck der Abwägung mit gegenläufigen Interessen der Betroffenen obliegt im Fall eines Rechtsstreits vielmehr den Gerichten (vgl. BGH, a.a.O.).

Je größer der Informationswert für die Öffentlichkeit ist, desto mehr muss das Schutzinteresse dessen, über den informiert wird, hinter den Informationsbelangen der Öffentlichkeit zurücktreten. Umgekehrt wiegt aber auch der Schutz der Persönlichkeit des Betroffenen desto schwerer, je geringer der Informationswert für die Allgemeinheit ist. Das schließt es freilich nicht aus, dass je nach Lage des Falls für den Informationswert einer Berichterstattung auch der Bekanntheitsgrad des Betroffenen von Bedeutung sein kann (vgl. BGH, a.a.O.).

Kommt es mithin für die Abwägung maßgeblich auf den Informationswert der Abbildung an, kann, wenn die beanstandeten Abbildungen im Zusammenhang mit einer Wortberichterstattung verbreitet worden sind, bei der Beurteilung die zugehörige Wortberichterstattung nicht unberücksichtigt bleiben (vgl. BGH, a.a.O.).

Bei der Abwägung ist zu beachten, dass die Garantie der Pressefreiheit nicht allein der Presse, sondern in gleicher Weise dem Schutz des Prozesses öffentlicher Meinungsbildung und damit der Meinungsbildungsfreiheit der Bürger dient. Auch nach der Rechtsprechung des EGMR besteht nur wenig Spielraum, die Gewährleistung des Art. 10 EMRK zurücktreten zu lassen, falls eine Medienberichterstattung einen Bezug zu einer Sachdebatte von allgemeinem Interesse aufweist (vgl. EGMR, NJW 2006, 1645). Dies gilt auch dann, wenn diese Berichterstattung Fotos des Betroffenen beinhaltet, sofern es sich dabei um eine Person des öffentlichen Lebens handelt. Denn eine freie Presse hat die Aufgabe, Informationen und Ideen über alle Fragen von öffentlichem Interesse zu vermitteln, Fragen, welche die Rechtspflege betreffen, eingeschlossen, darf dabei aber bestimmte Grenzen nicht überschreiten. Wäre dies nicht so, könnte die Presse nicht ihre bedeutsame Rolle eines „öffentlichen Wachhundes” spielen (EGMR, NJW 2006, 1645).

Art. 5 Abs. 1 GG gebietet allerdings nicht generell zu unterstellen, dass mit jeder visuellen Darstellung aus dem Privat- und Alltagsleben prominenter Personen ein Beitrag zur Meinungsbildung verbunden sei, der es für sich allein rechtfertigte, die Belange des Persönlichkeitsschutzes zurückzustellen. Bei der Abwägung spielt eine entscheidende Rolle, ob die Presse eine neue und wahre Information von allgemeinem Interesse für die öffentliche Meinungsbildung ernsthaft und sachbezogen erörtert und damit einen Beitrag zu irgendeiner Diskussion von allgemeinem Interesse für Staat und Gesellschaft leistet oder ob der Informationswert für die Öffentlichkeit wesentlich in der Unterhaltung ohne gesellschaftliche Relevanz besteht. Im letzten Fall besteht kein berücksichtigenswertes Informationsinteresse der Öffentlichkeit, das eine Bildveröffentlichung entgegen dem Willen des Abgebildeten erlaubte (vgl. BGH, a.a.O.).

Für die Gewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes bei der Bildberichterstattung sind zudem die Umstände der Gewinnung der Abbildung, etwa durch Ausnutzung von Heimlichkeit oder beharrliche Nachstellung, zu bedenken sowie in welcher Situation der Betroffene erfasst und wie er dargestellt wird. Das Gewicht der mit der Abbildung verbundenen Beeinträchtigungen des Persönlichkeitsrechts ist erhöht, wenn die visuelle Darstellung durch Ausbreitung von üblicherweise der öffentlichen Erörterung entzogenen Einzelheiten thematisch die Privatsphäre berührt. Gleiches gilt, wenn der Betroffene typischerweise die berechtigte Erwartung haben durfte, nicht in den Medien abgebildet zu werden oder die Medienberichterstattung den Betroffenen in Momenten der Entspannung oder des Sich-Gehen-Lassens außerhalb der Einbindung in die Pflichten des Berufs und Alltags erfasst (vgl. BGH, a.a.O.).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze handelt es sich bei den streitgegenständlichen Bildnissen zwar um solche, die von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG erfasst sind, da sie den Kläger im Rahmen seines „Prozessurlaubs“ zeigen und mithin eine Verbindung zu dem gegen ihn gerichteten Strafverfahren und dessen Unterbrechung herstellen und belegen.

Jedoch überwiegen die berechtigten Interessen des Klägers i.S.d. § 23 Abs. 2 KUG, Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG das Berichterstattungsinteresse der Beklagten.

Die beanstandeten Aufnahmen, die den Kläger und seine Ehefrau mit einer Reisetasche am Flughafen zeigen, können für sich keinen besonderen Informationswert beanspruchen, da die hierin allein enthaltene Information, dass der Kläger und seine Ehefrau sich an einem kanadischen Provinzflughafen aufgehalten haben, für die Öffentlichkeit nicht von Bedeutung ist. Ihr Informationsgehalt ist vielmehr in Zusammenschau mit der sie begleitenden Wortberichterstattung, die der Kläger nicht beanstandet, zu bewerten.

Die Wortberichterstattung befasst sich in ihren Überschriften mit dem Thema, dass der Kläger „Endlich Ferien vom Richter“ hat und dass sich „Die Ls auf Prozess-Urlaub in Kanada“ befinden. Ferner wird zu Beginn des Berichts in einem Satz ausgeführt, dass der Verteidiger des Klägers für April eine Prozesspause durchgesetzt habe, damit der Kläger seine Kinder in Kanada besuchen könne.

Vor dem Hintergrund, dass über das Strafverfahren gegen den Kläger in allen Medien umfänglich berichtet wurde und der Kläger sich hieran rege beteiligte, handelte es sich bei der Frage der Unterbrechung des Strafverfahrens für eine nicht unerhebliche Dauer und dem Grund hierfür auch aufgrund der Schwere des Tatvorwurfs um ein berichtenswertes Ereignis des Zeitgeschehens. Die Abläufe in einem Strafverfahren sind zudem einem Bereich zugeordnet, in dem die Presse ihre Funktion als „öffentlicher Wachhund” wahrnimmt. Wird einem Prominenten „Prozess-Urlaub genehmigt“, ist dieser Vorgang geeignet, ein besonderes Interesse zu erwecken. Im Hinblick auf eine etwaige Sonderbehandlung Prominenter im Strafverfahren stellt sich der Vorgang deshalb auch unter dem Aspekt der „Wachhundfunktion” der Presse als berichtenswertes Ereignis dar. Diese Berichterstattung über den „Prozessurlaub“ wird mit der beanstandeten Abbildung belegt und illustriert. Demzufolge beschränkt sich der begleitende Bericht nicht darauf, lediglich einen Anlass für die Abbildung prominenter Personen zu schaffen, ohne dass die Berichterstattung einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung erkennen lässt (vgl. BGH, NJW 2008, 3138).

Demgegenüber ist jedoch zu berücksichtigen, dass sich die Wortberichterstattung primär nicht mit den Gründen für die Prozessunterbrechung, sondern mit den Auseinandersetzungen des Klägers mit Frau T beschäftigt. Der Schwerpunkt der Wortberichterstattung liegt somit nicht in der Diskussion der Frage, weshalb dem Kläger „Prozessurlaub“ gewährt wurde und ob einem Nicht-Prominenten ein solcher nicht gewährt worden wäre. Die Gründe für die Unterbrechung werden nur mit einem Satz zu Beginn des Artikels erwähnt. Der übrige Bericht über die Ankunft in Kanada ist von geringem Informationswert und lediglich unterhaltender Natur.

Ferner zeigt die Aufnahme den Kläger im Urlaub, der auch bei Prominenten zum grundsätzlich geschützten Kernbereich der Privatsphäre gehört (vgl. BGH, GRUR 2007, 527). Hieran ändert auch die Tatsache nichts, dass es sich um einen „Prozessurlaub“ handelt. Denn gerade letztgenannter ist für den jeweils Betroffenen, der während des Prozesses unter ständiger Beobachtung steht, von besonderer Bedeutung, um sich zumindest für den Zeitraum des Urlaubs aus der medialen Öffentlichkeit zurückziehen zu können. Wollte man einem Angeklagten auch diese Möglichkeit der Rückzugsmöglichkeit allein mit dem Argument eines laufenden Strafverfahrens nehmen, würde man einen Angeklagten den Schutz des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts trotz Geltung der Unschuldsvermutung entziehen und ihn auch in Momenten der Privatheit der Medienberichterstattung preisgeben. Das Gewicht der mit der Abbildung verbundenen Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Klägers ist auch erhöht, weil die visuelle Darstellung durch Ausbreitung von üblicherweise der öffentlichen Erörterung entzogenen Einzelheiten – hier des Beginns des Urlaubs – thematisch die Privatsphäre berührt. Zudem konnte der Betroffene, der – wie bereits dargestellt – aufgrund des laufenden Prozesses ständig im Fokus der medialen Berichterstattung stand, die berechtigte Erwartung haben, nicht auch noch auf einem kanadischen Provinzflughafen während seines Urlaubs in den Medien abgebildet zu werden. Überdies zeigen die Aufnahmen den Kläger während der Ankunft auf einem Flughafen zu Beginn eines Urlaubs in einem Moment der Entspannung und des Sich-Gehen-Lassens außerhalb der Einbindung in die Pflichten des Berufs und Alltags – oder hier des Strafverfahrens -.

Zudem ist zu berücksichtigten, dass die Fotos in Unkenntnis des Klägers und damit heimlich gemacht wurden. Aus einem heimlichen oder überrumpelnden Vorgehen kann sich ein besonderer Schutzbedarf ergeben (vgl. BVerfG, NJW 2008, 1793), der hier im Zusammenspiel mit den zuvor genannten Gründen dazu führt, dass die berechtigten Interessen des Klägers i.S.d. § 23 Abs. 2 KUG, Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG das Berichterstattungsinteresse überwiegen.

Die für den Unterlassungsanspruch weiterhin erforderliche Wiederholungsgefahr wird durch die rechtswidrige Erstbegehung indiziert.

2.

Der Antrag zu 2) ist weit überwiegend begründet.

Die geltend gemachten Rechtsverfolgungskosten stehen dem Kläger als Freistellungsanspruch gemäß den §§ 823 Abs.1, 249, 257 BGB in Höhe von 596,30 Euro zu, da die Beklagte durch die streitgegenständliche Veröffentlichung die Persönlichkeitsrechte des Klägers – wie dargelegt – verletzte.

Zu dem wegen einer unerlaubten Handlung zu ersetzenden Schaden zählen auch die notwendigen Rechtsanwaltskosten. Dies sind insbesondere die Kosten eines mit der Sache befassten, soweit sie zur Wahrnehmung der Rechte des Betroffenen erforderlich und zweckmäßig waren. Voraussetzung hierfür ist das der Geschädigte seinem Rechtsanwalt im Innenverhältnis zur Zahlung der in Rechnung gestellten Kosten verpflichtet ist (BGH, NJW-RR 2010, 428, 430).

Dem Kläger ist ein Schaden in Form von Anwaltskosten entstanden der auch adäquat kausal auf der Rechtsverletzung beruht, da die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war.

Es ist auch davon auszugehen, dass eine 1,3 Geschäftsgebühr dem Bemühen der Prozessbevollmächtigten des Klägers Rechnung trägt.

Somit steht dem Kläger ein Kostenerstattungsanspruch in Höhe einer 1,3 Geschäftsgebühr zu. Dieser berechnet sich – entgegen der Auffassung des Klägers – nach einem Gegenstandwert von 40.000,- Euro. Denn nach der gemäß § 3 ZPO zu schätzenden Beeinträchtigung geht die Kammer davon aus, dass dieser Streitwert dem materiellen Interesse des Klägers an der Unterlassung der Bildberichterstattung entspricht.

Aus diesem Gegenstandswert ergibt sich eine Gebühr von 1.172,60 Euro. Hinzuzurechnen ist eine Auslagenpauschale in Höhe von 20,- Euro. Unter Anrechnung der Verfahrensgebühr beläuft sich die Höhe des Anspruchs auf 596,30 Euro.

III.

Die Prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1, 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO. Aufgrund des Vorliegens der Voraussetzungen des § 43 Abs. 1 GKG ist die teilweise Klageabweisung für die Kostenquote nicht von Belang.

Streitwert: 40.000,- Euro

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