Foto eines Prominenten darf nicht veröffentlicht werden – das des Fotografen aber schon

Das LG Köln (09.11.2011, Az. 28 O 225/11) hatte sich mit einer interessanten Fallkonstellation zu befassen. Auf der einen Seite ein bekannter Moderator/Journalist/Unternehmer, der sich gegen Fotos wehrt, die ihn in einer JVA zeigen. Dem Urteil ist bereits eine einstweilige Verfügung vorweggegangen (Az. 28 O 318/10).
Auf der anderen Seite – und vielleicht wesentlich interessanter – gab es hierzu jedoch noch eine Widerklage des beklagten Fotografen. Denn dieser wurde von dem Moderator dabei abgelichtet, wie er in der Nähe der Wohnung des Moderators auf diesen wartet, um Bilder von ihm oder Material für eine Berichterstattung über ihn zu erlangen.

Die Klage des Moderators – was war geschehen

Der Fotograf verschaffte sich Zutritt zu einem Gebäude gegenüber der JVA und schoss ein paar Fotos, die er verkaufte. Die Bilder fand man dann unter anderem mit der Überschrift „Neue Geliebte aufgetaucht – Hat O ihr die Ehe versprochen?“ oder „Bilder der Woche“ in einschlägigen Zeitungen und auf Webseiten wieder.
Dem wurde mittels einer strafbewehrten Unterlassungserklärung sowie Vernichtung der Bilder und Erteilung von Auskunft versucht Einhalt zu gebieten. Die Fotos würden nur den privaten Haftalltag zeigen und verstoßen damit gegen das Recht am eigenen Bild. Der Fotograf sei (auch) als Störer zur Verantwortung zu ziehen.

Das Urteil

Ohne große Verwunderung wurde ein Verstoß gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers und dessen Recht am eigenen Bild anerkannt, da insbesondere keine Einwilligung vorliegt. Es ist kein Bezug zu einem Ereignis der Zeitgeschichte ersichtlich und in Anlehnung an die Caroline von Monaco-Entscheidung ständen der Veröffentlichung der Bilder ein berechtigtes Interesse entgegen.

[Es] ist zu berücksichtigen, dass der Kläger selbst durch seine Inhaftierung keine Möglichkeit hatte, sich weiter in einen privaten Raum zurückzuziehen. Vielmehr war er aufgrund der Umstände gezwungen, den Gefängnishof zu nutzen. Hierbei kommt es auch nicht darauf an, dass der erzwungene Aufenthalt in der Justizvollzugsanstalt nicht dem Zweck dient, dem Individuum Freiräume zu verschaffen, in denen es frei von erzwungener Selbstkontrolle entspannen und Ausgleich von öffentlichen Funktionen und Ämtern erlangen kann. Dass der damalige Aufenthaltsort des Klägers einem solchen Zweck nicht diente, ändert nichts daran, dass ihm dennoch ein allgemeines Persönlichkeitsrecht zusteht, das sich vorliegend in dem Recht auf Schutz der Privatsphäre manifestiert. Denn auch im Rahmen eines Aufenthaltes in der JVA muss ein privater Rückzugsbereich gewährleistet sein (vgl. Urteil des OLG Köln vom 21.12.2010, Az. 15 U 105/10). Dieser Bereich ist daher ebenfalls als Rückzugsbereich anzusehen, der im Rahmen der Bildberichterstattung den Einblicken Dritter grundsätzlich zu entziehen ist, zumal auch der Nachrichtenwert der Lichtbilder von untergeordneter Bedeutung ist.

Ebenfalls wurde die Störereigenschaft des Fotografen anerkannt. Die Bilder wurden in Kenntnis einer beabsichtigten Veröffentlichung der Bilder verkauft und ein Weiterverkauf wurde ebenfalls nicht ausgeschlossen. Seiner Prüfpflicht ist der Fotograf ebenfalls nicht nachgekommen.

Vielmehr begründet vorliegend bereits die heimlich aus großer Entfernung erfolgte Aufnahme des Klägers, der sich in einer Situation der Abgeschiedenheit vor öffentlichen Blicken befand, einen rechtswidrigen Eingriff in das aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers fließende Recht auf Selbstdarstellung, so dass die Bildnisse schon nicht zulässig erstellt wurden. Darüber hinaus mußte der Beklagte als Ersteller der Bilder angesichts der Entstehungsituation der Bilder und angesichts seines eindeutigen Auftrages, Bildnisse des Klägers aus der JVA L zum Zwecke der Bebilderung der laufenden Berichterstattung zu fertigen, damit rechnen, dass diese durch den Auftraggeber zeitnah und ohne zeitgeschichtlichen Bezug veröffentlicht würden. Diese Besonderheiten […] begründen die für die Annahme der Störerhaftung des Beklagten erforderliche Verletzung besonderer Prüf- und Verhaltenspflichten.

Die Widerklage des Fotografenwas war geschehen

Der Fotograf wurde auf einem Foto, das der Moderator in seinem Twitter-Account veröffentlichte, der Öffentlichkeit mit der Bildunterschrift „Der tapfere Wochenend Paparazzo W (BILD) bevorzugt seriöse Presse, wenn man nen Tag auf den Promi wartet“ präsentiert. Das Bild zeigt den Fotografen, wie er in seinem Auto sitzt und eine Zeitung liest.
Dagegen wendet der Fotograf sich ebenfalls mit einer Unterlassungsklage.

Das Urteil

Die Widerklage hat keinen Erfolg gehabt. Das Bild sei von zeitgeschichtlichem Interesse.

Das Foto zeigt den Beklagten, wie er noch während des Laufs des Strafprozesses in der Nähe der Wohnung des Klägers auf diesen wartet, um Bilder von dem Kläger oder Material für eine Berichterstattung über diesen zu erlangen. Es zeigt den Beklagten mithin in Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit. Der Umgang der Medien mit Prominenten, insbesondere die Art und Weise wie die Berichterstattung über Prominente und die Bebilderung derselben erfolgt, ist bereits grundsätzlich von gesellschaftlicher Relevanz und von öffentlichem Interesse, da der Umgang miteinander die gesellschaftlichen Grundlagen berührt. Dieses öffentliche Interesse ist im vorliegenden Fall zudem noch dadurch gesteigert, dass die Berichterstattung über den Kläger, das gegen diesen geführte Strafverfahren aber auch der Umgang der Medien hiermit, ein wesentliches Thema der Jahre 2010 und 2011 war und großen öffentlichen Widerhall gefunden hat. Die Öffentlichkeit hat daher ein Interesse daran zu erfahren, wie diese Berichterstattung zustande kommt. Der Beklagte, wenn auch selbst nicht bekannt, war in seiner Eigenschaft als Journalist und Fotograf– wie auch die Klage zeigt –  an dieser vielfach persönlichkeitsrechtsverletzenden (Bild-) Berichterstattung über den Kläger beteiligt. Dies und seine Arbeitsweise wird durch die streitgegenständliche zeitnah veröffentlichte Fotografie dokumentiert, die geeignet ist, einen wesentlichen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung über die Umstände von Medienberichterstattung zu erbringen. Dieses öffentliche Berichterstattungsinteresse überwiegt das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Beklagten, der überdies auch nicht in seinen berechtigten Interessen verletzt wird (§ 23 Abs. 2 KUG). Das Bildnis zeigt den Beklagten in Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit, weshalb er lediglich in seiner Sozialsphäre betroffen. Diese Arbeit wiederum betrifft unmittelbar den Kläger: auch wenn der Beklagte zum Zeitpunkt des Bildnisses nichts tut, außer auf eine Gelegenheit den Kläger in der Nähe seiner Wohnung zu fotografieren zu warten, so ist dies dennoch Vorbereitungshandlung für weitere journalistische Maßnahmen mit Bezug auf den Kläger. Wenn er durch den Kläger dabei abgelichtet wird, so wird er hierdurch nicht wesentlich in seinen Interessen betroffen.

Die Moral von der Geschicht…

Das Urteil zu Gunsten des wohl allen bekannten Moderators ist nicht sonderlich erstaunlich; es zeigt jedoch erneut auf, dass die Gerichte die persönlichen Rückzugsorte prominenter Personen sehr ernst nehmen.

Aus dem Umstand aber, dass die Öffentlichkeit ein Interesse am Leben prominenter Leute – und besonders am Leben des genannten Moderatos – hat, zu ziehen, dass damit auch ein Interesse an der Art und Weise besteht, wie berichtet wird, ist schon wesentlich interessanter.  Man mag fast sagen: der ein oder andere Paparazzo dürfte sich wohl kaum beschweren …

3 Gedanken zu „Foto eines Prominenten darf nicht veröffentlicht werden – das des Fotografen aber schon“

  1. Hallo, bin durch einen Link der Fotocommunity auf Facebook auf Ihre Seite gestoßen – meine Frage.
    Gibt es auf Ihrer Seite eine Bewertung zur Rechtsituation bei „Konzertfotogarfie“ ?
    (mit dem Begriff „Konzertfotografie“ konnte ich nichts finden)
    Mit freundlichen Grüßen
    Wolfgang Vogt

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