Früchtequark vs. „Das tägliche Glas Milch“ oder: Warum Werbung für Lebensmittel kompliziert ist

Ausgangslage

„So wichtig wie das tägliche Glas Milch!“ sollte ausweislich des Slogans auf einer Verpackung eines Früchtequarks, der primär die Zielgruppe Kinder ansprach, eben dieser Früchtequark sein. Diese Auffassung wurde allerdings vom OLG Stuttgart (Urt. v. 3.02.2011, AZ.: 2 U 61/10; Revision beim BGH, AZ.: I ZR 36/11) nicht geteilt und die konkrete Werbung für den Früchtequark untersagt.

Zwar konnte das OLG Stuttgart keinen Verstoß gegen die VNGA (Verordnung Nr. 1925/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben bei Lebensmitteln) feststellen, denn die VNGA war nach Ansicht des Gerichts nicht einschlägig. Grund: eine gesundheitsbezogene Angabe, wie sie hier vorlag, stellt nicht zwingend gleichzeitig eine nährwertsbezogene Angabe dar. Somit war der Anwendungsbereich der VNGA vorliegend nicht eröffnet. Das Gericht führte dazu aus, dass es sehr von subjektiven Einstellungen abhänge, warum dem Verbraucher etwas „wichtig“ ist.

Allerdings führte letztlich der Vergleich mit dem täglichen Glas Milch trotzdem dazu, dass diese Werbung verboten wurde. Denn ausgerechnet mit dem Verweis auf Milch wird bei dem Verbraucher die Erwartung geweckt, der Früchtequark sei – so man ihn regelmäßig konsumiert – ähnlich gesund wie Milch. Damit musste sich die Aussage an § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 11 Abs. 1 LFBG messen lassen, was dieser nicht bekam, weil das Gericht eine Irreführung bejahte:

Durch die Bezugnahme werde der Verkehr davon ausgehen, dass der Früchtequark ähnliche Vorteile für die Ernährung aufweise, wie Milch, und dies insbesondere bei Kindern. Zudem werde der Verbraucher annehmen, dass keine Nachteile, insbesondere für Kinder, bei einem regelmäßigen Konsum des Quarks verbunden sind. Das Problem hier: der Früchtequark enthielt gegenüber einem Glas Milch fast das Dreifache an Zucker und damit auch deutlich mehr an Kalorien. Damit lag für das Gericht die Gefahr einer Fehlvorstellung bezüglich des Zuckergehalts und folglich eine relevante Irreführung für den Verkehr vor.

Übrigens:

Dem Hersteller hat auch nicht geholfen, dass sich an der Seite der Verpackung eine Nährwerttabelle befand, aus der sich der Zuckergehalt ergab, weil die Irreführung gerade aus dem Vergleich mit der Milch resultierte. Einmal mehr bewahrheitet sich damit, dass in der Bewerbung von Lebensmitteln extreme Umsicht geboten ist.

(Bild: © adimas – Fotolia.com)

[box type=“info“ size=“medium“] Dieser Beitrag wurde von unserer Gastautorin Simone Bötcher, LL.M. verfasst. Sie ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Gewerblichen Rechtsschutz. Als Gesellschafterin von BD&F Rechtsanwälte, Kanzlei für Medien, IT & Werbung, betreut sie vorwiegend Unternehmen des E-Commerce und der Werbebranche in allen Fragen des Marken-, Wettbewerbs- und Geschmacksmusterrechts, meist mit Bezug zum Internet. Das Urheber- und Medienrecht bildet einen weiteren Schwerpunkt Ihrer Tätigkeit. Diese Materie auch Nichtjuristen zugänglich zu machen, ist Simone Bötcher angesichts der zunehmenden Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit diesen Themen gegenüber ein großes Anliegen; Einblick in alle Bereiche dieser Rechtsgebiete gibt sie Praktikern vorzugsweise in Workshops und Inhouse-Schulungen. [/box]

3 Gedanken zu „Früchtequark vs. „Das tägliche Glas Milch“ oder: Warum Werbung für Lebensmittel kompliziert ist“

    • Hallo,

      es gibt keinen. Wir haben es daher auch in die Kategorie „Über den Tellerrand“ sortiert. Wir testen gerade, inwieweit auch themenübergreifende Artikel bei den Lesern ankommen. Daher danke für den Kommentar.

      Viele Grüße

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  1. Ja, das Lebensmittelrecht ist recht kompliziert und für einen Laien nicht immer ganz verständlich und daher finde ich solche Artikel, außerhalb der Fotorecht Thematik, nicht schlecht.

    Hin und wieder was interessantes aus anderen Rechtsgebieten, kann hier bestimmt nicht schädlich sein. Ich denke eher, dass man dann allgemein ein Gefühl für das Rechtssystem an sich bekommt.

    Da gibt es ja noch viel Aberglaube und Mythen die immer wieder aufkommen, z.B der, dass wenn man Recht hat auch Recht bekommt…

    Also ich fände es gut.

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