Die Verbreiterhaftung – was ist das?

Der Grundgedanke der Verbreiterhaftung lautet kurz und knapp: Niemand solle sich der (äußerungsrechtlichen) Haftung entziehen können, indem er für eine Aussage nicht eigene, sondern fremde Worte oder Bilder wählt.

Wenn also auf der eigenen Homepage oder Facebookseite ein persönlichkeitsrechtsverletzendes Bild –  am besten noch mit herabwürdigendem Text – aufzufinden ist, welches man jedoch nicht selbst eingestellt hat, darf man sich schon nach der Haftung fragen. Für die Fernsehleute unter uns: gleiches gilt bei Interviews oder auch Diskussionen. Dabei ist man oftmals mit einem Bein bereits in der Haftung wenn man nicht aufpasst.

Die Kriterien für die Reichweite der Verbreiterhaftung

Die Verbreiterhaftung ist enger gefasst, als die sog. Störerhaftung. Um als „Verbreiter“ zu haften, muss man sich fremde Inhalte „zu Eigen machen“. Man könnte auch sagen, der Verbreiter muss sich fremde Aussagen zurechnen wollen und/oder lassen.

Es muss also berücksichtigt werden, ob und wie viel Einfluss auf den Inhalt besteht, der verbreitet wird. Dabei ist es unerheblich, was verbreitet wird; also ob dies beispielsweise ein Text, ein Bild oder ein Hyperlink ist. Je mehr Einfluss besteht, desto eher haftet man. Es ergeben sich folgende wichtige Punkte, die dabei zu berücksichtigen sind:

1. Zumutbarkeit der Prüfung

Jedem einleuchten wird die Tatsache, dass man nicht haften muss, wenn eine Überwachung neuer Inhalte (beinahe) unmöglich ist. Unzumutbar ist eine Haftung insbesondere dann, wenn der Betreiber andernfalls seine Seite schließen müsste.

2. Grad der Identifikation und Erkennbarkeit als fremde Äußerung

Simpel gesagt kann man sich die Frage stellen: ist auf Anhieb erkennbar, dass nur eine fremde Äußerung wiedergegeben wird, oder stellt man sich selbst hinter die Äußerung?

3. Das öffentliche Interesse

Eine Einschränkung der Haftung wird geboten sein, wenn an der Verbreitung der Äußerung in Text- oder Bildform ein öffentliches (Informations-)Interesse besteht.

Der Einzelfall …

Ob man schlussendlich selbst haften muss, kommt wie so oft ganz auf den Einzelfall an. Bei Live-Diskussionen sind die Voraussetzungen weniger streng zu sehen als bei (Bild)Zitaten, die genutzt werden, um eigene oder fremde Ansichten zu verstärken.

Grundsätzlich wird verlangt, dass man fremde Äußerungen prüft und ggf. löscht. Auch besteht teilweise die Möglichkeit, sich von fremdem Äußerungen ausdrücklich und ernsthaft zu distanzieren.

Die Gegenwehr

Wenn man selbst „Opfer“ ist – weil jemand etwas Falsches über einen verbreitet oder weil man vielleicht durch die Veröffentlichung eines Bildes erniedrigt wird – so hat man eventuell mehrere Ansprüche, die wir auch in weiteren Artikeln näher erläutern. Zu nennen wären:

Zusammengefasst gesagt …

Wenn Fremden die Möglichkeit gegeben wird, sich zu äußern (Kommentare, Foren, Facebook-Fansite etc.) sollte man immer ein Augen darauf haben, was genau geschrieben und verlinkt wird.

Denn wenn die Verbreiterhaftung nicht zur Geltung kommt, bleibt die Möglichkeit bestehen im Rahmen der weiter gefassten Störerhaftung zur Rechenschaft gezogen zu werden.

(Bild: © imageteam – Fotolia.com)

2 Gedanken zu „Die Verbreiterhaftung – was ist das?“

  1. Lieber Herr Wagenknecht,
    Sie schreiben zum Thema „Verbreiterhaftung“:
    „2. Grad der Identifikation und Erkennbarkeit als fremde Äußerung
    Simpel gesagt kann man sich die Frage stellen: ist auf Anhieb erkennbar, dass nur eine fremde Äußerung wiedergegeben wird, oder stellt man sich selbst hinter die Äußerung?“
    Bedeutet das: Wenn ich jemanden klar erkenntlich zitiere (ob im Web oder in einer Zeitung), dann bin ich ich immer aus dem Schneider, weil nur der Zitierte für seine Aussage verantwortlich ist? Nach meiner Erkenntnis hat aber das „Haarfärbe“-Interview über Ex-Kanzler Schröder zu einem höchstrichterlich entgegengesetztem Urteil geführt.
    Ich freu mich auf eine Antwort.

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  2. Hallo Herr Wraneschitz,
    bei dem Streit bzgl. der Haarfärbung von Schröder ging es um die (Über)Prüfungspflichten von Nachrichtenagenturen. In dem speziellen Fall hätte diese prüfen müssen, ob an der Aussage etwas dran ist, oder nicht. Da dies nicht gemacht wurde, wurden die Prüfpflichten verletzt und daraus ergab sich die Haftung. Bei Interviews hat man vielleicht nicht immer die Möglichkeit, auf den Inhalt einfluss zu nehmen. Doch kann und muss man diesen nachhaltig überprüfen. Zumindest wenn sich Zweifel ergeben (können) = Zumutbarkeit. 

    Deswegen scheiterte es bereits an der Zumutbarkeit der Prüfung (Punkt 1).

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