Urheberrechtsschutz von Briefmarken

In allerlei Stockfotoagenturen und Fotografieforen kann man Abbildungen von Briefmarken finden. Unabhängig davon ob sie das zentrale Motiv oder nur ein optisches Beiwerk darstellen sollen, stellt sich die Frage nach der urheberrechtlichen Schutzfähigkeit und entsprechenden Folgen einer möglicherweise unzulässigen Abbildung. Hinsichtlich deutscher Briefmarken und der Rechtslage in Deutschland soll an dieser Stelle ein kleiner Überblick gegeben werden.

Ohne die einzelnen Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Urheberrechtsgesetz (UrhG) tiefergehend zu beleuchten, soll die urheberrechtliche Schutzfähigkeit von Briefmarken zunächst angenommen werden. Es handelt sich also um eine persönliche geistige Schöpfung. Dies ist bisher auch nahezu einhellige Meinung in Literatur (Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, 5. Aufl., Rdnr. 581, m.w.N.) und Rechtsprechung (LG München, Urteil v. 10.03.1987, Aktz.: 21 S 20861/86).

Entscheidend für den Erhalt des Schutzes ist allerdings die Frage, ob es sich bei den Marken um amtliche Werke im Sinne des § 5 UrhG handelt. Würde man dies annehmen, so wären Briefmarken vom Urheberschutz ausgenommen, obwohl es sich um persönliche geistige Schöpfungen handelt (vgl. Gemeinfreiheit – Werke ohne Urheberrechtsschutz). An dieser Stelle gehen die Meinungen auseinander.

Rechtsprechung

Von der bisherigen kargen und mittlerweile in die Jahre gekommenen Rechtsprechung werden Briefmarken als amtliche Werke und damit als gemeinfrei angesehen (LG München, a.a.O.). Die Entscheidung des LG München wurde darauf gestützt, dass Briefmarken zum Zeitpunkt der Entscheidung noch im Amtsblatt des Bundespostministers (aufgelöst zum 1. Januar 1998, seitdem herausgegeben vom Bundesministerium der Finanzen, Referat Postwertzeichen) veröffentlicht wurden. Mittlerweile werden neue Postwertzeichen „nur“ noch auf der Website des Finanzministeriums bekanntgegeben. Folgt man also der Meinung der Rechtsprechung, steht einer freien Verwendung wie z.B. der Vervielfältigung nichts entgegen.

Literatur

Anders sieht dies jedoch die überwiegende Literaturmeinung (Dreier/Schulze, Kommentar zum Urheberrechtsgesetz, 3. Auflage, § 5 Rdnr. 10, m.w.N.). Sinn und Zweck der Ausnahme bestimmter Werke vom urheberrechtlichen Schutz ist die möglichst weite Verbreitung selbiger. Damit wird grundsätzlich dem Interesse der Allgemeinheit entsprochen, Kenntnis von den Werken zu erlangen, während das Interesse des Schöpfers am Schutz seines Werkes zurücktreten muss. Das Urheberrecht soll der Möglichkeit, sich solche Werke frei verschaffen zu können, nicht entgegenstehen. Briefmarken hingegen werden nicht zum Zwecke der Kenntnisnahme verteilt, sondern haben einen konkreten Verwendungszweck – den der Frankierung von Briefen. Briefmarken sollen daher Urheberschutz genießen, wie andere Werke auch und nicht als gemeinfrei gelten.

Fazit

Diese Uneinigkeit führt, wie so oft, zu Unsicherheiten. Eine eindeutige Einschätzung, ob Briefmarken als gemeinfreie Werke anzusehen sind, bleibt daher an dieser Stelle aus. Allerdings ist die Argumentation der Stimmen in der Literatur schlüssig und gewährt dem Schöpfer der Briefmarken den angemessenen Schutz, den auch jeder andere Urheber grafischer Werke genießt. Briefmarken als amtliche Werke anzusehen, wie es in der Rechtsprechung bisher geschehen ist, widerspricht den amtlichen Interessen und stuft Postwertzeichen als reine Informationsträger ein, was sie tatsächlich nicht sind. Ob sich diese Ansicht jedoch auch in der Rechtsprechung durchsetzen kann, bleibt abzuwarten.

11 Gedanken zu „Urheberrechtsschutz von Briefmarken“

  1. Eine Briefmarke sehe ich als Allgemeingut, das eigentlich gemeinfrei sein sollte. Eine Urheberechtsdiskussion und die jüngere Rechtsprechung lässt jeden Philatelisten, der seine Sammlung einem breiteren Publikum bekannt machen will, in eine Grauzone gleiten. Es dürften dann keine deutschen Briefmarken mehr im Internet vorgestellt werden, ohne daß es zu Diskussionen und Rechtsstreitigkeiten kommt. Was sollen denn Briefmarkenhändler machen, die deutsche Marken in ihrem Onlineshop zum Kauf anbieten? Urheberechtsgebühren zahlen? An wem?
    Der deutschen Post AG, als Rechtnachfolger der Bundespost? Dem Künstler, der das Markenmotiv schuf?
    Die Briefmarkenmotive sind doch in der Regel Auftragswerke, die im Auftrag der Post entstanden sind.
    Private Sammler, die keine kommerziellen Interessen verfolgen, sollten vor solchen Urheberrechtsschutzdiskussionen geschützt sein. Für Betreiber von Onlineshops sollten gewisse Regeln gelten; z.B. Die betreffenden Markenmotive werden erst sichtbar, wenn sie sich eingeloggt haben, analog dem Betreten des Verkaufsraumes eines Briefmarkengeschäftes.

    Antworten
  2. Hallo Herr Hudak,

    ich persönlich teile Ihre Ansicht. Derzeit ist die Rechtsprechung ebenfalls dieser Ansicht und sieht Briefmarken als gemeinfrei an. Da die Rechtsprechung für die Praxis das Maß der Dinge ist, sollte sich derzeit kein Philatelist Sorgen machen.

    MfG
    D. Tölle. 

    Antworten
  3. Der Urheberschutz bezieht sich doch einzig und allein auf das abgebildete Briefmarkenmotiv, sehe ich das richtig? Das heißt also, dass Marken, die Werke aus der Bildenden Kunst zeigen, deren Urheber bereits länger als 70 Jahre tot sind, ohnehin nicht strittig sind, oder?
    Vielen Dank im Voraus für Ihre Antwort.

    Antworten
  4. Wenn Briefmarken gemeinfreie amtliche Werke wären, wäre ich der erste, der sie kopiert. Und zwar 1 : 1. Und dann ab die Post ;-).
    Es gibt inzwischen eine neue Entscheidung des LG Berlin „Loriot-Briefmarken in Wikipedia“, die sich auf die in der Literatur vertretene Meinung stützt. Hierzu ein Kommentar mit weiterem Link auf den Volltext:
    http://www.telemedicus.info/article/2338-LG-Berlin-Erbin-verbietet-Loriot-Briefmarken-in-Wikipedia.html
    MfG
    Johannes
    PS: Das Urheberrechtsgesetz unterscheidet nicht zwischen Vervielfältigungen mit dem Ziel, möglichst identische Kopien herzustellen, und Vervielfältigungen zwecks Abbildung in Broschüren.
     

    Antworten
  5. Wie ist die Rechtslage denn bei verwendeten Briefmarken mit lesbarem Stempel?

    Meiner Meinung nach sind die Briefmarken dann Quittungen für erbrachte (Post-)Dienstleistungen, oder nicht?

    Darf so ein Beförderungs-Beleg abgebildet werden?

    Oder hat die Post AG auch einen Urheberschutz für offizielle Stempel auf verwendeten Briefmarken?

    MfG, fragende

    Antworten
    • Hallo Frau Dickel,
      das ist zumindest ein interessanter Gedankengang. Rechtsprechung die dies in der Form bestätigt, ist mir allerdings nicht bekannt, so dass ich Ihnen dazu keine verbindliche Antwort geben kann. Vielmehr scheint die Rechtsprechung dazu zu tendieren, dass jedenfalls die Marken nicht (immer) als gemeinfrei anzusehen sind.
      Mit freundlichen Grüßen
      Dennis Tölle

      Antworten
  6. Guten Tag Herr Tölle,
    Briefmarken sind im Prinzip ja vergleichbar wie Münzen. In der Regel erwirkt der Künstler des jeweiligen Motivs einen Urheberrechtsschutz. Das Bundesfinanzministerium hat sich dieses Recht bei Münzen abtreten lassen. Wenn ich jetzt Münzen z.B. 2 Euro-Münzen, welche mein Eigentum sind, in einen Kunststoffring presse, ohne die Münze zu beschädigen, habe ich dann das Urheberrecht verletzt ?. Bei einem Kunstwerke wäre dies der Fall. Dazu gibt es auch schon Urteile. Bei einer Münze, welche in sehr hohen Stückzahlen produziert werden und ich Eigentümer der Münze bin, sehe ich dies etwas anders. Dazu gibt es auch ein einschlägiges rechtskräftiges Urteil zum Urheberrecht von Briefmarken des Landgerichts München (AZ 21 S 20861/86). Dieses besagt, dass durch die Aufnahme in ein Amtsblatt – dies ist bei Münzen durch die Veröffentlichung im Register der Fall, amtliche Werke gemeinfrei sind. Können Sie dies so bestätigen oder muss ich hier noch etwas anderes wichtiges beachten. Münzen werden seit 40 Jahren in irgendeiner Form verändert – egal ob mit Farbe, Teilcolorierung etc. In meinem Verfahren veränderte ich noch nicht mal die Münze. Ich presse diese ganz einfach in einem oder zwei umlaufende Ringe. Ähnlich wie die 5 Euro Münze.

    Antworten
    • In dem Urheberrechtskommentar Schricker/Loewenheim/Katzenberger findet sich dieser Satz zu § 5 Abs. 2 UrhG, den ich im Internet mehrmals zitiert und kommentiert habe: „Dem amtlichen Interesse geradezu zuwider liefe eine Anwendung des Abs. 2 auf Banknoten, Münzen, Postwertzeichen (Briefmarken), Wappen der öffentlichen Gebietskörperschaften und sonstige künstlerisch gestaltete Hoheitszeichen …“. Die Suche mit dem Textfragment „Dem amtlichen Interesse geradezu zuwider“ mit Anführungszeichen liefert Beiträge, die den Einstieg in die weitere Diskussion unterstützen könnten.

      PS: Mein Beitrag hier vom 3. September 2013 war durchaus ernst gemeint ;-).

      Antworten

Schreibe einen Kommentar