Deckelung der Abmahnkosten und Streitwert 5.000,- Euro bei unerlaubter Verwendung einer Grafik im Internet, § 97a Abs. 2 UrhG

Endlich mal wieder ein Urteil zum „neuen“ Paragraphen § 97a Absatz 2 UrhG (Urhebergesetz), in dem die Deckelung der Abmahnkosten auf 100,- Euro festgelegt ist. Der Paragraph im Wortlaut:

„Der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen für die Inanspruchnahme anwaltlicher Dienstleistungen für die erstmalige Abmahnung beschränkt sich in einfach gelagerten Fällen mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs auf 100 Euro.“

Das Urteil kommt allerdings im vorliegenden Fall zum Ergebnis, dass diese Regelung nicht zur Anwendung kommt.

Worum geht es?

Der Beklagte hatte eine Grafik des Klägers auf seiner Homepage verwendet, ohne diesen um Erlaubnis zu fragen. Der Kläger musste zunächst klären, ob der Beklagte damit tatsächlich gegen sein Urheberrecht verstieß. Als er dies bejahen konnte, mahnte er den Beklagten ab. Es geht zwar nicht unmittelbar aus dem Urteil hervor, aber das heißt in der Regel, er forderte ihn dazu auf,

  • die Grafik nicht weiter zu verwenden,
  • eine entsprechende Unterlassungserklärung zu unterschreiben,
  • sich darin auch zur Zahlung einer Vertragsstrafe bei erneuter Veröffentlichung der Grafik zu verpflichten,
  • die Kosten für die Abmahnung und
  • Schadensersatz für die Verwendung der Grafik zu zahlen

Dem Urteil nach legte der Kläger dabei einen Streitwert von 5.000,- Euro zugrunde und forderte 1.000,- Euro Schadensersatz. (Aus dem so genannten „Streitwert“, der auch „Gegenstandswert“ genannt wird, errechnen sich die Gebühren für den Anwalt und das Gericht; der Streitwert richtet sich kurz gesagt danach, welches wirtschaftliche Interesse der Kläger an der Grafik hatte.)

Wie entschied das Gericht?

Das Gericht hielt den Streitwert ohne weitere Begründung für angemessen. Auch der Schadensersatz sei angemessen, habe der Kläger die Grafik doch seinerseits vor Jahren für über 500,- Euro erworben.

Eine Deckelung der Abmahnkosten komme nicht in Frage: Nach der oben bereits zitierten Norm müssten nämlich die folgenden vier Voraussetzungen gegeben sein:

  1. erstmalige Abmahnung
  2. einfach gelagerter Fall
  3. unerhebliche Rechtsverletzung
  4. außerhalb des geschäftlichen Verkehrs

Der Fall sei aber nicht einfach gelagert gewesen, da der Kläger erst „umfangreiche Nachforschungen“ anstellen musste, um die Urheberrechtsverletzung festzustellen.

Außerdem habe der Beklagte seine Internetseite „auch mit kommerziellen Seiten verlinkt“. Die Rechtsverletzung habe also nichtaußerhalb des geschäftlichen Verkehrs stattgefunden.

Das verwundert auf der einen Seite, denn aus der Gesetzesbegründung für § 97a Abs. 2 UrhG findet sich noch folgende Erwägung:

Die Regelung soll dabei insbesondere Fallgestaltungen wie die folgenden erfassen:

  • öffentliches Zugänglichmachen eines Stadtplanausschnitts der eigenen Wohnungsumgebung auf einer privaten Homepage ohne Ermächtigung des Rechtsinhabers;
  • öffentliches Zugänglichmachen eines Liedtextes auf einer privaten Homepage, ohne vom Rechtsinhaber hierzu ermächtigt zu sein;
  • Verwendung eines Lichtbildes in einem privaten Angebot einer Internetversteigerung ohne vorherigen Rechtserwerb vom Rechtsinhaber.

[Quelle: Bundestags-Drucksache 16/8783 (pdf), hier S. 49 und 50]

Das klingt ja eigentlich ganz nach dem obigen Fall.

Leider kann dem Urteil nicht entnommen werden, wie es zu den „umfangreichen Ermittlungen“ gekommen ist und warum diese tatsächlich nötig gewesen sind. Denn eigentlich ist die Sache ja klar: Da wird ein Bild auf einer Homepage verwendet, das mir „gehört“, und dem Betreiber der Homepage habe ich das nicht gestattet. Also: Urheberrechtsverletzung.

Und auch zur „Verlinkung mit kommerziellen Seiten“ macht das Gericht keine weiteren Auskünfte. Es ist bekannt, dass bereits ein Werbelink, für den üblicherweise Geld verlangt werden kann, zur Gewerblichkeit führen kann. Aber dann hätte ich mir etwas mehr Ausführungen zu diesem Thema gewünscht. Allein ein „Link“ auf eine gewerbliche Seite kann es doch nicht gewesen sein. Insbesondere in redaktionell gehaltenen Texten, in denen beispielsweise über ein gewerbliches Angebot informiert und auch darauf verlinkt wird, muss in meinen Augen nicht unbedingt eine Handlung im geschäftlichen Verkehr vorliegen.

Vielleicht liest das hier ja der Kollege, der die Entscheidung erstritten hat und kann Licht ins Dunkel bringen. Zum nachlesen gehts hier zur Entscheidung.

[box type=“info“ size=“medium“] Dieser Beitrag wurde von unserem Gastautor Sebastian Dosch verfasst. Er ist seit 1999 Rechtsanwalt und seit 2007 Fachanwalt für Informationstechnologierecht (IT-Recht). Berufserfahrung hat er nicht nur als Anwalt gesammelt, sondern auch in IT-Unternehmen, in der Softwareentwicklung, als Internet-Manager für einen Fachverlag und im Bereich Electronic Publishing. Dabei ist er darauf bedacht, sich nicht hinter juristischem Fachchinesisch zu verstecken, sondern Klartext zu reden. Hier hilft ihm seine jahrelange Erfahrung als freier Mitarbeiter einer Lokalzeitung und seine ausgesprochene Liebe gegenüber der deutschen Sprache. Folgerichtig nennt sich sein Blog auch “kLAWtext” [http://www.klawtext.de]. [/box]

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