Beweis und Vermutung der Urheberschaft an Bildern

Ein großer Streitpunkt der Fotorechtspraxis ist der der Urheberschaft eines Werkes – hier konkret: des Fotos. Egal ob die Urheberschaft nun bestritten oder für sich beansprucht wird, im Streitfall muss diese Frage vor Gericht geklärt werden. Daher im Folgenden ein kleiner Auszug, wonach sich der Anschein der Urheberschaft richten kann.

Ausgangspunkt ist zunächst der § 10 Abs. 1 UrhG. Urheber ist demnach,

Wer auf den Vervielfältigungsstücken eines erschienenen Werkes oder auf dem Original eines Werkes der bildenden Künste in der üblichen Weise als Urheber bezeichnet ist.

Hier wird also eine gesetzliche Vermutung aufgestellt. Die Vermutung geht nur der Frage nach, wer Urheber ist. Nicht erfasst ist, ob das Werk auch urheberschutzfähig ist.
Die Vermutung ist jedoch durch Beweis widerlegbar. In § 10 Abs. 1 UrhG wird damit eine sogenannte Beweislastumkehr begründet. Als Beispiel seien hier Ghostwriterfälle zu nennen. Der Ghostwriter wird schon dem Sinn nach nicht im Zusammenhang mit dem Werk genannt und solange nicht als Urheber anerkannt, wie er den Gegenbeweis nicht erbringen kann. § 10 Abs. 2 UrhG enthält eine weitere Vermutung. So gilt bei fehlender Bezeichnung des Urhebers der bezeichnete Herausgeber als zur Geltendmachung der Rechte ermächtigt. Ist auch dieser nicht auf dem Bild bezeichnet, kommt es auf den bezeichneten Verleger an.
Die Vermutung des § 10 Abs. 1 UrhG gilt auch für Inhaber ausschließlicher Nutzungsrechte, wie § 10 Abs. 3 UrhG klarstellt.

Praxisfälle

Nun ergibt sich das Problem, dass der Urheber häufig weder durch Unterschrift noch Kürzel oder ähnlichem auf Fotos konkret bezeichnet ist. Daher sollen drei Fälle aus der Praxis einen Eindruck vermitteln, wann dem Fotografen die Urheberschaft – zumindest aufgrund des Anscheins – zugesprochen wurde.

Ein Fall ist der des LG Frankfurt (Urt. v. 20.02.2008, Az 2-06 O 247/07, 2/06 O 247/07, 2-6 O 247/07, 2/6 O 247/07). Darin wird beschrieben, dass der vermeintliche Urheber nicht auf dem Foto selbst vermerkt sein muss, sondern ein Copyrightvermerk auf der Homepage, auf der die Bilder veröffentlich werden, ausreichen würde (vgl. Dreier/Schulze, 2. Aufl., § 10 Rd. 13):

Die Vermutung der Urheberschaft gemäß § 10 Abs. 1 UrhG kann auf einen Copyright-Vermerk gestützt werden, sofern dieser Vermerk eine natürliche Person – zumindest auch – namentlich angibt.

Der nächste Fall wurde vom LG München (Urt. v. 21.05.2008, Az 21 O 10753/07) entschieden. Als Anschein der Urheberschaft reiche aus, wenn der Fotograf „seine“ Bilder jemand anderem – vor Veröffentlichung – auf Datenträgern gesichert übergeben hat, damit er diese dann veröffentlichen kann. Diese Datenträger bzw. die Hüllen wurden im konkret zu entscheidenden Fall zudem mit dem Namen des Fotografen versehen und konnten damit ebenfalls dazu beitragen, dass ihm die Urheberschaft anerkannt wurde. Als weiterer Grund wird angeführt, dass der Fotograf eine Serie an zusammenhängenden Fotos vorlegen konnte.

Kann ein Fotograf eine ganze Serie von zusammenhängenden Fotos vorlegen, spricht ebenfalls ein erster Anschein dafür, dass sämtliche Fotos dieser Fotoserie von ihm stammen. […] Entscheidend ist jedenfalls, dass die vorgelegten Fotos als Teil einer Fotoserie erkannt werden können.

Nicht ausreichend für den Anscheinsbeweis sind interessanterweise die Angaben der im Foto gespeicherten Meta- bzw. EXIF-Daten. Dies erscheint jedoch sinnvoll, da sie zu leicht durch Software manipuliert werden können und keinen wirklichen Schluss auf den Urheber zulassen. Aus wohl denselben Gründen wurden auch die „Hot Pixel“ – der „Fingerabdruck“ einer Digitalkamera – als nicht zulässig angesehen.

Zuletzt ein Fall des AG Düsseldorf (Urt. v. 18.08.2009, Az 57 C 14613/08). Hier wird in Anlehnung an das oben genannte Urteil des LG München der Anschein der Urheberschaft zugunsten des Fotografen ausgesprochen, wenn dieser die Original-Negative vorlegen kann. Insbesondere, wenn diese offensichtlich aus einer Foto-Serie stammen:

Wenn nun der Kläger als Fotograf in der Lage ist, eine Vielzahl von Original-Negativen von einem Shooting vorzulegen, deutet dies zumindest bei gewöhnlichem Lauf der Dinge darauf hin, dass er bei diesem Shooting der Fotograf war.

Fazit

Die mögliche Erwartung, mit den üblichen technischen Mitteln wie EXIF-Daten oder „Hot Pixeln“ die Urheberschaft an Bildern eindeutig nachweisen zu können, wird von der derzeitigen Rechtsprechung enttäuscht. Liegt keine Urheberbezeichnung auf dem Bild vor, so sind es vielmehr Faktoren wie die Rahmenbedingungen der Weitergabe und das Umfeld in dem die Bilder veröffentlicht werden, die für oder gegen den Anschein der Urheberschaft sprechen.

(Foto: © picturia – Fotolia.com)

15 Gedanken zu „Beweis und Vermutung der Urheberschaft an Bildern“

  1. Ein wichtiger Punkt ist m. E. noch, dass  die Anwendbarkeit des § 10 auf Copyrightvermerke auf lediglich ins Internet gestellten Werken von der herrschenden Meinung abgelehnt wird, weil es am Tatbestandsmerkmal der Vervielfältigungsstücke fehlt. Lt. § 10 UrhG wird nur, wer auf den körperlichen Vervielfältigungsstücken eines erschienenen Werkes oder auf dem Original eines Werkes der bildenden Künste in der üblichen Weise als Urheber bezeichnet ist, bis zum Beweis des Gegenteils als Urheber des Werkes angesehen. Oder hat sich das inzwischen geändert?
    MfG
    Johannes

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  2. Die RAW Datei als Beweis vorlegen zu sollen ist relativ witzlos,
    da häufig mit JPEGs direkt aus der Kamera gearbeitet wird.
    (Z.B. wo sehr viele Bilder in kurzer Zeit gemacht werden)
    Was sollten dann diejenigen machen in deren workflow keine
    intermediären RAW Dateien verwendet werden?

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  3. Kann der § 10 UrhG nur zum Nachweis der tatsächlichen Urheberschaft herangezogen werden oder könnte damit auch nachgewiesen werden, dass ein Bildnutzer die erforderliche Sorgfalt bei der Feststellung des Urhebers hat walten lassen, so dass die Nutzung eines mit CC-Lizenz versehenen Bildes und Angabe des vermeintlichen Urhebers nicht mehr als schuldhaft oder fahrlässig angesehen würde.

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