Das Recht am eigenen Bild

Aus den Rechten, die das Model bzw. die abgebildete Person am gemachten Bild hat (das „Recht am eigenen Bild“) ergeben sich gleichzeitig die Einschränkungen, denen sich der Fotograf unterwerfen muss, um keine Rechtsverletzung zu begehen und eventuellen Schadensersatzansprüchen ausgesetzt zu sein.

Das Recht am eigenen Bild: Ein spezielles Persönlichkeitsrecht

Das Recht am eigenen Bild ist als besondere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts im Kunsturhebergesetz (KunstUrhG) festgesetzt. Gem. § 22 Satz 1 KunstUrhG dürfen Abbildungen einer (erkennbaren) Person grundsätzlich nur dann verbreitet oder zur Schau gestellt werden, wenn deren Einwilligung vorliegt. Das Gesetz setzt in der gleichen Norm bereits fest, dass eine Einwilligung der abgelichteten Person vermutet wird, wenn diese für das Abbilden eine Entlohnung erhält. Dies bedeutet, dass das Model bei Bezahlung explizit einer Verwendung widersprechen muss, da ansonsten die gesetzliche Vermutung greift, sie habe zugestimmt.

Ausnahmen von der Einwilligungspflicht

Vom genannten Grundsatz der Einwilligungspflicht gibt es jedoch einige Ausnahmen. Diese Besonderheiten des Rechts am eigenen Bild sind in § 23 Abs. 1 KunstUrhG normiert. So können Bildnisse auch ohne Einwilligung veröffentlicht werden, wenn eine der folgenden Ausnahmen einschlägig ist:

1. Bildnisse der Zeitgeschichte:

Nach aktueller Rechtsprechung kommt es bei der Beurteilung, ob es sich um eine Abbildung der Zeitgeschichte handelt, stärker auf den Kontext der Berichterstattung als auf die abgebildete Person an. Jedoch ist der Begriff weit zu fassen, da es im Rahmen der Informationsfreiheit ein großes Interesse der Öffentlichkeit an Geschehnissen von gesellschaftlicher Relevanz gibt. Unter Anderem fallen folgende Beispiele unter diese Ausnahme:

  • Staatsoberhäupter und Politiker (auch nach ihrer Amtszeit),
  • Angehörige regierender Königs- und Fürstenhäuser (allerdings nur soweit sie selbst einen zeitgeschichtlichen Bezug aufweisen),
  • Repräsentanten der Wirtschaft,
  • Wissenschaftler und Erfinder,
  • Künstler, Schauspieler, Sänger, Entertainer und Sportler.

Der BGH stellte mit Urteil vom 08.04.2014 (Az. VI ZR 197/13) klar, dass auch kleine Veranstaltungen in den Bereich der Zeitgeschichte fallen können (wir berichteten). Es sind also mit dieser gesetzlichen Ausnahme vom Recht am eigenen Bild je nach Einzelfall nicht immer die Großereignisse der Weltbühne gemeint.

2. Abgebildeten Personen als Beiwerke einer Landschaft oder Örtlichkeit:

Entscheidend dafür, dass diese Ausnahme greift, ist dass es bei der Abbildung erkennbar nicht um die Person als Motiv gegangen sein darf, sondern sie „aus Versehen“, „durch Zufall“ oder „weil sie gerade dort war“ neben oder innerhalb eines anderen Motivs abgebildet wurde. Nur dann muss das Recht am eigenen Bild hinter anderen Interessen zurückstehen.

3. Bildnis stellt Versammlungen, Aufzüge oder ähnliche Vorgänge dar, an denen der Abgebildete teilgenommen hat:

Der Begriff ist zunächst weit zu fassen, so dass z.B. auch Trauerumzüge und Beerdigungen von der Aufzählung umfasst sind. Allerdings wird sich in solchen Fällen wohl eine Einschränkung über § 23 Abs. 2 KunstUrhG ergeben, je nach dem wie stark der Eingriff das Interesse des Abgebildeten (oder seiner Angehörigen) verletzt. Nicht von dieser Ausnahme umfasst sind rein private Ereignisse. Eine Veröffentlichung ohne Einwilligung ist somit ein Rechtsverstoß gegen das Recht am eigenen Bild.

4. Bildnis wurde nicht auf Bestellung angefertigt und die Verbreitung dient einem höheren Interesse der Kunst

Diese Ausnahme hat keine große praktische Bedeutung. Zumal von ihr nur Arbeiten erfasst werden, die nicht auf Bestellung, also ohne ausdrücklichen Auftrag erstellt worden sind.

Keine Verletzung berechtigter Interessen

All diese Ausnahmen greifen jedoch nicht ein, wenn durch die Verbreitung ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten (bei Verstorbenen, das seiner Angehörigen) verletzt wird, so § 23 Abs. 2 KunstUrhG. Diese Einschränkung ist sehr vage formuliert und bedarf in jedem einzelnen Fall einer umfassenden Abwägung der Umstände. So stehen sich regelmäßig die Presse- und Informationsfreiheit und die Interessen des Abgebildeten gegenüber. Es lässt sich nur schwer eine passende Definition dafür finden, wann genau das Interesse „berechtigt“ ist. Festhalten lässt sich zumindest, dass mit dieser Einschränkung eine Grenze gezogen werden soll, um die Privats- und Intimsphäre der abgebildeten Personen zu schützen und Ehr- und Rufverletzungen zu verhindern. So kann im Einzelfall auch die Wohnung der abgebildeten Person mit von diesem Schutz umfasst sein.

Das Recht am eigenen Bild: Beweislast beim Verwender

Wichtig ist zu wissen, dass grundsätzlich derjenige, der das Bildnis ohne Einwilligung verwendet, beweisen muss dass es sich bei seiner Darstellung um eine der vier oben genannten Ausnahmen handelt.

Es lässt sich erkennen, dass das rechtliche Dürfen des Fotografen (als Urheber) nicht unwesentlich vom Recht der abgelichteten Personen abhängt. Um Streitigkeiten zu vermeiden sollte bereits im Voraus versucht werden, Einwilligungen bei den zu fotografierenden Personen einzuholen und über die Verwendungsabsichten aufzuklären. Leider ist dies in der Praxis nicht immer möglich ist und so manches Bild würde seinen spontanen Charakter verlieren oder gar nicht erst entstehen, wenn zunächst ein Gespräch mit den abgelichteten Personen erfolgen würde.

Vor dem Bild ist nach dem Bild

In manchen Fällen lässt sich die Einwilligung aber auch später noch einholen. Dies sollte allerdings spätestens bis zur Veröffentlichung der Fall sein.

Ist auch dies nicht möglich, muss man bei der Auswahl der zu veröffentlichenden Bildern doppelt sorgsam sein um keine Rechte zu verletzten.

(Foto: rockabella / Quelle: photocase.com)

[box type=“info“ size=“medium“] Zu dem Thema „Das Recht am eigenen Bild “ ist auch unser Podcast verfügbar: iTunesBrowserFeed [/box]

362 Gedanken zu „Das Recht am eigenen Bild“

  1. Hallo Herr RA Tölle,

    erst einmal herzlichen Dank für Ihre vielen Ratschläge.

    Meine Frage: Darf ein streitsüchtiger Nachbar Fotos machen von Nachbarn, die sich in ihrem Garten aufhalten? Der Garten ist nicht von der Straße einzusehen und damit sollte eigentlich eine Privatsphäre sichergestellt sein. Darf er diese Fotos weitergeben, z.B. an einen Vermieter, um sich zu beschweren? Darf er überhaupt unerlaubt Fotos von dem Garten der Nachbarn machen, auch, wenn keine Personen auf dem Bild sind?

    Herzlichen Dank im Voraus.

    Antworten
    • Hallo Frau Michaels,

      um dazu Stellung zu nehmen, fehlen mir noch ein paar Details in der Sache. Melden Sie sich gerne damit direkt bei uns in der Kanzlei unter Tel.: 0228 – 387 560 200 oder lassen Sie uns Ihre Kontaktdaten per E-Mail zukommen.

      Mit freundlichen Grüßen
      Dennis Tölle

      Antworten
  2. Hallo Herr Rechtsanwalt Toelle,

    in den sehr interessanten Seiten vom Recht am eigenen Bild, beschaeftige ich mich mit der Frage, ob es strafrechtlich so etwas wie die Beihilfe am Verbreiten nicht der Veroeffentlichung zugestimmter Bilder gibt? Z.B. als Verantwortlicher Leiter einer groesseren Gruppe z.B. Reisegruppe, wo einer, ohne, dass der Aufgenommene dies bemerkt, das Recht am eigenen Bild des anderen verletzt hat und der Reiseleiter merkt dies, unternimmt aber nichts. Ist dies Beihilfe zu einer Straftat?
    Was waere, wenn der Reiseleiter den unberechtigt Aufgenommenen auch noch in seinem Bericht namentlich in der fuer ihn pikanten Situation schildert, dass er in dieser Situation aufgenommen worden ist (Ohne Nennung des Namens des Aufnehmenden)? Hat der bis dahin unwissend Aufgenommene ein Auskunftsrecht auf namentliche Benennung des Aufnehmenden, damit dieser strafrechtlich belangt werden kann?

    Antworten
  3. Hallo Herr Kohnen,
    grundsätzlich ist auch im Rahmen der strafrechtlichen relevanten Handlungen eine Beihilfe denkbar. So kann bspw. bei einer Tat nach §§ 33 KUG auch derjenige bestraft werden, der bei der Verbreitung oder öffentlichen Zurschaustellung Hilfe leistet. Ein solches Hilfeleisten liegt vor, wenn er die Veröffentlichung fördert. Wie dies in jedem Einzelfall zu bewerten ist, kommt sehr auf die Details an.
    Mehr zu dem strafrechtlichen Thema finden Sie u.a. auch hier:
    https://www.rechtambild.de/2013/08/fotografie-und-strafrecht/
    https://www.rechtambild.de/2014/12/gesetz-zu-unbefugten-und-ehrverletzenden-fotos-verabschiedet/
    MfG
    Dennis Tölle

    Antworten
  4. Hallo Herr Tölle,
    könnten Sie mir vielleicht ein Rat geben, was ich am Besten tun sollte ?

    Folgende Situation: Ich habe eine Fotoseite auf Facebook (mit Vertäge) wo ich Bilder von den Shootings hochlade. Letztens hab ich Fotos von einem Kind gemacht, wo ein Elternteil mir es erlaubt hat die Bilder zu veröffentlichen. Kurze Zeit später meldete sich das andere Elternteil über Facebook, ich solle die Bilder des Kindes löschen, da es das alleinige Sorgerecht hätte, ansonsten würde es mich melden.

    Ich tat es und löschte die Bilder.

    Nun sind 3 Monate vergangen und nun will diese Person rechtlich gegen mich vorgehen. (Obwohl die Bilder gar nicht mehr online sind).

    Mit was für eine Strafe muss ich rechnen? Was kann ich da tun?

    Mit freundlichen Grüßen Laura

    Antworten
  5. Hallo Laura,

    für einen solchen Fall gibt es leider keine pauschale Antwort. Evtl. geben dir folgende Beiträge jedoch eine Antwort:

    https://www.rechtambild.de/2010/05/serie-die-rechtsfolgen-der-rechtswidrigen-herstellung-oder-verbreitung-von-fotos/
    https://www.rechtambild.de/2011/04/und-sie-war-doch-erst-17/

    Anderenfalls melde dich gerne bei uns in der Kanzlei (www.tw-law.de, 0228 387 560 200).

    Mit freundlichen Grüßen
    Dennis Tölle

    Antworten
  6. Hallo Stefan,
    das kommt ganz darauf an. Grundsätzlich ist es schon möglich, dass bestimmte Fotoaufnahmen von Ihnen im Rahmen des Arbeitsverhältnis geduldet werden müssen. Dies bezieht sich natürlich nicht auf jede Form der Aufnahme, sondern nur solche, die zum Betriebsumfeld gehören.
    Mit freundlichen Grüßen
    Dennis Tölle

    Antworten
  7. Hallo Herr Tölle,

    ich habe eine Frage zu Bilder von und mit Prominenten:
    Kann man Bilder von Promis, die diese selbst auf ihren eigenen Social Media Kanälen gepostet haben ohne deren Einverständnis gewerblich nutzen?
    Sprich: Kann ich z.B. ein Selfie von Justin Biebers Facebookseite in einem Print Magazin abdrucken?

    Vielen Grüße, TJM

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