LG Köln: Zur Zulässigkeit der Verwendung von Aufnahmen zur Eigenwerbung

Leitsätze der Redaktion:

  1. Ist in einem Modelvertrag (nähere Infos unter “Model-Release”) Eigenwerbung des Models bzw. des Fotografen erlaubt, ist dieser Passus bei Auslegung nach dem Empfängerhorizont (§§133157 BGB) und unter Berücksichtigung der für die Übertragung urheberrechtlicher Nutzungsrechte maßgeblichen Zweckübertragungsregel, § 31 Abs. 5 UrhG, so zu verstehen, dass der jeweilige Vertragspartner für sich in der Eigenschaft als Fotograf bzw. Model Werbung machen darf. Darunter fällt beispielsweise die Anfertigung von Bewerbungsunterlagen (Sedcard). Die Nutzung für die Anpreisung einer Tätigkeit als Prostituierte gehört aber nicht zu solchen typischen Modelwerbungen, sondern stellt eine separate Art der Nutzung dar, die nicht mehr vom Vertrag gedeckt ist.
  2. Gewerbliche Nutzung ist auch gegeben, wenn der Abgebildete mit seinem Bildnis mit wirtschaftlicher Zielsetzung wirbt.
  3. Etwaige Verstöße gegen den Modelvertrag sind allenfalls Grund für eine – ggf. nach Abmahnung (§ 314 Abs. 2 BGB) auszusprechende – Kündigung des Vertrages. Keinesfalls bewirken sie aber, dass Vertragsverstöße in Form von unberechtigter Unterlizenzierung der Lichtbilder vorgenommen werden dürfen.
  4. Für ein Zu-Eigen-Machen von Inhalte auf einer Website spricht, wenn man sich ein uneingeschränktes und unwiderrufliches Nutzungsrecht an allen von Kunden eingestellten Beiträgen einräumen lässt. Bei diese eingestellten Informationen handelte es sich damit, auch im Sinne des § 7 Abs. 1 TMG, um eigene Informationen.
  5. Nach § 31 Abs. 3 iVm § 35 Abs. 1 S. 1 UrhG bedarf es für die Einräumung weiterer Nutzungsrechte durch den Inhaber eines ausschließlichen Nutzungsrechts der Zustimmung des Urhebers. Kennzeichnend für ein ausschließliches Nutzungsrecht ist es, dass es nur noch dem Nutzer gestattet ist, das Werk in der vereinbarten Form zu nutzen; auch dem Urheber ist dann die Nutzung des Werks in dieser Weise nicht gestattet

LG Köln

Beschluss

Aktenzeichen: 28 O 690/07

Verkündet am: 09.04.2008

Tenor:

Die Kosten des Verfahrens werden der Verfügungsbeklagten auferlegt. Die Kosten der Streithilfe trägt die Streithelferin.

Gründe:

I.

Der Verfügungskläger ist Fotograf und beschäftigt sich mit Aktfotografie. Über sein Vermögen wurde am 14.09.2005 durch das Amtsgericht Bonn das Insolvenzverfahren eröffnet (Az. 96 IN 88/05).

Im Rahmen eines Model-Vertrages fertigte er Aktaufnahmen der Streithelferin der Beklagten an, unter ihnen auch die streitgegenständlichen Lichtbilder. In den Modelverträgen vom 05.09.2007 (Bl. 9) und vom 22.10.2007 (Bl. 9 f.) heißt es, dass beiden Parteien (Verfügungskläger und Streithelferin) uneingeschränkte Nutzungsrechte hinsichtlich der näher spezifizierten nichtkommerziellen Verwertung der Aufnahmen zustehen sollen. Jegliche kommerzielle Nutzung sowie eine nichtkommerzielle Nutzung außerhalb der im Einzelnen genannten Zwecke bedurfte der schriftlichen Genehmigung des jeweils anderen Vertragspartners. Eigenwerbung, inklusive Printwerbung, war nach dem Vertrag jeweils zugelassen. In dem ersten Modelvertrag vom 05.09.2007 ist ein Passus gestrichen, nach dem jegliche Veröffentlichung und Darstellung im Zusammenhang mit Pornografie untersagt ist. Dieser ist im zweiten Vertrag enthalten.

Die Verfügungsbeklagte betreibt die Webseite www.XXX. Der Verfügungskläger entdeckte am 18.11.2007, dass die von ihm gefertigten Lichtbilder der Streitverkündeten auf dieser Seite verwendet wurden, und zwar zur Bewerbung einer Anbieterin von „Begleitservice“ und weiteren Dienstleistungen sexueller Art mit dem Namen „D“. Dieses Profil wurde von der Streithelferin eingestellt.

Der Anmeldeprozess bei der Verfügungsbeklagten ist dabei so gestaltet, dass der jeweilige Anzeigenkunde, der wie „D“ ein Profil auf die Seite einstellen will, sich zuvor als Mitglied anmelden und die AGB der Verfügungsbeklagten akzeptieren muss. Darin heißt es unter Ziffer 3.2 und 4.1, dass die Kunden der Verfügungsbeklagten dieser ein uneingeschränktes Nutzungsrecht u.a. am eingestellten Bildmaterial einräumen und diese von Ansprüchen Dritter wegen der Inhalte der Kundenbeiträge freistellen, insbesondere im Hinblick auf Urheberrechtsverletzungen. Wegen der Einzelheiten wird auf diese AGB Bezug genommen (Bl. 56 ff. d.A.)

Nach Kenntnis von der Einstellung der Bilder mahnte der Verfügungskläger die Verfügungsbeklagte mit Schreiben vom 04.12.2007 ab, woraufhin diese mitteilte, die Bilder auf Veranlassung der Streithelferin bereits am 28.11.2007 gelöscht zu haben. Eine strafbewehrte Unterlassungserklärung gab die Verfügungsbeklagte nicht ab.

Daraufhin beantragte der Verfügungskläger eine einstweilige Verfügung, welche die Kammer am 17.12.2007 erlassen hat. Mit dieser wurde dem Verfügungsbeklagten bei Meidung der üblichen Ordnungsmittel verboten, die beigefügten Lichtbilder öffentlich zugänglich zu machen, wie auf www.XXX geschehen, wenn dies ohne ausdrückliche Genehmigung des Verfügungsklägers geschieht.

Hiergegen richtet sich der Widerspruch der Verfügungsbeklagten.

Der Verfügungskläger hat behauptet, Urheber der streitgegenständlichen Lichtbilder zu sein, was die Verfügungsbeklagte ebenso wie den Inhalt der Modelverträge mit Nichtwissen bestritten hat.

Nachdem die Verfügungsbeklagte ursprünglich beantragt hat, die einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln vom 17.12.2007, Az. 28 O 690/07, aufzuheben und den Antrag auf ihren Erlass zurückzuweisen, hat sie durch ihren Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vom 12.03.2008 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben. Daraufhin haben die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt und wechselseitige Kostenanträge gestellt.

Die Verfügungsbeklagte ist der Ansicht gewesen, ihre Passivlegitimation sei nicht gegeben, weil sie im konkreten Fall nicht gegen Prüfungspflichten verstoßen habe. Dies ergebe sich daraus, dass ihr eine Prüfung auf mögliche Rechtsverletzungen kaum möglich sei; letztlich sei sie darauf angewiesen, dass ihre Kunden keine Schutzrechte Dritter verletzten. Die Einholung anderweitiger Erkundigungen sei nicht möglich. Nach dem vorgelegten Modelvertrag sei außerdem die Nutzung im konkreten Fall zulässig gewesen, weil die Streithelferin die Fotos ersichtlich zur Eigenwerbung hochgeladen habe; ein Entgelt habe sie dafür nicht enthalten. Selbst wenn es sich bei der Einstellung der Bilder auf ihre Webseite um nach dem Modelvertrag „kommerzielle Nutzung“ handele, sei diese Bestimmung im Vertrag unwirksam, weil widersprüchlich. Denn die Werbung sei dort erlaubt, dabei handele es sich jedoch eindeutig um eine kommerzielle Nutzungsart. Diese Unklarheit wirke sich dergestalt zu Lasten des Verfügungsklägers aus, dass die kommerzielle Nutzung als zulässig angesehen werden müsse. Auch habe sich bei einer Überprüfung der Fotos durch einen Mitarbeiter der Verfügungsbeklagten kein Anhaltspunkt für die Verletzung von Urheberrechten ergeben.

Die Streithelferin der Verfügungsbeklagten hat behauptet, der Verfügungskläger habe ihr auf Nachfrage zugesagt, dass die Verwendung der Fotos auf Escort-Seiten in Ordnung sei. Sie hat dazu die Ansicht vertreten, aufgrund dessen Unterlizenzen an die Verfügungsbeklagte erteilen zu können. Auch habe der Verfügungskläger selbst gegen den Vertrag verstoßen, da er die Fotos zu Gewinnerzielungszwecken eingesetzt habe.

II.

Nachdem die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war nach § 91a ZPO nur noch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Diese waren der Verfügungsbeklagten aufzuerlegen. Dies entspricht der Billigkeit unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands. Die Verfügungsbeklagte wäre nach dem bisherigen Sach- und Streitstand mit ihrem Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung der Kammer vom 23.08.2007 unterlegen, weil die einstweilige Verfügung zu bestätigen gewesen wäre. Entsprechend waren nach § 101 Abs. 1 ZPO iVm § 74 Abs. 1 ZPO der Streithelferin die durch die Streithilfe entstandenen Kosten aufzuerlegen. Hierzu gilt im Einzelnen:

1. Der am 14.12.2007 eingereichte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung war zulässig. Insbesondere fehlte dem Verfügungskläger nicht die Prozessführungsbefugnis, obwohl über sein Vermögen bereits am 14.09.2005 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Grundsätzlich verliert der Schuldner mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Befugnis, sein Vermögen – soweit es zur Insolvenzmasse gehört – zu verwalten und darüber zu verfügen, § 80 Abs. 1 InsO; daraus ergibt sich, dass ab Verfahrenseröffnung allein der Insolvenzverwalter prozessführungsbefugt ist (vgl. Ott/Vuia, in: Münchener Kommentar zur InsO, 2. Aufl. 2007, § 80 Rn. 75). Indes reicht diese Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwalters nur soweit, als der vom Schuldner gerichtlich geltend gemachte Anspruch auch in die Insolvenzmasse fällt (§§ 80 Abs. 1 InsO, 35 Abs. 1 InsO).

Der hier geltend gemachte Unterlassungsanspruch des Verfügungsklägers fiel indes nicht in die Insolvenzmasse. Dies gilt unabhängig davon, ob der Anspruch auf urheberrechtliche Nutzungsrechte des Verfügungsklägers (hier § 15 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 UrhG iVm § 19a UrhG) oder auf sein Urheberpersönlichkeitsrecht gestützt wird. § 36 Abs. 1 S. 1 InsO bestimmt, dass Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen, nicht zur Insolvenzmasse gehören. Danach sind die Nutzungsrechte des Verfügungsklägers an den Lichtbildern als nicht zugehörig zur Insolvenzmasse anzusehen. Maßgeblich für die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung in das Urheberrecht sind §§ 112 ff. UrhG, hier insbesondere § 113 UrhG. Nach letzterer Vorschrift ist die Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen in das Urheberrecht nur mit Einwilligung des Urhebers und nur insoweit zulässig, als er Nutzungsrechte einräumen kann, § 113 S. 1 UrhG. Soweit solche Vollstreckungsmaßnahmen unter dem Vorbehalt der Einwilligung stehen, fällt der Vollstreckungsgegenstand auch nicht in die Insolvenzmasse (Dreier/Schulze, UrhG, 2. Aufl. 2006, § 112 Rn. 22; Kefferpütz, in: Wandtke/Bullinger, UrhG, 2. Aufl. 2006, § 112 Rn. 52, je m.w.N.). Für eine Einwilligung des Verfügungsklägers in die Zugehörigkeit seiner urheberrechtlichen Nutzungsrechte zur Insolvenzmasse ist nichts ersichtlich, weswegen diese außerhalb der Insolvenzmasse verblieben und Grundlage eines Unterlassungsanspruchs sein können.

Es kann deshalb offen bleiben, ob der vom Verfügungskläger geltend gemachte Unterlassungsanspruch daneben auch auf urheberpersönlichkeitsrechtliche Befugnisse zu stützen ist; das Urheberpersönlichkeitsrecht fällt bereits aufgrund seines Charakters als höchstpersönliches Recht gemäß §§ 36 Abs. 1 InsO, 857 Abs. 3 ZPO nicht in die Insolvenzmasse (Dreier/Schulze, UrhG, 2. Aufl. 2006, § 112 Rn. 22).

Ebenfalls kann dahinstehen, ob die vom Verfügungskläger angefertigten Lichtbilder schutzfähige Werke nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG darstellen oder lediglich dem Lichtbildschutz nach § 72 UrhG unterliegen. Denn auch bei Lichtbildnern ist von einer dem Urheber vergleichbaren persönlichkeitsrechtliche Bindung zu ihren Leistungen auszugehen, so dass sie sich – gleich dem Urheber – auf entsprechende Einwilligungsrechte hinsichtlich der Zwangsvollstreckung berufen können, § 118 Nr. 2 UrhG.

2. Dem Verfügungskläger stand nach dem bisherigen Sach- und Streitstand ein Anspruch auf Unterlassung der Nutzung der streitgegenständlichen Lichtbilder aus § 97 Abs. 1 UrhG zu.

Der Verfügungskläger ist aktivlegitimiert für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch, da er durch seine eidesstattliche Versicherung vom 29.11.2007 glaubhaft gemacht hat, dass er Urheber der streitgegenständlichen Lichtbilder ist. Diese genießen Schutz jedenfalls nach Maßgabe des § 72 UrhG. Angesichts der eidesstattlichen Versicherung war das Bestreiten mit Nichtwissen durch die Verfügungsbeklagte nicht mehr ausreichend. Die Insolvenz des Verfügungsklägers hat nicht nach § 80 Abs. 1 InsO dazu geführt, dass nur der Insolvenzverwalter die entsprechenden Ansprüche geltend machen kann. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen unter 1. Bezug genommen.

Die Verfügungsbeklagte ist passivlegitimiert. Ihre Störereigenschaft ergibt sich daraus, dass sie Inhaberin der Webseite www.XXXX ist, auf der die Lichtbilder eingestellt waren. Soweit sie sich darauf beruft, keine Prüfungspflichten verletzt zu haben, lässt das nicht ihre Störereigenschaft entfallen. Zwar ist es richtig, dass die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben; deshalb setzt die Haftung des Störers die Verletzung von Prüfungspflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (BGH NJW 1997, 2180). Diese Einschränkung der Störerhaftung gilt aber nur im Falle der Haftung für fremde Rechtsverstöße. Bei den von der Verfügungsbeklagten eingestellten Informationen handelte es sich indes, auch im Sinne des § 7 Abs. 1 TMG, um eigene Informationen, da sie – wie sie selbst vorträgt – gerade als „Online Rotlichtführer“ auftritt. Hierfür war sie darauf angewiesen, die Inhalte der angemeldeten Nutzer zu ihren eigenen zu machen. Im Falle eigener Inhalte aber gelten die von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gemachten Einschränkungen der Störerhaftung nicht. Für ein entsprechendes Zu-Eigen-Machen der Inhalte durch die Verfügungsbeklagte spricht insbesondere, dass sie sich ein uneingeschränktes und unwiderrufliches Nutzungsrecht an allen von Kunden eingestellten Beiträgen einräumen lässt (Ziffer 3.2 der AGB der Verfügungsbeklagten). Wenn es sich – wie die Verfügungsbeklagte vorträgt – bei ihr um ein bloßes Anzeigenportal handelte, wäre eine solche Rechtseinräumung überflüssig. Angesichts dessen kann sich die Verfügungsbeklagte auch nicht mit Erfolg auf Ziffer 4.1 ihrer AGB berufen, wonach sie keine Haftung für die Inhalte der Teilnehmerbeiträge übernimmt; denn eine solche pauschale Haftungsfreizeichnung ist angesichts der aufgezeigten Übernahme der fremden Beiträge als eigener Inhalt gemäß § 242 BGB unbeachtlich (venire contra factum proprium).

Die Nutzung der Bilder durch die Verfügungsbeklagte war nach dem bisherigen Sach- und Streitstand rechtswidrig, da ihr entsprechende Nutzungsrechte nicht wirksam eingeräumt wurden, insbesondere nicht – was hier allein in Betracht kommt – von der Streithelferin. Es kann insoweit dahinstehen, ob die entsprechende Klausel in den AGB der Verfügungsbeklagten überhaupt Vertragsbestandteil bzw. wirksam ist oder ob die Einräumung ausschließlicher und unbefristeter Nutzungsrechte an eingestellten Lichtbildern in AGB einer Anzeigenplattform bereits überraschend (§ 305c Abs. 1 BGB) ist bzw. eine unangemessene Benachteiligung der Nutzer darstellt. Denn jedenfalls hätte die Verfügungsbeklagte von der Streithelferin solche Nutzungsrechte nicht erwerben können. Nach dem Modelvertrag war die kommerzielle Nutzung untersagt. Eine solche kommerzielle Nutzung lag hier auch vor, denn die Streithelferin wollte ganz offensichtlich ihre gegen Entgelt angebotenen Dienstleistungen sexueller Natur in Form eines „Escort-Service“ anpreisen. Soweit die Verfügungsbeklagte vorträgt, dass nach dem Modelvertrag die Werbung gerade erlaubt gewesen sei, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Denn der Modelvertrag spricht von Eigenwerbung des Models bzw. des Fotografen. Dieser Passus ist bei Auslegung nach dem Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) und unter Berücksichtigung der für die Übertragung urheberrechtlicher Nutzungsrechte maßgeblichen Zweckübertragungsregel, § 31 Abs. 5 UrhG, so zu verstehen, dass der jeweilige Vertragspartner für sich in der Eigenschaft als Fotograf bzw. Model Werbung machen durfte. Darunter würden für die Streithelferin etwa Aktivitäten wie die Anfertigung von Bewerbungsunterlagen (Sedcard) fallen, mit denen sie sich gegenüber Modelagenturen präsentieren könnte. Die Nutzung für die Anpreisung einer Tätigkeit als Prostituierte gehört aber nicht zu solchen typischen Modelwerbungen, sondern stellt eine separate Art der Nutzung dar, die nicht mehr vom Vertrag gedeckt war. Deshalb kommt es im Ergebnis auch nicht darauf an, dass im ersten Vertrag die Klausel mit dem Verbot des Einsatzes der Bilder für pornographische Zwecke gestrichen war. Auch die AGB-rechtlichen Einwände der Streithelferin führen nicht dazu, dass die Verfügungsbeklagte zur Nutzung berechtigt war bzw. eine entsprechende weitere Rechtseinräumung zulässig wäre.

Selbst wenn die entsprechenden Klauseln in den Model-Verträgen unwirksam waren, wäre damit die gesetzliche Lage hinsichtlich der Rechte an den Lichtbildern wiederhergestellt, § 306 Abs. 2 BGB. Dann aber gilt § 60 UrhG, wonach bei auf Bestellung gefertigten Bildnissen wie hier die Vervielfältigung durch den Besteller zu nicht gewerblichen Zwecken zulässig ist. Zum einen ist hiervon das hier in Streit stehende öffentliche Zugänglichmachen nicht abgedeckt (vgl. Dreier/Schulze, UrhG, 2. Aufl. 2006, § 60 Rn. 3), zum anderen lag eine gewerbliche Nutzung durch die Streithelferin vor. Dieser ist dann gegeben, wenn der Abgebildete mit seinem Bildnis mit wirtschaftlicher Zielsetzung wirbt (Dreier/Schulze, a.a.O., § 60 Rn. 8), wie es auch hier mit der Bewerbung des von der Streithelferin gegen Entgelt angebotenen „Begleitservice“ der Fall war. Etwaige Verstöße des Verfügungsklägers gegen den Modelvertrag, wie sie die Streithelferin der Verfügungsbeklagten behauptet, wären allenfalls Grund für eine – ggf. nach Abmahnung (§ 314 Abs. 2 BGB) auszusprechende – Kündigung des Vertrages gewesen. Keinesfalls bewirkten sie aber, dass die Streithelferin nunmehr ihrerseits Vertragsverstöße in Form von unberechtigter Unterlizenzierung der Lichtbilder vornehmen durfte.

Angesichts des Umstandes, dass die Verfügungsbeklagte sich zum Inhalt des Modelvertrages, der ihr als Anlage zum Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung auch zugestellt wurde, sachlich eingelassen hat, war ihr diesbezügliches Bestreiten mit Nichtwissen unbeachtlich.

Soweit die Streithelferin der Verfügungsbeklagten vorgetragen hat, zur Nutzung der vom Verfügungskläger gefertigten Lichtbilder auf Escort-Seiten wie derjenigen der Verfügungsbeklagten aufgrund einer vor dem Foto-Shooting erteilten mündlichen Zusage des Verfügungsklägers berechtigt gewesen zu sein, hätte dies nach dem bisherigen Sach- und Streitstand nicht zu einem abweichenden Ergebnis geführt. Der hierfür angebotene Beweis durch Vernehmung der Streithelferin selbst als präsente Zeugin (§ 294 Abs. 2 ZPO) war zwar nicht untauglich und hätte grundsätzlich Berücksichtigung bei der Billigkeitsentscheidung nach § 91a ZPO finden können; bei einer gebotenen, aber nicht durchgeführten Beweisaufnahme ist in der Regel eine Kostenaufhebung geboten (vgl. zu dieser Möglichkeit Vollkommer, in: Zöller, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 91a Rn. 26). Die grundsätzliche Tauglichkeit der Beweiserhebung ergibt sich daraus, dass der einfache Streithelfer – anders als der streitgenössische Nebenintervenient (§ 69 ZPO) – als Zeuge vernommen werden kann (Vollkommer, in: Zöller, a.a.O., § 67 Rn. 1).

Die Beweiserhebung war aber nicht geboten, weil das Vorbringen der Streithelferin nicht erheblich war. Selbst wenn man die Richtigkeit der Behauptung der Streithelferin unterstellt, hätte damit die Zulässigkeit der Übertragung eines weiteren Nutzungsrechts an die Verfügungsbeklagte nicht bewiesen werden können. Einer solchen Übertragung hätte es indes jedenfalls in der hier zu beurteilenden Konstellation bedurft. Denn die Verfügungsbeklagte nutzte die Bilder aufgrund angenommener eigener Nutzungsrechte, da sie – wie oben ausgeführt – nach ihren AGB das öffentliche Zugänglichmachen der Lichtbilder nicht für Dritte, sondern aufgrund eigener Nutzungsrechte vornahm. Die Nutzungsrechte ließ sie sich aufgrund der AGB (dort Ziff. 3.2) ausdrücklich einräumen und machte sich die (potentielle) Rechtsverletzung so zu Eigen. Insoweit setzte sie nicht lediglich durch das Betreiben ihrer Plattform eine (Mit-)Ursache für das öffentliche Zugänglichmachen der Bilder durch andere, sondern nahm selbst die entsprechende Handlung vor. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die in ihren AGB vorgesehene Rechtseinräumung zulässig oder unzulässig ist. Denn jedenfalls hat die Verfügungsbeklagte dadurch erkennen lassen, dass sie nur auf dieser Grundlage bereit war, die streitgegenständlichen Lichtbilder öffentlich zugänglich zu machen.

Die entsprechenden Nutzungsrechte konnte ihr die Streithelferin indes auch auf Basis der behaupteten mündlichen Abrede nicht einräumen. Die Streithelferin beruft sich ausdrücklich darauf, den Verfügungskläger nach einer Verwendung auf Escort-Seiten gefragt zu haben, was auf die Einräumung von Nutzungsrechten zu ihren Gunsten für einen solchen Zweck abzielt. Der weitere hieraus von ihr gezogene Schluss, aufgrund solcher Nutzungsrechte auch Unterlizenzen an die Verfügungsbeklagte erteilen zu können, ist indes unzutreffend. Nach § 31 Abs. 3 iVm § 35 Abs. 1 S. 1 UrhG bedarf es für die Einräumung weiterer Nutzungsrechte durch den Inhaber eines ausschließlichen Nutzungsrechts der Zustimmung des Urhebers. Die Streithelferin war aber nach ihrem eigenen Vortrag nicht Inhaberin eines ausschließlichen Nutzungsrechts. Kennzeichnend für ein ausschließliches Nutzungsrecht ist es, dass es nur noch dem Nutzer gestattet ist, das Werk in der vereinbarten Form zu nutzen; auch dem Urheber ist dann die Nutzung des Werks in dieser Weise nicht gestattet (Dreier/Schulze, UrhG, 2. Aufl. 2006, § 31 Rn. 56). Dass ihr ein solches Recht hinsichtlich der streitgegenständlichen Aufnahmen eingeräumt wurde, behauptet auch die Streithelferin nicht. Die von ihr behauptete mündliche Abweichung von den schriftlichen Verträgen beschränkt sich auf die Art der Nutzung der Lichtbilder durch sie. Sie erstreckte sich aber gerade nicht auf die Einräumung eines ausschließlichen Nutzungsrechts zu ihren Gunsten. Vielmehr ist davon auszugehen, dass selbst bei Zulässigkeit der Nutzung der Lichtbilder durch die Streithelferin auf Escort-Seiten es dem Verfügungskläger daneben – wie auch in beiden Model-Verträgen vorgesehen – erlaubt war, die Bilder für seine Zwecke zu nutzen.

War sie demnach Inhaberin eines einfachen Nutzungsrechts, war eine Rechtseinräumung an die Verfügungsbeklagte ebenfalls nicht möglich. Der Inhaber eines einfachen Nutzungsrechts kann weitere Rechte nicht einräumen, sondern allenfalls sein eigenes Recht übertragen (Schricker, in: ders., Urheberrecht, 3. Aufl. 2006, § 35 Rn. 1). Dies wollte die Streithelferin gerade nicht; ihr Interesse war es vielmehr, Unterlizenzen an die Verfügungsbeklagte zu erteilen, wie sie selbst vorgetragen hat.

Die für den Unterlassungsanspruch nötige Wiederholungsgefahr war durch die begangene Rechtsverletzung indiziert; sie ist durch das bloße Herausnehmen der Lichtbilder von der Webseite der Verfügungsbeklagten nicht entfallen. Vielmehr kann bei vorangegangener Verletzungshandlung die Wiederholungsgefahr grundsätzlich nur durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden (Dreier/Schulze, UrhG, 2. Aufl. 2006, § 97 Rn. 42). Diese hat die Verfügungsbeklagte vorprozessual nicht abgegeben.

Gesichtspunkte, die eine von dem dargestellten Sach- und Streitstand abweichende Kostenentscheidung rechtfertigen, sind nicht ersichtlich.

Eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit war nicht veranlasst, weil der vorliegende Beschluss kraft Gesetzes vorläufig vollstreckbar ist, § 91a Abs. 2 ZPO iVm § 794 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 ZPO.

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