Bildnutzung nach Ablauf der befristeten Lizenz ist schuldlos

Im Jahr 2009 wurde ein Fotomodel für eine Werbekampagne für Schuhe gebucht. Dem Auftraggeber wurde ein Recht zur Unterlizensierung eingeräumt. Diese Lizenz war zeitlich auf ein Jahr befristet. Im November 2013 stellte das Model fest, dass ein Foto aus der Kampagne in dem Schaufenster des Schuhgeschäfts eines Lizenznehmers des Auftraggebers ausgestellt wurde. Daraufhin machte das Model Schadensersatz- und Bereicherungsansprüche wegen der Verwendung seines Bildes nach Ablauf des Nutzungsrechts gegen das Schuhgeschäft geltend.

Mit Urteil vom 22. April 2015 (Az.: 9 O 163/14) hat das Landgericht Bonn die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass dem abgebildeten Model keine Ansprüche zustehen würden.

Schuhgeschäft musste Praxis der befristeten Lizenzen nicht kennen

Ein Anspruch auf Schadenersatz aus § 823 BGB i.V.m. § 22 KUG bestehe mangels Verschulden der Betreiberin des Schuhgeschäfts nicht, so die Richter.

Dabei verweisen sie auf die Rechtsprechung des BGH (vgl. Urt. v. 14.04.1992, Az.: VI ZR 285/91). Nach dieser entfalle ein Verschulden des unberechtigten Verwenders eines Fotos zwar nur unter ganz besonderen Umständen. Denn jemand der das Bild einer anderen Person verwenden will, müsse besonders gründlich prüfen, ob und inwieweit er dazu befugt sei. Aber für den Fall, dass ein Bild von einem Einkaufsverband zu gesandt werde, habe der BGH ein Verschulden verneint.

Dies müsse dann erst recht im vorliegenden Fall gelten. Hier sei ein ursprünglich mit Zustimmung des Berechtigten gem. § 22 KUG verwendetes Foto nach Ablauf der befristeten Lizenzierungszeit weiterverwendet worden. Insoweit bestehe ein erheblicher Unterschied zu den bisher entschiedenen „Standardfällen“. In denen habe der Verwender von Anfang an keine Zustimmung zur Nutzung gehabt und dies auch habe wissen müssen bzw. ohne Weiteres wissen können.

Vorliegend habe die Händlerin davon ausgehen müssen, dass der Auftraggeber die Bilder der Models für das erstellte und kostenfrei zur Verfügung gestellte Werbematerial ordnungsgemäß lizenziert hätte. Auch müsse sie als Betreiberin eines einzelnen Schuhgeschäfts die im Model- bzw. Werbegeschäft wohl übliche Praxis, dass entsprechende Fotos immer nur begrenzt auf ein Jahr lizenziert würden, nicht kennen. Diesen Schluss habe sie auch nicht aus der jährlichen Übersendung bzw. möglichen Übersendung von neuem Werbematerial ziehen müssen. Ebenso wenig habe sie sich anlasslos bei Übersendung von Werbematerial über die Dauer der Lizenzierungen erkundigen müssen. Nach dem Maßstab der im Verkehr objektiv gebotenen Sorgfalt sei daher nach Auffassung des LG Bonn nicht einmal leichte Fahrlässigkeit anzunehmen.

Keine Bereicherung

Auch ein Anspruch aus Bereicherungsrecht besteht nach Ansicht des Gerichts nicht. Eine objektive Bereicherung der Händlerin nach Ablauf der Lizensierungszeit liege nicht vor.

Zwar sei nach der Rechtsprechung i.d.R. eine Bereicherung des Verwenders zu bejahen. Dies sei aber im vorliegenden Fall aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls nicht anzunehmen. In den entschiedenen „Standardfällen“ der Verletzung des Rechts am eigenen Bild habe zu keinem Zeitpunkt eine Berechtigung zur Verwendung und auch keine kostenlosen Alternativmöglichkeit bestanden. Für diese Fälle sei daher sachgerecht, für die etwaige Bereicherung darauf abzustellen, was hypothetisch in einem Lizenzvertrag vereinbart worden wäre.

So liege der Fall hier aber nicht. Denn derselbe Werbeeffekt, der zugunsten der Händlerin durch die Verwendung des Bildes des Klägers eingetreten sei, wäre alternativ kostenfrei durch Verwendung neueren Werbematerials möglich gewesen und hypothetisch auch erfolgt, wenn sie Kenntnis von der fehlenden (Weiter-)Nutzungsberechtigung gehabt hätte. Es sei ebenfalls nicht ersichtlich, dass das Werbematerial mit dem Bild des Klägers einen erkennbaren höheren Werbewert gehabt hätte. Auch sei kein sonstiges objektives Interesse der Beklagten erkennbar, gerade mit diesem Foto zu werben.

Ausnahme bei befristeten Lizenzen

Bei dem Urteil des LG Bonn handelt es sich um eine Ausnahmeentscheidung, die auf den besonderen Umständen des Einzelfalls beruht. Wie die Richter selbst ausdrücklich betonen, besteht ein erheblicher Unterschied zu den bisher entschiedenen „Standardfällen“, in welchen von Anfang an keine Zustimmung zur Nutzung bestand, obwohl der Verwender dies hätte erkennen können. In diesen Fällen wird für die Annahme eines Verschuldens ein deutlich strengerer Maßstab für Prüfpflichten bei der Verwendung von Bildern Dritter zugrunde gelegt.

Erhöhte Sorgfaltspflicht in Urheberrechts-Fällen

Zu betonen ist auch, dass es sich bei dem Fall vor dem LG Bonn um Ansprüche wegen Persönlichkeitsrechtsverletzungen ging. Dies ist nur bedingt auf urheberrechtliche Fälle übertragbar, für die in der Praxis regelmäßig ein strengerer Maßstab angelegt wird:

So hat das OLG Hamm mit Urteil vom 07. Juni 2011 (Az.: I-4 U 208/10) ein Verschulden angenommen, weil der Beklagte sich nicht mit der gehörigen Sorgfalt danach erkundigt hatte, ob die Person, von der der er glaubte Rechte herzuleiten, selbst im Besitz solcher Verwertungsrechte war. Für den Inhalt der Werbung bleibe der Werbende selbst verantwortlich. Er könne sich nicht auf ein spezialisiertes Unternehmen verlassen und auf die bloße Zusicherung des Lizenzgebers vertrauen.

Auch das OLG München hat mit Beschluss vom 15. Januar 2015 (Az.: 29 W 2554/14) eine Sorgfaltspflichtverletzung der Beklagten angenommen, da diese die von ihr behauptete „Rechtekette“, d.h. die einzelnen Übertragungen der Nutzungsrechte, nicht vollständig bis zum Urheber überprüft hatte. Indem sie sich auf die Zusicherung der Werbeagentur verlassen habe, ohne sich überprüfbare Unterlagen vorlegen zu lassen, habe die Beklagte fahrlässig gehandelt.

(Bild: © Nagel’s Blickwinkel – Fotolia.com)

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