Urheberschaftsvermutung bei Fotos im Internet

In dem vom Bundesgerichtshof zu entscheidenden Fall ging es darum, dass die Beklagte über eine Bildersuche bei Google mehrere von der Klägerin gemachte Fotos fand und diese ungefragt zur Illustration ihrer Angebote auf der Internetplattform eBay verwendete.

Vermutung der Urheberschaft

Nach § 10 Abs. 1 UrhG wird bis zum Beweis des Gegenteils vermutet, dass derjenige als Urheber anzusehen ist, der auf dem Original oder den „Vervielfältigungsstücken“ in der üblichen Weise als Urheber bezeichnet ist.

Nach Auffassung des BGH gilt diese Urheberschaftsvermutung auch für Fotos, die ins Internet eingestellt wurden. Auch insoweit liege ein Vervielfältigungsstück des Bildes vor. Denn das Einstellen eines Werkes in das Internet setze eine Übertragung des Werkes auf eine Vorrichtung zur wiederholbaren Wiedergabe von Bild- und Tonfolgen und damit gerade eine Vervielfältigung voraus. Es könne daher auch die Vermutung der Urheberschaft begründen, wenn eine Person auf einer Internetseite als Urheber bezeichnet wird.

Bezeichnung des Urhebers

Eine Person ist jedoch nur dann i.S.d. § 10 Abs. 1 UrhG in der „üblichen Weise“ auf dem Vervielfältigungsstück als Urheber bezeichnet, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind. Zum einen muss die Bezeichnung an einer Stelle angebracht sein, wo bei derartigen Werken üblicherweise der Urheber genannt wird. Zum anderen muss sie inhaltlich erkennen lassen, dass sie den Urheber dieses Werkes benennt.

Der Urheber kann dabei nicht nur mit seinem (bürgerlichen) Namen, einem Decknamen oder einem Künstlerzeichen benannt werden. Auch andere Angaben können nach Ansicht des BGH inhaltlich erkennen lassen, dass sie den Fotografen als Urheber eines Werkes bezeichnen. Voraussetzung einer Urheberbezeichnung sei aber „nicht nur, dass die fragliche Bezeichnung tatsächlich einer natürlichen Person zuzuordnen ist, sondern auch, dass sie vom Verkehr als Hinweis auf eine natürliche Person verstanden wird“.

Sofern die Angabe dagegen auf eine juristische Person, wie z.B. auf ein Unternehmen oder eine Firma hinweist, komme für diese allenfalls die Vermutung der Ermächtigung (§ 10 Abs. 2 UrhG) oder der Rechtsinhaberschaft (§ 10 Abs. 3 UrhG) in Betracht.

Weiterer Anhaltspunkt für eine Vermutung

Nach Auffassung des BGH können jedoch auch andere Anhaltspunkte für die Richtigkeit der Behauptung eines Fotografen sprechen, dass er Urheber der im Internet veröffentlichten Lichtbilder sei. Ein solcher kann vorliegen, wenn der Fotograf Originaldateien vorlegen kann, die über eine höhere Auflösung verfügen als die auf der Internetseite eingestellten Dateien.

Bedeutung für die Praxis

Die Entscheidung des BGH verdeutlicht, dass Fotografen bei der Veröffentlichung von Fotos im Internet gewisse „Schutzvorkehrungen“ treffen sollten, wenn Sie ihre Urheberschaft an diesen Bildern sicher stellen wollen. Dies kann zum einen durch einen Copyright-Hinweis geschehen, der eindeutig auf eine natürliche Person hinweist. Wobei auch die Firma eines Einzelkaufmanns oder die Geschäftsbezeichnung eines Einzelunternehmers einer natürlichen Person zuzuordnen sein kann, wenn der Verkehr in einer solchen Bezeichnung einen Hinweis auf eine natürliche Person sieht (vgl. LG Frankfurt a.M., ZUM-RD 2009, 22, 23). Zum anderen können sich Fotografen schützen, indem sie nicht die Originaldatei veröffentlichen, sondern nur eine bearbeitete Version. Etwa einen Ausschnitt des Originals oder ein Foto mit niedrigerer Auflösung.

(Bild: © Modella – Fotolia.com)

5 Gedanken zu „Urheberschaftsvermutung bei Fotos im Internet“

  1. Interessant wäre in solchen Fällen einmal herauszufinden, inwieweit der Besitz der Orginal-RAW Dateien in diesem Zusammenhang eine Rolle spielt.

    Schließlich sind sie vergleichbar mit dem damaligen Besitz der Negative.

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  2. @ Dieter Greven: Vollkommen richtig – und draußen ist es kälter als abends. Soll heißen, den Vermerk anzubringen ist einfacher, als draußen zu heizen. Abgesehen davon, dass ein solcher Hinweis eine gewisse Werbung beinhaltet, mag es zumindest die an der Grenze zum DAU stehenden User von einer unberechtigten Nutzung abhalten. Und das wiederum ist ein großer Gewinn für den, der einen solchen Hinweis anbringt. Den selbst bei einer erfolgreichen juristischen Verfolgung der unberechtigten Nutzung wird der Schadensersatz möglicherweise den dafür notwendigen materiellen oder finanziellen Aufwand ausgleichen, nie aber den damit verbundenen Ärger. Ansonten kann uneingeschränkt wiederholt werden: vollkommen richtig …

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  3. Es geht hier doch um § 10 Abs. 1 UrhG, nach dem bis zum Beweis des Gegenteils vermutet wird, dass derjenige als Urheber anzusehen ist, der auf dem Original oder den „Vervielfältigungsstücken“ in der üblichen Weise als Urheber bezeichnet ist. Da hat die Urheberbezeichnung „copyright Man Rö“ die gleiche Wirkung wie „Man Rö“ (auch bei uns Deutschland).

    Und zu den RAW-Datei. Das sind die doch die Originaldateien, auf die im vorletzten Absatz des Artikel eingegangen wird.

    Meine Frage ist, ob sich das Urteil auch auf Texte anwenden lässt. Bei Texten, bei denen es heute kaum noch Originale in Form von Manuskripten gibt, würde der gewinnen, der diese zuerst unter seinem Namen im Internet veröffentlicht. Der Irrtum des BGH offenbart sich m. E. in diesen beiden Sätzen: „Wird etwa die elektronische Datei eines Lichtbildes auf die Festplatte eines Servers hochgeladen, um sie auf diese Weise in das Internet einzustellen, wird damit ein Vervielfältigungsstück des Lichtbildes hergestellt. Danach kann es die Vermutung der Urheberschaft begründen, wenn eine Person auf einer Internetseite als Urheber bezeichnet wird …“.

    Dass der Name einer Person auf einer Internetseite zusammen mit einem ebenfalls darauf abgebildeten Foto erscheint, sagt gar nichts.

    MfG
    Johannes

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  4. Man kann das Ganze auch anders sehen. Für die Vermutung der Urheberschaft gem. § 10 UrhG ist ein ganz wichtiger Punkt, dass diese nur bei erschienenen Werken gilt. Daran will auch der BGH nicht rütteln. Jedenfalls hält er sich in der Urteilsbegründung an den Gesetzestext bzw. lässt die Frage des Erscheinens offen.

    Erschienen ist ein Werk gem. § 6 UrhG, wenn mit Zustimmung des Berechtigten mehrere Vervielfältigungsstücke des Werkes nach ihrer Herstellung in genügender Anzahl der Öffentlichkeit angeboten oder in Verkehr gebracht worden sind oder bei einem Werk der bildenden Künste das Original oder ein Vervielfältigungsstück bleibend (!) der Öffentlichkeit zugänglich ist. Das bloße Hochladen eines Vervielfältigsstückes ins Internet löst nach dem Wortlaut des UrhG kein Erscheinen aus. Der BGH wollte möglicherweise – mit Blick auf eine seiner Meinung nach falsche Auffassung des Berufungsgerichts – nur klarstellen, dass unter bestimmten Voraussetzungen – aber nur, wenn ein Werk bereits erscheinen ist – die Vermutung der Urheberschaft gem. § 10 auch bei Kennzeichnungen im Internet wirken kann. Das hatten bisher manche Experten anders gesehen.

    Wenn ich Recht habe, ist das Urteil nicht von besonderer, über den konkreten Fall hinausgehender Tragweite. Denn bei bereits erschienenen Werken ist der Beweis der Urheberschaft, wenn sie nicht gerade anonym erschienen sind, zumeist gar kein Problem.

    MfG
    Johannes

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