Kennzeichnende Merkmale können Person erkennbar machen

Eine Einrichtungsmarktkette zeigte Werbespots mit Szenen einer Fernseh-Quizshow: Ein Moderator, der einen dunklen Anzug, eine Krawatte und eine Brille trägt, stellt einer gegenübersitzenden Person die „alles entscheidende Frage“. Diese kann der Kandidat oder die Kandidatin dann mit einer Antwort A, B, C oder D lösen. Die Szenen sind mit bläulichem Licht ausgeleuchtet und mit dramatisierender Musik unterlegt. Bei einer richtigen Antwort regnet es Konfetti aus silbernen Papierstreifen.

Nachstellung eines bekannten Quizformats?

Günther Jauch war der Meinung, dass die Werbespots das Format der von ihm moderierten Quizshow „Wer wird Millionär?“ und damit wohl auch ihn selbst nachstellen. Gegen dieses Vorgehen reichte er Unterlassungsklage ein.

Das LG Köln (Urteil v. 14.08.2013, Az.: 28 O 118/13) gibt dem Moderator recht. Günther Jauch habe gegen die Einrichtungsmarktkette einen Unterlassungsanspruch analog § 1004 I BGB i.V.m. § 823 I BGB  i.V.m. §§ 22, 23 KUG.

Abgestuftes Schutzkonzept bei Bildnisveröffentlichungen

Die Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen sei an dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Vorgaben und Art. 8 I EMRK zu messen. Die Werbefilme stellen nach Ansicht des Landgerichts ein Bildnis des Klägers i.S.d. § 22 KUG dar.

Unter Bildnissen im Sinne des § 22 KUG verstehe man die Darstellung einer natürlichen Person in einer für Dritte erkennbaren Weise. Zumeist ergebe sich die Erkennbarkeit aus der Abbildung der Gesichtszüge. Es genüge aber auch, wenn der Abgebildete durch Merkmale, die gerade ihm eigen sind, erkennbar sei. Nicht notwendig sei, dass der Abgebildete tatsächlich erkannt wurde. Das Recht am eigenen Bild sei bereits dann verletzt, wenn der Abgebildete begründeten Anlass hat, er könnte identifiziert werden. Entscheidend sei der Zweck des § 22 KUG, die Persönlichkeit davor zu schützen, gegen ihren Willen abgebildet zu werden. Eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts sei daher auch in den Fällen der sogenannten „Doppelgängerwerbung“ zu bejahen, bei denen eine Verwechslung nahe gelegt wird.

Nach der Rechtsprechung des BGH sei dabei nicht von Bedeutung, auf welchen Merkmalen des äußeren Erscheinungsbildes die Erkennbarkeit beruht. Diese könne sich nicht nur aus den Gesichtszügen ergeben, sondern auch aus anderen, die betreffende Person kennzeichnenden Einzelheiten. Entscheidend sei, dass die abgebildete Person erkennbar das äußere Erscheinungsbild der prominenten Person nachahmt. Damit würde der Eindruck erweckt, es handele sich um eine Abbildung dieser Person selbst.

Die Kammer ist der Auffassung, dass die Beklagte sich in ihrer Werbung nicht lediglich eines „Typus“ eines Quiz-Show-Moderators bediene, sondern ein Bildnis des Klägers i.S.d. § 22 KUG verwende.

Außergewöhnlich große Prominenz als einziger Moderator der Fernseh-Show

Zwar fehle es an einer äußerlichen Ähnlichkeit und auch Stimme, Artikulation, Gestik, Mimik und Körperbewegung seien verschieden. Insofern könne nicht von einem „Doppelgänger“ i.S. eines „Doubles“ oder „Look-alikes“ die Rede sein. Zudem werde Jauch an keiner Stelle genannt. Maßgeblich und im Ergebnis entscheidend zu berücksichtigen sei jedoch, dass Jauch eine außergewöhnlich große Prominenz gerade als einziger Moderator der Fernseh-Show „Wer wird Millionär?“ zukomme. Die dargestellte Szenerie ahme so erkennbar die Quiz-Show nach.

Ein Bildnis der Zeitgeschichte liege nicht vor. Der Schutz des Persönlichkeitsrechts umfasse auch die Entscheidung einer Person, ob und in welcher Weise das eigene Bild für Werbezwecke zur Verfügung gestellt werden soll.

Zudem sei im Zweifel auch das berechtigte Interesse des Moderators verletzt. Durch die Verwendung eines Bildnisses werde sein Image- oder Werbewert ausgenutzt und der Eindruck erweckt, er identifiziere sich mit dem beworbenen Produkt oder empfehle es.

Als Schadensersatz bzw. Wertersatz sei eine fiktive Lizenzgebühr zu zahlen.

Abbildung eines Doppelgängers ist Bildnis dieser Person

Das LG Köln führt die Rechtsprechung des BGH zur kommerziellen Verwendung von Bild und Namen berühmter Personen zu Werbezwecken konsequent fort. Nach Auffassung des BGH liegt in der Abbildung eines Doppelgängers, der einer berühmten Person täuschend ähnlich sieht, ein Bildnis dieser Person (BGH, GRUR 2000, 715). Das gilt auch, wenn der Eindruck, es handele sich um die berühmte Person, nicht aufgrund einer Ähnlichkeit der Gesichtszüge, sondern auf andere Weise erzeugt wird (BGH a.a.O.: hier durch Nachstellen einer berühmten Szene mit Marlene Dietrich aus dem Film „Der blaue Engel“).

(Bild: © nikolae – Fotolia.com)

3 Gedanken zu „Kennzeichnende Merkmale können Person erkennbar machen“

  1. Mit der obigen Argumentation wird weitergedacht jedes künstlerische Zitat unmöglich,wenn irgendeine Ähnlichkeit allgemeiner Art in Szenerie, Kostüm oder Beleuchtung  ausreicht um Persönlichkeitsrechte auszudehnen.
    Abstrus.
    Ist jetzt jeder Mann mit Brille, Krawatte und dunklem Anzug ein Bildnis von Günter Jauch, wenn er vor blauem Hintergrund fotografiert wird? Ja?
    Ist jetzt jeder Mann mit Brille, Kamera und dunkler Jacke ein Bildnis von mir, wenn der Hintergrund blau ist? Kann ich Forderungen damit begründen? Wohl kaum!
    Zauberwort: außergewöhnlich große Prominenz
    Ich finde es sehr bedenklich, wenn außergewöhnlich reichen/erfolgreichen Personen außergewöhnlich große Persönlichkeits-Rechte attestiert werden.
    Gab es nicht irgendwann mal einen Gleichheitsgrundsatz?

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  2. Ich zitiere den Klammerzusatz am Schluss „(durch Nachstellen einer berühmten Szene mit Marlene Dietrich aus dem Film „Der blaue Engel“)“ und frage mich: Wird denn durch das Nachstellen einer Filmszene das Persönlichkeitsrecht eines Schauspielers überhaupt tangiert? Ich glaub, da läuft etwas in die falsche Richtung. Auch bei Gunter Jauch wurde doch offenbar bewusst keine täuschende Ähnlichkeit mit den Quizmaster angestrebt, sondern eine Szene aus eine Fernsehsendung nachgestellt („Die dargestellte Szenerie ahme so erkennbar die Quiz-Show nach“).
    MfG
    Johannes

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