Stand der Dinge: Gesetzesänderung zum Schutz vor überhöhten Abmahngebühren – Update 2

Der formale Stand der Dinge bzgl. des geplanten Gesetze lässt sich recht kurz zusammenfassen: Der Bundestag hat das Gesetz (BT-Drs. 17/13057) am 27.06.2013 in 2. und 3. Lesung beraten und angenommen (BT-Plenarprotokoll 17/250, S. 31986B). Der Bundesrat wird das Gesetz nun in seiner Sitzung am 20.09.2013 beraten.

Inhaltlich sollen uns insbesondere die geplanten Regelungen zu urheberrechtlichen Abmahnungen interessieren. Ziel des Gesetzes ist es, die Abmahngebühren für Anwälte zu senken, so dass sich die Kosten anwaltlicher Schreiben für abgemahnte Personen reduzieren. Geplant ist daher die Deckelung des Streitwerts für Streitigkeiten zwischen Rechteinhabern und Privatpersonen auf 1.000 €. Daraus ergeben sich für den abmahnenden Anwalt gesetzliche Gebühren in Höhe von 155,30 €.  Dieser Betrag ist tatsächlich geringer, als der bisher häufig verlangte. Regelmäßig waren Berechnungen basierend auf einem Streitwert von über 1.000 € zu finden. Dementsprechend weren auch die gesetzlichen Gebühren für den Rechtsanwalt höher.

Der Wortlaut des geplanten § 49 des Gerichtskostengesetzes (GKG) lautet hinsichtlich dieser Deckelung wie folgt:

Urheberrechtsstreitsachen

(1) In einer Urheberrechtsstreitsache beträgt der Streitwert für den Unterlassungs- oder Beseitigungsanspruch 1 000 Euro, wenn der Beklagte

1. eine natürliche Person ist, die urheberechtliche Werke oder durch verwandte Schutzrechte geschützte Leistungen nicht für ihre gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit verwendet, und

2. nicht bereits wegen eines Anspruchs des Klägers durch Vertrag, aufgrund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung oder einer einstweiligen Verfügung zur Unterlassung verpflichtet ist;

es sei denn, dieser Wert ist nach den besonderen Umständen des Einzelfalles unbillig.

(2) Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn ein Unterlassungs- und ein Beseitigungsanspruch nebeneinander geltend gemacht werden.

Daraus ergeben sich nunmehr drei Aspekte, die das (durchaus zu begrüßende) Vorhaben, die Kosten einer Abmahnung zu deckeln, ins Wanken bringen könnten:

  1. Die Deckelung des Streitwerts bezieht sich ausschließlich auf Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche. Eventuell geltend gemachte Schadensersatzansprüche werden davon nicht umfasst.
  2. Die Deckelung bezieht sich ausschließlich auf Streitigkeiten zwischen dem Rechteinhaber und einer natürlichen Person im nichtgewerblichen Bereich. Juristische Personen und z. B. freiberuflich Tätige werden von dieser „Erleichterung“ nicht erfasst, solange die Verletzung in Ausübung dieser Tätigkeit gesehen ist.
  3. Ein Streitwert von 1.000 € ist nicht anzunehmen, wenn „dieser Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig“ ist. Wann dies der Fall ist, wird nicht festgelegt. Die Ausgestaltung dieser Begrifflichkeit bleibt also den Gerichten vorenthalten.

Der Wille des Gesetzgebers, das Abmahn(un)wesen einzuschränken, bringt die bisherige Fassung des Änderungsgesetzes klar zum Ausdruck. Dem entspricht auch die Gesetzesbegründung:

Hier soll anwaltlichen Ge- schäftsmodellen Einhalt geboten werden, bei denen die massenhafte Abmahnung von Internetnutzern we- gen Urheberrechtsverstößen zur Gewinnoptimierung betrieben wird und vorwiegend dazu dient, gegen den Rechtsverletzer einen Anspruch auf Ersatz von Auf- wendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entste- hen zu lassen.

Allerdings ist auch zu erkennen, wie sehr der Gesetzgeber versucht hat, den Spagat zwischen möglicherweise missbräuchlicher Kostenerzeugung und gerechtfertigter Geltendmachung wertiger Schutzrechte zu schaffen. Keine Frage, dass dies keine leichte Aufgabe ist. Während auf der einen Seite unzählige Verbraucher mit teilweise überhöhten Kosten für eine Abmahnung belastet werden, stehen auf der anderen Seite Urheber und Rechteinhaber, die ihre Rechte wirksam gewahrt sehen wollen. Inwieweit die geplanten Änderungen tatsächlich zu einer Reduzierung der Kosten für eine Abmahnung sorgen können, bleibt abzuwarten. Die jeweiligen Parteien werden jedoch sicherlich alles daran setzen, für bzw. gegen „besondere Umstände des Einzelfalls“ zu argumentieren. Erst wenn sich die Gerichte in einigen Verfahren mit der Auslegung dieser Begrifflichkeit beschäftigt haben, wird sich zeigen, was man darunter verstehen darf. Die amtliche Gesetzesbegründung geht in der Formulierung jedenfalls von „klar bestimmbaren Tatbestandsmerkmalen“ aus – dann sind wir mal gespannt.

Neben der Kostendeckelung bringt die Gesetzesänderung auch Änderungen hinsichtlich der inhaltlichen Anforderungen an eine Abmahnung mit sich. So soll aus dem Abmahnschreiben immer klar erkennbar sein, wessen Rechte durch welche Handlung verletzt worden sein sollen. Die geplante Änderung zu § 97a des Urheberrechtsgesetzes lautet in ihrer geplanten Fassung daher wie folgt:

Abmahnung

(1) Der Verletzte soll den Verletzer vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens auf Unterlassung abmahnen und ihm Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung beizulegen. Auf die Abmahnung ist § 174 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anzuwenden.

(2) Die Abmahnung hat in klarer und verständlicher Weise:

1. Name oder Firma des Verletzten anzugeben, wenn der Verletzte nicht selbst, sondern ein Vertreter ab- mahnt,

2. die Rechtsverletzung genau zu bezeichnen,

3. geltend gemachte Zahlungsansprüche als Schadensersatz- und Aufwendungsersatzansprüche aufzuschlüsseln und

4. wenn darin eine Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungsverpflichtung enthalten ist, anzugeben, inwieweit die vorgeschlagene Unterlassungsverpflichtung über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausgeht.

Eine Abmahnung, die nicht Satz 1 entspricht, ist unwirksam. Wenn ein Verletzer aufgrund einer solchen Abmahnung eine Unterlassungserklärung abgibt, so ist diese Unterlassungserklärung unwirksam.

(3) Soweit die Abmahnung berechtigt ist und Absatz 2 Nummern 1 bis 4 entspricht, kann der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangt werden. § 49 des Gerichtskostengesetzes ist entsprechend anzuwenden.

(4) Soweit die Abmahnung unberechtigt oder unwirksam ist, kann der Abgemahnte Ersatz der für die Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen verlangen. Weiter gehende Ersatzansprüche bleiben unberührt.

Darüber hinaus wird das neue Gesetz voraussichtlich auch Regelungen zu per Telefon verabredeten Gewinnspielen, dem Inkasso-Wesen und der Wahl des Gerichtsstands im Wettbewerbsrecht treffen. Diesbezüglich sei auf die bisherige Fassung des Gesetzes verwiesen: BT-Drs. 17/13057

Update vom 20.09.2013:

Der Bundesrat hat die erforderlichen Gesetzesänderungen heute in seiner 914. Sitzung beschlossen. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger erklärt dazu unter anderem:

[…] Das lange Ringen hat sich gelohnt, denn die Bundesregierung hat für die Verbraucher das erreicht, woran die große Koalition gescheitert war. Künftig kostet eine Abmahnung knapp 148 Euro – und nur in wenigen Ausnahmefällen mehr. Außerdem können Verbraucher künftig nicht mehr an einem beliebigen Gericht verklagt werden, sondern nur noch an ihrem Wohnsitz. Dieses vor allem durch das Internet entstandene Problem ist damit entschärft. […]

Der gesamte Gesetzesbeschluss ist hier zu finden.

Update vom 09.10.2013:

Das Gesetzespaket wurde nun im Bundesgesetzblatt veröffentlicht (Jahrgang 2013 Teil I Nr. 59, ausgegeben zu Bonn am 8. Oktober 2013). Das Gesetzgebungsverfahren ist damit abgeschlossen und die Änderungen treten einen Tag nach Verkündung (also am 9.10.2013) in Kraft.

(Bild: © fotomek – Fotolia.com)

1 Gedanke zu „Stand der Dinge: Gesetzesänderung zum Schutz vor überhöhten Abmahngebühren – Update 2“

  1. Vielen Dank für die Aufstellung. Schade, dass scheinbar nur Privatpersonen davon partizipieren. Gerade auch Unternehmer vor solchen Abmahnpraktiken zu schützen, wäre da um einiges interessanter. Aber vielleicht lehnt sich die Rechtssprechung langfristig an den Gesetzesvorschlag an, so dass willkürlichem abmahnen zukünftig ein Riegel vorgeschoben wird.
    Oder wie sehen Sie dies?

    Antworten

Schreibe einen Kommentar