Der Enkel als Person der Zeitgeschichte

Ein Großvater ist mit der Arbeit des Jugendamtes nicht zufrieden. Grund sind Streitereien um die Übertragung des Sorgerechts über seinen Enkel an das Jugendamt. Um darüber zu berichten schreibt er Texte und stellt diese mitsamt Bildern seines Enkels ins Internet; gegen den Willen des Jugendamtes.

Bildnisveröffentlichung als Straftat

Das Amtsgericht verurteilte den Großvater zu einer Geldstrafe von 400 €. Seine Berufung vor dem Landgericht wurde verworfen – die Veröffentlichung sei eine Straftat nach §§ 33 Abs. 1, 22 KUG. Die Bilder seien öffentlich zur Schau gestellt worden und das Kind sei „den Blicken anderer ausgesetzt“ gewesen. Das Jugendamt hätte der Veröffentlichung zustimmen müssen. Eine vertrackte Situation, aber rechtlich soweit richtig.

Enkel als Person der Zeitgeschichte?

Doch hätten die Richter vom Amtsgericht und Landgericht sich einmal mehr mit dem Rest des Kunsturheberrechtsgesetzes beschäftigen sollen: Es wurde komplett übersehen, dass eine Ausnahme aus § 23 Abs. 1 KUG eingreifen könnte. Genauer gesagt hätten sie sich darüber Gedanken machen müssen, ob das Kind eine „Person der Zeitgeschichte“ war und kein berechtigtes Interesse gegen eine Veröffentlichung der Bilder bestand. Das monierte das Oberlandesgericht Karlsruhe (Beschluss v. 02.02.2011, Az.: 1 (7) Ss 371/10-AK 99/10).

Es hätte geprüft werden müssen,

ob das Kind durch die Geschehnisse und Auseinandersetzungen in Zusammenhang mit der Sorgerechtsübertragung auf das Jugendamt und deren an die Öffentlichkeit gerichtete kritische Kommentierung durch den Angeklagten im Internet in den Bereich der Zeitgeschichte gerückt und so zu einer sog. relativen Person der Zeitgeschichte geworden sein könnte.

Neutrale Abbildung ohne Herabsetzung

Der Fall wurde also wieder an das Landgericht zurückverwiesen, um den Fall erneut zu prüfen. Unter anderem sei zu berücksichtigen, dass  die Abbildungen neutral gehalten seien und keine Herabsetzung darstellen. Auch sei zu bewerten, was der Großvater mit den Texten und Bildern genau bezwecken wollte und ob die Öffentlichkeit möglicherweise erst durch die Gesamtaussage von Text und Bild aufmerksam gemacht werden konnte. Demgegenüber müssen etwaige negativen Folgen für das Kind berücksichtigt werden. Betont wurde,

dass die Veröffentlichung von Bildnissen von Kindern zwar nicht generell unzulässig ist, jedoch Minderjährige insoweit besonders schutzbedürftig sind und einen erhöhten Persönlichkeitsschutz genießen – und zwar sowohl im Hinblick auf den Schutz ihrer Privatsphäre als auch im Hinblick auf ihr Recht auf eine ungestörte kindgemäße Entwicklung und Entfaltung (BGH NJW 2010, 1454).

Es sei noch einmal darauf hinzuweisen, dass das Oberlandesgericht noch keine Wertung vorgenommen, sondern zur erneuten Prüfung an das Landgericht verwiesen hat. Das Oberlandesgericht hat nur festgestellt, dass der § 23 KUG nicht beachtet wurde. Diesen Fehler gilt es zu bereinigen, indem in einem Urteil darauf eingegangen wird.

(Bild: © Arcady – Fotolia.com)

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