Filehoster haften grundsätzlich für Rechtsverletzungen

Filehoster wie Rapidshare können unter Umständen für Urheberrechtsverletzungen mit verantwortlich gemacht werden, so die Richter des Bundesgerichtshof.  Dies ergebe sich aus den Grundsätzen der Störerhaftung. Das Verfahren wurde an das Oberlandesgericht Düsseldorf zurückverwiesen, um die Zumutbarkeit zu prüfen.

Mittelpunkt des Streits zwischen dem Filehoster Rapidshare und der Computerspiel-Firma Atari ist die unerlaubte Verbreitung des Computerspiels „Alone in the Dark“ über Server der Speicherplattform. Das OLG Düsseldorf (21.12.2010 – 20 U 59/10) hatte noch Rapidshare Recht gegeben. Es befand, dass Rapidshare ausreichende Vorkehrungen gegen die illegale Verbreitung urheberrechtlich geschützten Materials ergriffen habe. Die von Atari geforderten weiterreichenden Maßnahmen wie Wortfilter oder manuelle Überprüfung seien dem Unternehmen nicht zuzumuten. Es könnten legale Inhalte betroffen sein und der Erfolg stehe in keinem Verhältnis zum Aufwand.

Kein Täter aber möglicherweise Störer

Wie bei heise.de nachzulesen entschied der BGH (Az.: I ZR 18/11), dass die Bedenken des OLGs näher untersucht werden müssten. Zwar sei der Filehoster nicht selbst Täter der Rechtsverletzung, wie der Vorsitzende Richter Joachim Bornkamm laut dpa bei der Urteilsverkündung am Donnerstagabend angab. Filehosting sei grundsätzlich ein „anerkanntes Geschäftsmodell“, für das es „viele legale Nutzungsmöglichkeiten“ gebe. Bei  Hinweisen auf Rechtsverletzungen müsse der Filehoster jedoch– beispielsweise mit einem technischen Filter – überprüfen, ob in Zukunft entsprechende Dateien neu hochgeladen werden.

Weiter obliege es dem Filehoster „den Bestand daraufhin untersuchen, ob von anderen Nutzern das Spiel auf die Plattform gestellt worden ist“, so Bornkamm. Bei Hinweisen darauf, dass bestimmte Dateien unter anderem Namen zum Download angeboten werden – etwa in Linksammlungen – müsse Rapidshare auch dieser Möglichkeit nachgehen. Wenn ein Filehoster wie Rapidshare diesen Pflichten nicht nachkommt, könne er als sogenannter Störer zur Unterlassung verurteilt werden.

Rapidshare-Geschäftsführerin Alexandra Zwingli hatte gegenüber Spiegel-Online noch im April 2012 erklärt, dass der Anteil illegaler Nutzung bei Rapidshare ungewiss sei.

Möglicher Konflikt mit EuGH-Rechtsprechung

Eigentlich ist das Urteil des BGH damit nichts großartig Neues oder überraschend. Dass ein Unternehmen zu handeln hat, wenn es zuvor auf gleichartige Rechtsverletzungen hingewiesen wurde, sollte verständlich sein. Die Störerhaftung ist ein etabliertes Rechtsinstitut. Voraussetzung sei allerdings stets, dass die Maßnahmen für das Unternehmen zumutbar seien, betonte Bornkamm. Damit spielt er anscheinend auf das bereits entschiedene EuGH-Urteil an.

Der EuGH (Urteil v. 16.02.2012, Az.: C‑360/10) hatte sich bereits mit der Frage von Filterpflichten (bei sozialen Netzwerken) auseinandergesetzt. Einerseits könnte eine Filterpflicht aus Datenschutzgründen unzumutbar sein (die durch Art. 8 und 11 der Charta geschützten Rechte auf den Schutz personenbezogener Daten und auf freien Empfang oder freie Sendung von Informationen), andererseits weil eine Abwägung der Interessen der Rechteinhaber und der Provider im Sinne der Provider zu entscheiden sei. Ein Filtersystem würde zu einer

qualifizierten Beeinträchtigung der unternehmerischen Freiheit des Hosting-Anbieters führen, da sie ihn verpflichten würde, ein kompliziertes, kostspieliges, auf Dauer angelegtes und allein auf seine Kosten betriebenes Informatiksystem einzurichten, was im Übrigen gegen die Voraussetzungen von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2004/48 verstieße, wonach die Maßnahmen zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums nicht unnötig kompliziert oder kostspielig sein dürfen.

Ebenso könne auch die Informationsfreiheit betroffen,

weil die Gefahr bestünde, dass das System nicht hinreichend zwischen einem unzulässigen und einem zulässigen Inhalt unterscheiden kann, so dass sein Einsatz zur Sperrung von Kommunikationen mit zulässigem Inhalt führen könnte. Denn es ist unbestritten, dass die Antwort auf die Frage der Zulässigkeit einer Übertragung auch von der Anwendung gesetzlicher Ausnahmen vom Urheberrecht abhängt, die von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat variieren. Ferner können bestimmte Werke in bestimmten Mitgliedstaaten gemeinfrei sein, oder sie können von den fraglichen Urhebern kostenlos ins Internet gestellt worden sein.

Zurückverweisung an das OLG Düsseldorf

Selbstverständlich ist ein Filehoster kein soziales Netzwerk. Auf die Frage, wie Rapidshare ausschließen solle, dass der Nutzer nicht nur eine Sicherungskopie angelegt hat hatte Richter Wolfgang Kirchhoff laut dpa passendes zur Antwort: „Der Dienst heißt nun mal Rapidshare und nicht Rapidstore – und das sagt schon alles.“

Mit der Frage der Zumutbarkeit muss sich jetzt das OLG Düsseldorf noch einmal beschäftigen, um zu entscheiden, was Filehostern wie Rapidshare auferlegt werden könne und dürfe.

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