OLG Hamm: Unterlassungs- und Erstattungsanspruch bei Verwendung von Fotos aus einer Dissertation

Das Oberlandesgericht Hamm hatte sich mit dem Begehren einer Zahnärztin auseinanderzusetzen, die Unterlassungs- und Erstattungsansprüche an Bildern aus Ihrer Dissertation geltend machte (Urteil vom 07.06.2011, Az.: 4 U 208/10).

Die Zahnärztin hatte im Jahr 1987 eine Dissertation zum Thema Zahnreinigung an der RWTH Bochum erstellt und innerhalb dieser selbst geschossene Fotografien von Patienten-Gebissen verwendet. Einige dieser Bilder tauchten nun auf verschiedenen Websites von anderen Zahnärzten zur Bewerbung von Zahnreinigungen auf. Auf die Abmahnungen an die Verwender hin, in der sie die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und Zahlung von 661,16€ für außergerichtliche Rechtsanwaltskosten verlangte, wurde von den Betroffenen nur in Form der Abgabe der Unterlassungserklärung reagiert. Daraufhin reichte die Zahnärztin Klage bei dem zuständigen Landgericht Bielefeld ein und bekam die gewünschten Ansprüche zugesprochen. Gegen dieses Urteil richtet sich nun die Berufung vor dem OLG Hamm.

Der Kläger, ebenfalls ein Zahnarzt, begehrte die Abänderung des Urteils des Landgerichts und Abweisung der Klage. Die beklagte Zahnärztin beantragte, verständlicherweise, die Zurückweisung der Berufung. Diesem Antrag kam das OLG Hamm auch nach.

Die Bilder der Zahnärztin unterfallen dem Leistungsschutzrecht der §§ 72, 15ff UrhG und sind damit urheberrechtlich geschützt. Urheberin ist die Zahnärztin, die die Bilder selbst angefertigt hat und alleinige Verfasserin der Dissertation ist. Gem. § 10 UrhG wird die Urheberschaft desjenigen vermutet, der auf dem Original oder einem Vervielfältigungstück als solcher ordnungsgemäß bezeichnet ist. Daran bestehen in diesem Fall keine Zweifel, da der Name der Zahnärztin auf der Arbeit vermerkt war. Diese Vermutung der Urheberschaft bezieht sich nicht nur auf die Dissertation selbst, sondern auch auf die Fotos, da sie einen integralen Bestandteil der Arbeit darstellen. Diese Vermutung der Urheberschaft konnte durch den Zahnarzt, der das Berufungsverfahren angestrebt hatte, nicht ausgeräumt werden.

Das Argument, die Rechte an den Bildern stünden nicht der Beklagten, sondern der RWTH Bochum zu, da die Zahnärztin dort als wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig war, wurde vom Gericht ebenfalls abgelehnt. Die Dissertation stelle kein Pflichtwerk im Rahmen dieses Arbeitsverhältnisses dar und wurden auch nicht zur allgemeinen Abhandlung von Patienten angefertigt. Insofern konnte auch die Universität nur Nutzungsrechte an dem Werk erlangen.

Geäußert hat sich das Gericht noch zu den Pflichten, die den Verwender der Bilder treffen, um ein schuldhaftes Handeln (und damit einen Schadensersatzanspruch) auszuschließen. Vorliegend hatte der Verwender der Bilder seine Website von einer Firma, die auf die Erstellung von Internetauftritten für Zahnärzte und Kieferorthopäden spezialisiert ist, anfertigen lassen und sich auf die korrekte Rechteeinräumung verlassen. Dies sei jedoch nicht ausreichend:

Wer auf seinen Internetseiten im Rahmen von Werbung viele fremde Bilder veröffentlicht, muss auch entsprechend sorgfältig die Berechtigung hieran recherchieren. Für den Inhalt der Werbung bleibt der Werbende selbst verantwortlich. Er kann sich nicht auf ein spezialisiertes Unternehmen verlassen. Ein Sonderrecht betreffend die Internetwerbung kann nicht statuiert werden. Letztlich ist auch kein Unterschied zu erkennen zwischen dem Zahnarzt, der einem Gestalter seiner Internetwerbung vertraut, und einem Kollegen, der eine Werbeagentur mit der Gestaltung einer Werbebroschüre oder eines Flyers beauftragt. Für das Internet und eine Häufung aller möglichen Werk- und Bildnutzungen ist eine Ausnahmerechtsprechung nicht gerechtfertigt. Der gesetzliche Urheberschutz hat sich durch das neue Medium Internet nicht geändert, allenfalls das Maß der hiermit verbundenen Verstöße. Es ist zum Schutz der Urheber keineswegs angezeigt, nunmehr den Verletzter regelmäßig unter Hinweis auf ein fehlendes Auswahl- und Überwachungsverschulden von seiner Verantwortlichkeit für Verletzungen freizustellen.

Dementsprechend bestätigte das OLG Hamm die Rechtsauffassung des LG Bielefeld und bestätigte auch den Schadensersatzanspruch. Den Einwand des Rechtsmissbrauchs aufgrund mehrerer Abmahnung die die Zahnärztin verschickte, ließ das Gericht ebenfalls nicht gelten und verwies darauf, dass es in gleich gelagerten Parallelfällen durchaus sachgerecht ist, sich gleich lautender Abmahnschreiben zu bedienen.

(Bild: © beaubelle – Fotolia.com)

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