RTL und das Recht am eigenen Bild

Die Wellen, die der Beitrag über die GamesCom geschlagen hat, war wohl selbst für RTL nicht vorhersehbar. Da sich genug andere Seiten mit dem Thema der Berichterstattung beschäftigen, wollen wir uns nicht großartig mit dem „was“ aufhalten. Viel mehr wollen wir hier einen kleinen Einblick über das „wie“ der Berichterstattung geben und was daran vielleicht nicht so ganz unbedenklich sein könnte.

Dass die Berichterstattung auf die ein oder andere Art verletzend aufgefasst wurde, zeigt allein der Ansturm von über 8.000 Beschwerden. Auch RTL hat bereits um Entschuldigung gebeten:

„Die Verallgemeinerung und Überzeichnung des Beitrags war ein Fehler. Wenn wir damit Gefühle verletzt haben sollten, entschuldigen wir uns ausdrücklich dafür. Der bei facebook privat gepostete Kommentar des RTL-Redakteurs war ausschließlich dessen private Meinung und in keinster Weise die von RTL.“

In der Annahme, dass dies auch ernst gemeint ist, wird darauf aber nur auf die Allgemeinheit Bezug genommen, die sich an dem Beitrag gestört haben könnte. Was aber ist mit den Personen in dem Beitrag?

In dem Beitrag sind neben Personen, die von der Hostess angesprochen werden, zwischendurch auch immer wieder andere Besucher der GamesCom zu sehen, die zumindest in den gezeigten Ausschnitten die Kamera teilweise nicht einmal registrieren.

Man kann davon ausgehen, dass man auch als Besucher der GamesCom in gewissem Maße damit rechnen muss, dass man als Teil der Masse gefilmt wird. Weniger problematisch sind dabei vor allem die Fälle, in denen die Leute in die Kamera winken oder vor die Kamera gestellt und interviewt werden. Dabei ist es wohl zuzumuten, dass sie auch erkennen, dass das Filmmaterial veröffentlicht wird.

Schwierig wird es jedoch, wenn Personen ungefragt „aus der Masse herausgenommen“ und einzeln, eindeutig erkennbar, als Teil des Beitrages erfasst werden. Hier kann insbesondere die Frage nach dem dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht bzw. dem „Recht am eigenen Bild“ gestellt werden.

Nimmt man hierbei die Bildberichterstattung – also den Bericht ohne Ton – kann man wieder auf die Aussage zurückkommen, dass man damit rechnen müsse, gefilmt zu werden. Eventuell sogar, dass man als Einzelperson aufgezeichnet wird. Sowas kennt man insbesondere von Sportevents, bei denen auch gerne einzelne Zuschauer gezeigt werden.

Nun kann man den Beitrag jedoch nicht wirklich von der dazugehörigen Wortberichterstattung trennen. Und wenn man dann bei den Worten „die überwiegende Mehrzahl aller Messebesucher trägt aber den Computerspieler-Einheitslook: dunkle Schlabberklamotten, die manchmal etwas streng riechen“ mit der Kamera einzelne Besucher deutlich ins Visier nimmt, darf damit wohl nicht wirklich gerechnet worden sein.

Auch muss man bei einer solch kurzen und prägnanten Berichterstattung, mit eigentlich nur einem Thema, nicht einzelne Aussagen für sich nehmen, sondern muss den Beitrag im Ganzen sehen: Da wird ein Mann nach seiner körperlichen Hygiene gefragt, eine Messe-Hostess teilt die GamesCom Besucher in Kategorien (die, die sich verkleiden; die in sich gekehrten und introvertierten; und die Jungs die nicht so gerne das Bad aufsuchen) und die Messebesucher werden unter anderem als komische, streng riechende Personen in „Schlabberklamotten“  betitelt.

Vor diesem Hintergrund: Wer möchte bei solchen Themen gerne im Fokus der Kamera die Aufmerksamkeit auf sich ziehen? Auch wenn man von einer gewissen „Kamerageilheit“ des Menschen ausgeht, kann man diese Frage wohl so im Raum stehen lassen …

Um noch den BGH (Urteil vom 28.09.2004, Az.: VI ZR 305/03 – Charlotte Casiraghi II) zu zitieren:

Bildnisse einer Person dürfen grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden (§ 22 Satz 1 KUG). Das Recht am eigenen Bild ist eine besondere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Daraus ergibt sich, daß grundsätzlich allein dem Abgebildeten die Befugnis zusteht, darüber zu befinden, ob und in welcher Weise er der Öffentlichkeit im Bild vorgestellt wird.

Selbst wenn eine Befugnis angenommen werden sollte, steht in § 23 KUG eindeutig:

Die Befugnis erstreckt sich jedoch nicht auf eine Verbreitung und Schaustellung, durch die ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten oder, falls dieser verstorben ist, seiner Angehörigen verletzt wird.

Mittlerweile hat auch die NLM (Niedersächsische Landesmedienanstalt) eine Pressemitteilung veröffentlicht. Darin wird Direktor der NLM, Andreas Fischer, zitiert:

Der Beitrag ist durch seine unverblümte Tendenz sicher ärgerlich, aber keinesfalls rechtswidrig. In einer freiheitlichen Medienordnung können und müssen derartige Berichte toleriert werden. Ich hoffe sehr, dass die Gamer-Szene, die ja selbst für Freiheitsrechte eintritt, dies am Ende akzeptieren kann

Da wir diese Entscheidung hinsichtlich der Verletzung des Rechts am eigenen Bild für sehr zweifelhaft halten – insbesondere aufgrund der verachtenden und herablassenden Aufmachung des Beitrages – haben wir bei der NLM um Stellungnahme gebeten. Die Antwort steht noch aus.

(Bild: © Matthias Enter – Fotolia.com)

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