Aktfotografie – Eine Gratwanderung zwischen Erotik und Pornografie – Teil 2

Nach der rechtlichen Einordnung von Aktfotografien im ersten Teil der Serie sollen nunmehr drei heikle, aber wichtige Aspekte im Rahmen der Akfotografie beleuchtet werden. Thematisiert werden die Minderjährigkeit des Models, die Einwilligung zur Veröffentlichung und ihr Widerruf sowie Akt-Shootings in der Öffentlichkeit.

Aktbilder von Minderjährigen?

Bei Aktaufnahmen von Minderjährigen, also Personen unter 18 Jahren, ist generell Vorsicht geboten. Es fängt schon damit an, dass der Fotograf das Risiko trägt, ob das vom Model angegebene Alter richtig oder falsch ist.

Darüber hinaus ist man noch immer geteilter Ansicht, inwieweit die Vorschriften der §§ 104 ff. BGB Anwendung finden und wann es auf Grundrechtsmündigkeit oder auf die Einsichtsfähigkeit des Kindes ankommt (vgl. etwa Dasch, Die Einwilligung zum Eingriff in das Recht am eigenen Bild, Urheberrechtliche Abhandlungen des MPI, Heft 23, München 1990).

Kinder, die das siebente Lebensjahr nicht vollendet haben, gelten als geschäftsunfähig, § 104 Nr. 1 BGB. Zumindest in diesen Fällen ist die Zustimmung der Eltern einzuholen, §§ 1626, 1793 BGB (evtl. in Verbindung mit § 184 BGB). Im Zweifel ist die Zustimmung beider Elternteile notwendig, vgl. §§ 1627, 1629, (184) BGB. Die Einwilligung der Eltern, das Kind dürfe als Fotomodel arbeiten, ist jedoch noch längst keine Einwilligung, dass das Kind als Aktmodell arbeiten darf (BGH NJW 74, 1942, 1949). Nach herrschender Auffassung bedürfen Minderjährige aber auch im Alter von 8 bis einschließlich 17 Jahren für Aufnahmen der Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters. Darüber hinaus ist stets auch die Einwilligung der Minderjährigen selbst erforderlich, sofern er einsichtsfähig, d. h. in der Lage ist die Bedeutung und Tragweite seiner Einwilligung zu überblicken. Dabei kann in der Regel ab der Vollendung des 14. Lebensjahres von einer Einsichtsfähigkeit ausgegangen werden (vgl. LG Bielefeld vom 18.09.2007, Az.: 6 O 360/07; Libertus, ZUM 2007, 621 ff. (624)). In diesen Fällen spricht man von einer sogenannten „Doppelzuständigkeit“. Eltern können somit nicht alleine „über den Kopf des Kindes“ hinweg entscheiden.

Im Hinblick auf die bereits angesprochene Problematik, wann Aktbilder die Grenze zur Pornografie überschreiten, sind bei Aktfotos von Minderjährigen insbesondere die §§ 176 ff. StGB zu beachten. Bevor man Minderjährigen auf erotische Art und Weise ablichtet, sollte dies von jedem selbst streng hinterfragt und kritisch betrachtet werden.

Gibt es einen Widerruf der Einwilligung zur Veröffentlichung eines Aktbildes?

Nach § 22 KUG dürfen Bildnisse grundsätzlich nur mit Einwilligung der abgebildeten Person veröffentlicht und vervielfältigt werden. Es stellt sich die Frage, ob diese Einwilligung zur Veröffentlichung widerrufen werden kann. Grundlage des Streits ist die rechtliche Einordnung der Einwilligung. Die Rechtsprechung geht davon aus, dass es sich um eine unwiderrufliche rechtsgeschäftliche Willenserklärung handelt. Dies hat vor allem den Grund, dass sich der Fotograf auf die Erklärung verlassen dürfen muss. Für den Nachweis ist es daher wie immer zu raten, dass ein entsprechender Model-Release-Vertrag vorgelegt werden kann.

Jedoch unterfallen auch Aktbilder dem Schutz des Kunsturhebergesetzes (KUG) und somit dem Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Dabei gilt, dass Aufnahmen des unbekleideten Körpers einen ganz gravierenden Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht und die höchstpersönliche Intimsphäre des Abgebildeten darstellen (vgl. Dreier/Schulze, UrhG, § 22 KUG Rn. 6). Die allgemeinen Regeln über das Recht am eigenen Bild greifen ein. Dies hat zur Folge, dass die Rechtsprechung von der generellen Unwiderrufbarkeit Ausnahmen macht. In Anlehnung an das Rückrufrecht aus § 42 UrhG kann das Model aufgrund gewandelter Überzeugung seine Einwilligung widerrufen. Das OLG München stellte jedoch schon am 17.03.1991 (Aktz.: 21 U 4729/88 = NJW RR 1990, 999-1000) fest, dass an einen solchen Widerruf strenge Anforderungen zu stellen sind. Die reine Behauptung, man wolle nun seriöser werden, reiche alleine nicht aus. Die Einwilligung bestehe zumindest einige Zeit fort. Ähnlich sieht dies auch das LG Köln und lässt einen Widerruf nur aus wichtigem Grund zu (Urteil vom 20.12.1995, Aktz.: 28 O 406/95). So soll der Widerruf nur möglich sein, wenn wegen eines Wandels der inneren Einstellung die Fortwirkung der Einwilligung das Persönlichkeitsrecht verletzen würde. Einen solch gravierenden Eingriff scheint zumindest Frau Kekilli vor dem KG Berlin geltend gemacht zu haben. Sie hat mit Erfolg gegen RTL auf Unterlassung der Verbreitung von pornografischem Bildmaterial geklagt (vgl. “ Sibel Kekilli verklagt RTL wegen Porno-Missgriff „).

§ 22 S. 3 KUG macht zudem die Veröffentlichung von Bildern mittlerweile Verstorbener bis zu 10 Jahre nach deren Tod von der Zustimmung von Angehörigen abhängig. Bei Aktfotos kann den Angehörigen jedoch ein permanentes Interventionsrecht zustehen, denn der postmortale Würdeschutz unterfällt grds. nicht der 10-Jahresfrist des § 22 S. 3 KUrhG (vgl. OLG München, ZUM 2002, 744 – Marlene Dietrich nackt).

Sind Akt-Shootings in der Öffentlichkeit erlaubt?

Auch der Ort der Aufnahme kann mitunter zu Unannehmlichkeiten führen, denn es besteht die Gefahr einer Ordnungswidrigkeit aufgrund einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit.

Möglich wäre z.B. ein Verstoß gegen § 118 OWiG (vgl. OVG Münster, NJW 1997, 1180). Es handelt ordnungswidrig, wer eine grob ungehörige Handlung vornimmt, die geeignet ist, die Allgemeinheit zu belästigen oder zu gefährden und die öffentliche Ordnung zu beeinträchtigen. Demnach reicht es also aus, wenn sich jemand durch Aktfotos in der Öffentlichkeit auch nur belästigt fühlen könnte. Ein generelles Verbot gibt es damit wohl nicht, doch sollte jedem klar sein, dass man sein (teilweise) nacktes Model nicht während der Hauptgeschäftszeiten durch die Innenstadt laufen lassen sollte. Die Gefahr, dass dies als Ärgernis angesehen wird – auch wenn es bei manch anderem sicherlich ein Schmunzeln hervorruft – ist sehr hoch. Bei Verstoß kann unter Umständen ein Bußgeld bis zu 1000 € fällig werden, § 17 I OWiG. Wenn man aus der Ordnungswidrigkeit auch noch Kapital schlägt, kann das Bußgeld noch höher ausfallen, § 17 IV OWiG.

Da es jedoch in anderen Situationen sehr viel schwieriger einzuschätzen ist, ob sich jemand belästigt fühlen könnte oder wie die Polizei bzw. das Ordnungsamt im Fall der Fälle reagiert, sollte man versuchen eine vorherige Erlaubnis einzuholen oder generell auf Aktfotos in der Öffentlichkeit verzichten.

Zum Abschluss

Festzustellen bleibt, dass es sich lohnt, ein Model-Release-Vertrag abzuschließen; noch besser mit anwaltlicher Hilfe einen Modelvertrag aufzusetzen. Bei Aufnahmen von Minderjährigen sind zusätzlich immer die Eltern hinzuzuziehen und ihre Einwilligung einzuholen. Diese Zustimmung sollte aus Gründen der Rechtssicherheit ebenfalls schriftlich eingeholt werden. Und sollte man sich entscheiden, Aktbilder in der Öffentlichkeit zu machen, schadet es nicht, eine vorherige Erlaubnis einzuholen oder man muss im Zweifel mit einem Bußgeld rechnen.

(Bild: © vladimirfloyd – Fotolia.com)

1 Gedanke zu „Aktfotografie – Eine Gratwanderung zwischen Erotik und Pornografie – Teil 2“

  1. Als Fotograf sollte man schon wohlwollend abwägen, ob die Aktaufnahmen eines Menschen in der eigenen Bildergalerie so wichtig sind, dass man damit einem seriösen beruflichen Aufstieg eines Models im Wege stehen möchte. Warum soll ich streiten, wenn mich jemand darum bittet evtl. Aufnahmen zu löschen, die einer Beförderung in die Chefetage eines Tages im Wege sein könnten? Für mich kein Problem. Sollte ich aber das Model seinerzeit für die entstandenen Aufnahmen entlohnt haben, erwarte ich einen Buyout, d.h. das heute geläuterte Model zahlt mir zumindest Ihre damalige Gage zurück.

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