LG Hamburg: Geldentschädigung wegen unzulässiger Bildveröffentlichung; „Eltern-Kind-Situation“

LG Hamburg

Urteil

Aktenzeichen: 324 O 1197/07

Verkündet am: 16.05.2008

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin eine Geldentschädigung in Höhe von 25.000,- Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 8. 1. 2008 zu zahlen.

II. Die Kosten des Rechtsstreites trägt die Beklagte.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar;

Tatbestand

Die Klägerin ist die (achtjährige) Tochter des bekannten Fußballtorwarts …. Sie begehrt mit der Klage, die der Beklagten am 7.1.2008 zugestellt wurde, Geldentschädigung wegen der Veröffentlichung von drei Fotos, auf denen sie jeweils mit ihren Eltern abgebildet wird.

Bei diesen drei Veröffentlichungen handelt es sich jeweils um Fotos, die in der Zeitschrift „Beklagte Entertainment Verlag GmbH“, die von der Beklagten verlegt wird, veröffentlicht wurden, und zwar in der „Beklagte Entertainment Verlag GmbHn “ vom 22. 7. 2004 (Anlagen K 1 und B 1), vom 13. 4. 2006 (Anlage B 2) und vom 13. 7. 2006 (K 4 und Anlagenkonvolut B 3 letzte Seite). Die Beklagte gab jeweils nach Abmahnungen durch die Klägerin konkrete Unterlassungsverpflichtungserklärungen ab (Anlagen K 2, K 3 und K 5). Nach der dritten Bildveröffentlichung erwirkte die Klägerin vor der Kammer ein Pauschalverbot, das mit Urteil vom 13. 10. 2006 bestätigt wurde (Anlage K 6); die Beklagte erkannte das Urteil in der Folge als endgültige Regelung an.

Das Foto in der „Beklagte Entertainment Verlag GmbHn “ vom 22. 7. 2004 (Anlagen K 1 und B 1) zeigt die Klägerin gemeinsam mit ihren Eltern im Urlaub (Bildinnenschrift: „Anfang Juli machten die …s noch gemeinsam Urlaub auf Sardinien“). Das Foto in „Beklagte Entertainment Verlag GmbH“ vom 13. 4. 2006 (Anlage B 2) zeigt die Klägerin gemeinsam mit ihren Eltern und ihrem Bruder (Bildinnenschrift: „FAMILIEN-… … mit …, 36, und den Kindern D., 3, und K., 7“). Das Foto in „Beklagte Entertainment Verlag GmbH“ vom 13. 7. 2006 (K 4 und Anlagenkonvolut B 3 letzte Seite) zeigt die Klägerin wiederum mit ihren Eltern im Urlaub auf einem Motorboot; dazu hieß es in der Bildnebenschrift fälschlich: „ …, 37, urlaubt mit Freundin Verena Ke. (…)“. Auf allen drei Bildern ist das Gesicht der Klägerin nicht zu erkennen, da sie sich jeweils nicht der Kamera zuwendet.

Die Klägerin ist der Ansicht, ein Anspruch auf Geldentschädigung in der von ihr beantragten Höhe ergebe sich daraus, dass alle drei Bilder besonders geschützte Eltern-Kind-Situationen darstellten, und dass eine vorsätzliche, grobe und hartnäckige Rechtsverletzung durch die Beklagte vorliege. Schweres Verschulden liege aufgrund des vorsätzlichen Handelns vor. Ein anderer Ausgleich als durch Geldentschädigung sei nicht möglich, sie habe alle anderen ihr zur Verfügung stehenden rechtlichen Mittel durchgesetzt. Die Schwere und Vielzahl von Persönlichkeitsrechtsverletzungen und präventive Aspekte würden eine Geldentschädigung erforderlich machen.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin eine der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellte Geldentschädigung zu zahlen, die jedoch mindestens EUR 25.000,- betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, ein Geldentschädigungsanspruch bestehe schon dem Grunde nach nicht. Entgegen der Ansicht der Kammer im Urteil vom 13. 10. 2006 sei die Klägerin auf dem Foto Anlage B 3 = K 4 nicht erkennbar, weder könne man auf dem Bild selbst die Gesichtszüge erkennen noch könne man der Bildnebenschrift entnehmen, dass die Klägerin dort abgebildet sei. Das auf dem Foto abgebildete Kind könne genauso gut auch nur das Kind eines Dritten sein. Selbst wenn man die Klägerin auf allen Bildern für „erkennbar“ im Rechtssinne halten wolle, so sei sie doch jedenfalls nicht „wieder erkennbar“. Auch könne sich die Klägerin nicht auf den besonderen Schutz von Eltern-Kind-Situationen berufen, da dieser Schutz vom Bundesverfassungsgericht Eltern zugebilligt werde, die ansonsten Aufnahmen in der Öffentlichkeit hinnehmen müssten, aber nicht ersichtlich sei, wieso auch der Schutz des abgebildeten Kindes mit dieser Überlegung „verstärkt“ werden müsse. Keines der Fotos zeige eine Situation, in der sich die Eltern besonders mit der Klägerin beschäftigten. Die Beklagte habe nicht vorsätzlich gehandelt, jedenfalls nicht bei derdritten Veröffentlichung (Anlage B 3). Dort sei die Klägerin zufällig und geradezu „versehentlich“ auf dem Foto anwesend. Der Beklagten sei dabei zugute zu halten, dass in der Zeit während und unmittelbar nach der Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland ein außergewöhnlich hohes Informationsinteresse an letztlich jeder Lebensäußerung der an ihr beteiligten Spieler bestanden habe. Die Beklagte habe in der allgemeinen Euphorie nicht davon ausgehen müssen, dass ein harmloses und noch dazu nicht aktuelles Familienfoto ihr als rücksichtslose Rechtsverletzung ausgelegt werde. Ein Genugtuungsinteresse der Klägerin bestehe nicht, da sie durch den Ausschluss jeder Wiedererkennungsmöglichkeit rücksichtsvoll behandelt worden sei und keine Anhaltspunkte dafür vorhanden seien, dass ihr Nachteile entstanden wären. Der Präventivgedanke greife nicht ein, da das „Totalverbot“ als endgültige Regelung anerkannt worden sei und daher die Geldentschädigung nicht präventiv zur Verhinderung weiterer Bildnisveröffentlichungen erforderlich sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der Sitzung vom 11. 4. 2008 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.)

Die zulässige Klage ist begründet. Der Klägerin steht eine Geldentschädigung im beantragten Umfang aus § 823 BGB i. V. m. Art 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG.

Ein Geldentschädigungsanspruch setzt voraus, dass eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung (1) und schuldhaftes Handeln (2) vorliegt sowie, dass andere Ausgleichsmöglichkeiten fehlen (3) und ein unabwendbares Bedürfnis für eine Geldentschädigung besteht (4) (vgl. Wenzel-Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung 5. Aufl. 2003, 14. Kap. Rn 102, 115, 120, 127; Soehring, Presserecht 3. Aufl. 2000 32.21, 32.26, 32.28 jeweils mit weiteren Nachweisen). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

1) Eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung kann sich insbesondere bei Bildnisveröffentlichungen auch aus dem Gesichtspunkt einer Hartnäckigkeit ergeben (BGH NJW 1996, 985 (986)). In diesem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall (dem ebenfalls die Veröffentlichung von Fotos des Kindes eines Prominenten zugrunde lag) hat der BGH für die Hartnäckigkeit darauf abgestellt, dass zu einem wiederholten Rechtsbruch durch einwilligungslose Veröffentlichung von Bildern die bewusste und offenkundige Missachtung des erklärten Willens des Klägers hinzugekommen war und die Beklagte um des eigenen wirtschaftlichen Vorteils willen gehandelt hatte (vgl. BGH NJW 96, 985 (986)).

So liegt es auch hier. Alle drei Fotos zeigen die Klägerin erkennbar in besonders geschützten „Eltern-Kind-Situationen“. Auf allen drei Bildern, auch auf dem dritten, das am 13. 7. 2006 abgedruckt wurde, ist die Klägerin erkennbar. Hierzu hat die Kammer bereits im Verfahren 324 O 576/06, in dem die hiesigen Parteien wegen derselben drei Bildveröffentlichungen der Beklagten um ein Pauschalverbot gestritten hatten, folgendes ausgeführt.

„Es handelt sich dabei um Bildnisse der Antragstellerin. Das gilt auch für das am 13.7.2006 abgedruckte Foto, denn auch darauf ist die Antragstellerin erkennbar. Erkennbarkeit ist bereits dann gegeben, wenn sich für einen Teil des Rezipientenkreises die Identität des jeweiligen Antragstellers aus den in der angegriffenen Publikation übermittelten (Teil- )Informationen ohne weiteres ergibt oder mühelos ermitteln lässt (vgl.: BVerfG, 1 BvR 263/03 vom 14.7.2004, Absatz-Nr. 12 f., www.bverfg.de; BGH, VI ZR 122/04 vom 21.6.2005, Ziff. II.3.a.aa). Ausreichend ist auch, wenn der der Betroffene nur befürchten muss, erkannt zu werden (BGH, Urteil vom 26. Januar 1971, Az.: VI ZR 95/70, Juris, Orientierungssatz). Dies ist hier der Fall. Laut der Bildnebenschrift zeigt das am 13.7.2006 abgedruckte Foto den Vater der Antragstellerin, …, im Urlaub. Schon angesichts dieser (Teil-)Information drängt sich für den Betrachter der Schluss auf, dass es sich bei dem ebenfalls abgebildeten kleinen Mädchen um die Tochter …s handeln dürfte. Hinzu kommt, dass auf diesem Foto nicht unerhebliche Teile der Frisur, der Statur sowie des Gesichtes der Antragstellerin erkennbar sind.“ (Urteil vom 13. 10. 2006, S. 3, 4)

Hieran hält die Kammer auch im vorliegenden Verfahren weiter fest. Der Einwand der Beklagten, die Klägerin sei jedenfalls nicht „wieder erkennbar“ ist unerheblich für die Frage der Erkennbarkeit, da sich diese – wie dargelegt – auch aus anderen Umständen ergeben kann.

Zu der Frage, ob das Verhalten der Beklagten hinsichtlich des Abdrucks der drei Fotos als hartnäckig einzustufen ist, hat sich die Kammer ebenfalls bereit in dem Urteil vom 13. 10. 2006 (324 O 576/06) geäußert.

„Für die Frage der Hartnäckigkeit sind insbesondere die Häufigkeit der bisherigen Rechtsverletzungen und die Intensität der einzelnen Verstöße maßgeblich (OLG Hamburg, Urteil vom 31. Oktober 1995, Az.: 7 U 46/95, im Anschluss an LG Hamburg, Urteil vom 3. Februar 1995, Az.: 324 O 564/94).

Ein Fall hartnäckiger Bildrechtsverletzung liegt hier vor. Der Bildrechtsverstoß vom 13.7.2006 erfolgte nicht einmal drei Monate nachdem die Antragsgegnerin hinsichtlich des Bildrechtsverstoßes vom 13.4.2006 eine Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben hatte. Jedenfalls auf dem ersten und dem dritten der angegriffenen Bilder sind offensichtlich besonders geschützten Eltern-Kind-Situationen abgebildet.“ (Urteil vom 13. 10. 2006, S. 5)

Auch an dieser Beurteilung hält die Kammer fest. Wie in dem Sachverhalt, der dem Urteil des Bundesgerichtshof vom 12. 12. 1995 (BGH NJW 96, 985) zugrunde gelegen hatte, liegt auch hier ein wiederholter Rechtsbruch durch einwilligungslose Veröffentlichung der Bilder und die (hier sogar wiederholte) bewusste Missachtung des erklärten Willens der Klägerin vor. Auch hier handelte die Beklagte um des eigenen wirtschaftlichen Vorteils willen. Darüber hinaus geht es im vorliegenden Fall um besonders geschützte Eltern-Kind-Situationen, bei zwei der Bilder darüber hinausgehend noch um rechtlich in gesteigertem Maße geschützte Urlaubsbilder (vgl. zu letzterem Gesichtspunkt: EGMR, Urt. v. 24. 6. 2004, Appl. no. 59320/00, Rn. 50 ff.).

Der von der Beklagten erhobene Einwand, die Klägerin könne sich nicht auf den besonderen Schutz von Eltern-Kind-Situationen berufen, geht fehl. Die Rechtsprechung zum besonderen Schutz von Eltern-Kind-Situationen dient gerade dem Schutz des ungestörten Umgangs zwischen Eltern und Kind und damit der Entwicklung des Kindes. Gerade ein betroffenes Kind kann sich damit auf den besonderen Schutz von Eltern-Kind-Situationen berufen.

Kinder bedürfen eines besonderen Schutzes, weil sie sich zu eigenverantwortlichen Personen erst entwickeln müssen (vgl. BVerfGE 24, 119 (144); 57, 361 (383)). Dieses Schutzbedürfnis besteht auch und gerade hinsichtlich der Gefahren, die von dem Interesse der Medien und ihrer Nutzer an Abbildungen von Kindern ausgehen. Deren Persönlichkeitsentfaltung kann dadurch empfindlicher gestört werden als diejenige von Erwachsenen. Der Bereich, in dem Kinder sich frei von öffentlicher Beobachtung fühlen und entfalten dürfen, muss deswegen umfassender geschützt sein als derjenige erwachsener Personen (BVerfG, 1 BvR 653/96 vom 15.12.1999, Absatz-Nr. 83, www.bverfg.de).

Vor diesem Hintergrund ist auch der Einwand der Beklagten unerheblich, dass keines der Fotos die Klägerin in einem Moment abbilde, in dem sie sich mit einem ihrer Elternteile beschäftige oder dieser mit ihr. Geschützt werden nicht lediglich diese Momente, sondern der unbefangene Umgang zwischen Eltern und Kind. Derartige spezifische Eltern-Kind-Situationen liegen hier aber unzweifelhaft vor: Allen drei Bildern ist gemein, dass sich die Klägerin unmittelbar zwischen ihren Eltern befindet und dass die Klägerin und ihre Eltern in Situationen abgebildet werden, in denen sie sich offenbar unbeobachtet fühlten.

2) Ein Geldentschädigungsanspruch setzt weiter ein schuldhaftes Handeln des Verletzers voraus, schweres Verschulden iSv Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit ist nicht erforderlich, jedoch kann ein fehlendes schweres Verschulden oder ein Mitverschulden des Betroffenen bei der Gesamtabwägung mitentscheidend dafür sein, dass der Anspruch auf Geldentschädigung zu verneinen ist (Wenzel aaO 14. Kapitel Rn 115 mit weiteren Nachweisen).

Im vorliegenden Fall ist ein schweres Verschulden gegeben. Die Beklagte handelte vorsätzlich. Hierzu hatte die Kammer im Urteil vom 13. 10. 2006 (324 O 576/06) ausgeführt:

Der Bildrechtsverstoß vom 13.7.2006 erfolgte nicht einmal drei Monate nachdem die Antragsgegnerin hinsichtlich des Bildrechtsverstoßes vom 13.4.2006 eine Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben hatte. Jedenfalls auf dem ersten und dem dritten der angegriffenen Bilder sind offensichtlich besonders geschützten Eltern-Kind-Situationen abgebildet. Dies lässt nur den Schluss zu, dass die Beklagte – der die Verfassungsrechtsprechung zur besonderen Schutzbedürftigkeit derartiger Situationen selbstverständlich bekannt ist – vorsätzlich gehandelt hat. Hinzu kommt, dass es sich bei dem ersten und dritten Foto um rechtlich in gesteigertem Maße geschützte Urlaubsbilder handelt (vgl. zu diesem Gesichtspunkt: EGMR, Urt. v. 24. 6. 2004, Appl. no. 59320/00, Rn. 50 ff.). (Urteil vom 13. 10. 2006, S. 5)

Auch an dieser Beurteilung hält die Kammer fest. Der Einwand der Beklagten, sie habe jedenfalls bei der dritten Veröffentlichung (Anlage B 3) nicht mit Vorsatz gehandelt, da die Klägerin zufällig und geradezu „versehentlich“ auf dem Foto anwesend sei und da sie in der allgemeinen Euphorie der Fußballweltmeisterschaft nicht davon habe ausgehen müssen, dass ein „harmloses und noch dazu nicht aktuelles Familienfoto ihr nun als rücksichtslose Rechtsverletzung ausgelegt werde“, überzeugt nicht. Gerade bei der dritten Veröffentlichung ist vorsätzliches Handeln gegeben, da diese Veröffentlichung nicht einmal drei Monate nach Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung in einem ganz ähnlich gelagerten Fall die Klägerin betreffend erfolgte und diese Veröffentlichung bereits die dritte gleich gelagerte Verletzungshandlung zum Nachteil der Klägerin darstellte.

3) Der Geldentschädigungsanspruch hat subsidiären Charakter, kann die Verletzung auf andere Weise hinreichend ausgeglichen werden, entfällt der Anspruch (Wenzel aaO 14. Kap. Rn 121 mit weiteren Nachweisen). Hier ist keine andere Ausgleichsmöglichkeit gegeben. Der Unterlassungsanspruch stellt, auch wenn ein Pauschalverbot ausgesprochen wurde, keine Ausgleichsmöglichkeit in diesem Sinn dar.

Als anderweitige Ausgleichsmöglichkeit werden insbesondere Gegendarstellung, Widerruf und Richtigstellung angeführt (vgl. etwa BGH NJW 96, 985 (986 a. E.); Wenzel aaO 14. Kap. Rn 121 ff, Soehring aaO Rn 32.28 ff., Prinz/ Peters Medienrecht 1999 Rn 759 ff.). Diese Ansprüche bestehen aber bei Bildnisveröffentlichungen gerade nicht (vgl. BGH NJW 96, 985 (986 a. E.). Ein bloßer Unterlassungstitel kann eine Geldentschädigung allenfalls berühren, wenn das Urteil veröffentlicht worden ist oder wenn es sonstige, über die Verurteilung hinausgehende, dem Geschädigten einen Ausgleich verschaffende Folgen gehabt hat (Wenzel aaO 14. Kap. Rn 125). Derartige Umstände sind hier nicht ersichtlich.

Zwar hat der BGH in einer älteren Entscheidung in einem obiter dictum ausgeführt, dass der Umstand, dass ein Unterlassungstitel erwirkt worden sei, zwar nicht entscheidend sei, jedoch im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung nicht ohne jegliche Bedeutung sei (BGH GRUR 1971, 529 (531). Hieraus ergibt sich aber bereits nicht, dass ein Unterlassungstitel den Geldentschädigungsanspruch entfallen lassen würde. Zum anderen sprechen hiergegen auch gewichtige Argumente: Das Oberlandesgericht Köln weist darauf hin, dass ein Unterlassungsanspruch auf Grund seines Wesens von vornherein nicht geeignet sei, den durch ein Foto erweckten Eindruck zu entschärfen oder zu beseitigen, so dass er den Anspruch auf Geldentschädigung nicht ausschließe (OLG Köln NJW-RR 2000, 470 (471)).

Hinzu kommt, dass der Geldentschädigungsanspruch eine Genugtuungs- und eine Präventionsfunktion hat (vgl. BGH NJW 1996, 985 (987 mit weiteren Nachweisen, st. Rspr.), Prinz/ Peters aaO Rn 742, 743, Soehring aaO Rn 32.32). Der allein in die Zukunft gerichtete Unterlassungsanspruch kann sich lediglich auf die Präventionsfunktion auswirken, die Genugtuungsfunktion des Geldentschädigungsanspruchs kann durch einen Unterlassungstitel als insoweit solchen – auch bei einem Pauschalverbot – von vornherein nicht erfüllt werden, so dass er bereits vom Ansatz her keine anderweitige Ausgleichsmöglichkeit darstellt.

4) Ein Geldentschädigungsanspruch setzt weiter voraus, dass eine Gesamtbeurteilung ergibt, dass für die Zuerkennung einer Geldentschädigung ein unabwendbares Bedürfnis besteht; in diesem Zusammenhang wird insbesondere auf den Schutzauftrag aus Art. 1 und 2 Abs. 1 GG und den daraus abgeleiteten Präventionsaspekt sowie auf den Genugtuungsaspekt verwiesen (BGH NJW 96, 985 (987), Wenzel aaO 14. Kap. Rn 127, Soehring Presserecht 3. Aufl. Rn 32.32).

Anderweitige Ersatzmöglichkeiten sind – wie dargelegt – nicht gegeben. Auch ergibt eine Gesamtabwägung ein unabwendbares Bedürfnis für eine Geldentschädigung. Die Beklagte hat durch ihre besonders hartnäckigen Verletzungshandlungen, bei denen sie sich wiederholt gegen den erklärten Willen der Klägerin hinweggesetzt hat, deutlich gemacht, dass sie die Rechte der Klägerin gering achtet. Auch wiegen die mehrfach wiederholten Rechtsverletzungen seitens der Klägerin besonders schwer, da hier in allen Fällen nicht nur Bilder der Klägerin, sondern besonders geschützte Eltern-Kind-Situationen und in gleich zwei der Fälle noch darüber hinausgehend besonders geschützte Urlaubssituationen abgebildet wurden. Vor diesem Hintergrund ist ein Genugtuungsinteresse der Klägerin gegeben. Der Einwand der Beklagten, ein solches Genugtuungsinteresse der Klägerin bestehe nicht, da sie durch den Ausschluss jeder Wiedererkennungsmöglichkeit rücksichtsvoll behandelt worden sei und keine Anhaltspunkte dafür vorhanden seien, dass ihr Nachteile entstanden wären, überzeugt nicht. Konkrete Nachteile sind nicht erforderlich (vgl. Wenzel aaO 14. Kapitel Rn 132). Bei einem wiederholten Hinwegsetzen über den erklärten Willen der Klägerin und drei besonders schwerwiegenden Verletzungen durch Abbildung von Eltern-Kind-Situationen kann in keiner Weise davon die Rede sein, die Klägerin sei von der Beklagten rücksichtsvoll behandelt worden. Ihre Rechte wurden im Gegenteil wiederholt vorsätzlich in besonders grober und schwerwiegender Weise verletzt.

Auch der Hinweis der Beklagten, dass der Präventivgedanke wegen des „Totalverbots“, das als

endgültige Regelung anerkannt worden sei, nicht eingreife, schlägt nicht durch. Das Pauschalverbot schützt zwar die Klägerin bereits in gewissem Umgang. Bei einem erneuten Verstoß müsste sie aber wiederum tätig werden und ein Ordnungsgeld beantragen. Angesichts der besonderen Hartnäckigkeit und der Schwere der Rechtsverletzungen der Beklagten tritt auch der Präventivgedanke trotz des Pauschalverbots nicht gänzlich zurück.

5) Der Geldentschädigungsanspruch besteht auch in der geltend gemachten Höhe. Relevante Umstände für die Höhe sind Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, Anlass und Beweggrund des Schädigers, der Grad des Verschuldens und die Intensität der Persönlichkeitsrechtsverletzung (vgl. Wenzel aaO 14. Kap. Rn 143 mit weiteren Nachweisen; Soehring aaO Rn 32.34). Im vorliegenden Fall ergibt sich bei Zugrundelegung dieser Kriterien, dass eine Geldentschädigung von 25.000,- Euro angemessen ist.

Dabei hat die Kammer zu Gunsten der Beklagten bereits berücksichtigt, dass dem Präventivgedanken hier durch das bestehende Pauschalverbot weniger Gewicht zukommt, als dies ohne ein solches Verbot der Fall wäre (wobei der Präventivgedanke allerdings nicht gänzlich zurücktritt, vgl. dazu oben unter 4)). Auch hat die Kammer dabei berücksichtigt, dass die Klägerin nicht dergestalt abgebildet wurde, dass ihre Gesichtszüge auf dem Foto erkennbar wären.

Auf der anderen Seite war zu berücksichtigen, dass hier nicht lediglich Bilder der Klägerin abgebildet wurden (einfache Verletzung des Rechts am eigenen Bild), sondern darüber hinausgehend Bilder in besonders geschützten Eltern-Kind-Situationen und in zwei Fällen darüber hinausgehend Urlaubssituationen, die ihrerseits unter besonderem rechtlichen Schutz stehen. Es geht mithin um Verstöße, die über das bloße Bildnisrecht hinausgehend Schutzbereiche betreffen, die der ungestörten Entwicklung von Kindern – hier der Klägerin – dienen, was die Verletzung besonders schwer wiegen lässt.

6) Zinsanspruch

Die Zinsforderung ist gem. § 291 S. 1 BGB seit dem 7. 1. 2008 begründet (Rechtshängigkeitszinsen). Die Zinshöhe ergibt sich aus §§ 291 S. 2, 288 Abs. 1 S. 2 BGB.

II.)

Die prozessualen Nebenentscheidungen und der Streitwertbeschluss beruhen auf §§ 3, 91 Abs. 1, 709 S. 1, 2 ZPO.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 25.000,- festgesetzt.

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